Die juristische Presseschau vom 8. Juni 2017: BVerfG kippt Atom­steuer / Öst­er­reich plant Klage wegen Maut / May zu Men­schen­rechten

08.06.2017

Das Bundesverfassungsgericht hebt die Kernbrennstoffsteuer auf. Außerdem in der Presseschau: Österreich will Deutschland vor den EuGH bringen und die britische Premierministerin May kündigt an, Menschenrechte außer Kraft zu setzen.

Thema des Tages

BVerfG zu Kernbrennstoffsteuer: Das Bundesverfassungsgericht hat die 2011 eingeführte Steuer auf Kernbrennelemente für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben. Es berichten SZ (Markus Balser/Wolfgang Janisch), taz (Christian Rath), FAZ (Manfred Schäfers) und lto.de (Maximilian Amos). Dem Bund fehle es an der erforderlichen Kompetenz für die Erhebung. Er habe kein "freies Steuererfindungsrecht". Die Kernbrennstoffsteuer sei insbesondere keine Verbrauchssteuer nach Artikel 106 Grundgesetz, da eine solche typischerweise auf den Endverbraucher umgelegt werde. Dies sei aber bei der Kernbrennstoffsteuer ausweislich der Gesetzesbegründung nicht geplant gewesen. Die rund 6,3 Milliarden Euro, die bis 2016 an den Bund geflossen waren, muss dieser nun an die betreffenden Unternehmen zurückzahlen.

Wolfgang Janisch (SZ) kritisiert, dass Steuergesetzgebung Freiraum benötige und Karlsruhe dem Gesetzgeber mit seiner Entscheidung "in die Parade" fahre. Rechtsprofessor Rainer Wernsmann begrüßt demgegenüber auf verfassungsblog.de die vom Verfassungsgericht betonte Formenbindung der Finanzverfassung. Reinhard Müller (FAZ) sieht in der Entscheidung im Leitartikel ein wichtiges Zeichen für die föderale Kompetenzordnung, die durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in Gefahr geraten sei.

Rechtspolitik

NetzDG: In der Zeit verteidigt Rechtsanwalt Chan-jo Jun das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gegen Kritik. Soziale Netzwerke dürften kein rechtsfreier Raum werden, in dem falsche Tatsachenbehauptungen, Hetze und Gewaltdarstellungen kursierten. Einer vorschnellen Löschung nicht strafbarer Inhalte könne durch Errichtung einer neutralen Clearingstelle und gerichtliche Überprüfung begegnet werden.

Musterfeststellungsklagen: Rechtsanwalt Robert Peres beklagt auf lto.de das Scheitern der Einführung einer Musterfeststellungsklage. Zwar stünden Musterklagen hinter echten Sammelklagen zurück, da sie den Verbrauchern keinen Titel verschafften, sondern lediglich die Möglichkeit, auf Grundlage eines festgestellten Tatbestandes ohne Hemmnis durch Verjährung eine eigene Klage anzustrengen. Dennoch hätte die Einführung von Musterfeststellungsklagen ein wichtiger Schritt zu mehr Waffengleichheit zwischen Verbrauchern und Großkonzernen sein können.

Pauschalreiserecht: Rechtsprofessor Ernst Führich erklärt auf lto.de die Änderungen in §§ 651a bis y Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie 2015/2302. Der Begriff des Reiseveranstalters werde erweitert und setze künftig nur das Zusammenstellen zweier touristischer Leistungen zu einem Paket zum Zweck einer Reise voraus. Dies stelle eine bedeutende Verschärfung der Haftungsrisiken von klassischen Reisebüros dar.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Juni 2017: BVerfG kippt Atomsteuer / Österreich plant Klage wegen Maut / May zu Menschenrechten . In: Legal Tribune Online, 08.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23131/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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