Die juristische Presseschau vom 27. Juli 2017: EuGH zu Grenz­öff­nung / Flug­gast­da­ten­richt­linie / Sala­fis­ten­p­re­diger in Haft

27.07.2017

Recht in der Welt 

Polen – Justizreform: Wegen der umstrittenen Justizreform hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet und mit der Einleitung eines Verfahrens zum Entzug des Stimmrechtes gedroht, sobald die Regierung tatsächlich Richter in den Ruhestand zwinge. Dies berichten spiegel.de und SZ. Ein entsprechendes Verfahren nach Artikel 7 des Vertrages über die Europäische Union droht zwar an einem Veto Ungarns zu scheitern. Diese Veto-Möglichkeit könnte jedoch umgangen werden, wenn gegen Polen und Ungarn gemeinsam ein Verfahren eingeleitet werde, da die beiden Staaten so von der Abstimmung über Sanktionen ausgeschlossen würden.

Rechtsprofessor Marcin Matczak befasst sich in einem englischsprachigen Beitrag auf verfassungblog.de mit den Auswirkungen des Vetos, das der polnische Staatspräsident Andrzej Duda gegen zwei der drei von der regierenden PiS-Partei auf den Weg gebrachten Gesetzen zur Reform der Justiz eingelegt hat. Überstimmt werden kann das Veto nur von 60 Prozent der Mitglieder des Parlamentes bei einer Anwesenheit von mindestens 50 Prozent. Auf juwiss.de befasst sich der wissenschaftliche Mitarbeiter David Dworzynski mit den einzelnen Gesetzen der Justizreform und erklärt die verfassungsrechtliche Stellung des polnischen Präsidenten. 

Spanien – Rajoy im Zeugenstand: Im größten Korruptionsverfahren in der Geschichte Spaniens wurde am Mittwoch der amtierende Ministerpräsident Mariano Rajoy in den Zeugenstand gerufen. Dies berichten spiegel.de (Steffen Lüdke), taz (Rainer Wandler) und SZ (Thomas Urban). Gegenstand des Verfahrens sind erhebliche Zahlungen von Unternehmen an seine Partei, die konservative Partido Popular (PP), mit welchen sich diese lukrative Aufträge erkauft haben sollen. Rajoy bestritt im Zeugenstand, von den Zahlungen gewusst zu haben. 

Spanien – Stierkampf: Die spanische Zentralregierung hat angekündigt, vor dem Verfassungsgericht gegen ein Tierschutzgesetz der Regionalregierung der Balearen zu klagen. Dies meldet die FAZ (Hans-Christian Rößler). Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Stiere in Kämpfen auf den Balearen künftig weder getötet noch verletzt werden dürfen. Fraglich ist, ob die Regionalregierung mit diesem Gesetz ihre Kompetenzen überschritten hat. Auf Betreiben der konservativen Regierungspartei Partido Popular (PP) war der klassische Stierkampf in zwei Gesetzen 2013 und 2015 zum "immateriellen Kulturgut" ernannt worden. 

EGMR zu Sexualität von Frauen: Über eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur Sexualität dem Jugendalter entwachsener Frauen berichten nun auch lto.de und taz (Simone Schmollack). In der Sache ging es um den Schmerzensgeldanspruch einer Frau, die nach einer fehlerhaften gynäkologischen Operation Schmerzen beim Geschlechtsverkehr empfand. Eine Berufungsinstanz in Portugal hatte ihre Entschädigung gekürzt, da sie mit über 50 Jahren in einem Alter sei, in dem Sexualität eine geringere Bedeutung habe. In vergleichbaren Fällen männlicher Kläger hatte die portugiesische Justiz eine derartige Einschränkung hingegen nicht vorgenommen.

Sonstiges

BVerfG – 10 Jahre "Esra": Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der "Esra"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zieht das Verfassungsblog Bilanz. Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier erläutert die grundlegende Abwägungsformel der Entscheidung zum Verhältnis von Kunst und Persönlichkeitsrecht: Je schwerer die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch ein Kunstwerk sei, desto stärker müsse die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsverletzung auszuschließen. Insbesondere bei der Darstellung von Sexualität führe dies meist zu einem Überwiegen des Persönlichkeitsrechts. Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Sandra Westphal nennt diese Je-desto-Formel  zwar einen kunstinadäquaten Maßstab, konstatiert jedoch ebenfalls, dass die nach der Entscheidung befürchtete Klagewelle gegen Autoren ausgeblieben sei.  

Das Letzte zum Schluss

Vereinigtes Königreich – Heikle Unternehmensgründung: Ein fünfjähriges Mädchen in London, das sein Taschengeld mit einem Limonadenstand aufbessern wollte, hat die Rechnung ohne die britischen Ordnungsbehörden gemacht, wie justillon.de meldet.  Gleich vier Beamte tauchten am Stand der Fünfjährigen auf und klärten sie darüber auf, dass sie nicht im Besitz der notwendigen Verkaufsgenehmigung sei. Den Eltern wurde ein Bußgeld in Höhe von 150 Pfund abverlangt. Nachdem der Vorfall den Weg in die britische Presse gefunden hatte, entschuldigte sich die zuständige Behörde für ihr fehlendes Augenmaß und nahm den Bußgeldbescheid zurück. 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.  

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mps 

(Hinweis für Journalisten)   

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Juli 2017: EuGH zu Grenzöffnung / Fluggastdatenrichtlinie / Salafistenprediger in Haft . In: Legal Tribune Online, 27.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23651/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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