Die juristische Presseschau vom 11. Mai 2017: EuGH zu Dritt­staaten-Eltern / Par­la­ments­rechte vor dem BVerfG / Lam­mert tadelt Karls­ruhe

11.05.2017

Justiz

BVerfG – Parlamentsrechte: Das Bundesverfassungsgericht hat den zweiten Tag über eine Klage der Grünen-Fraktion zu parlamentarischen Anfragen verhandelt. Dabei bekundeten die Richter des Bundesverfassungsgerichts Zweifel, ob die Bundesregierung das Parlament hinsichtlich Maßnahmen der Bankenaufsicht in der Finanzkrise und zu Investitionen der Bahn AG hinreichend informiert habe. Die Bundesregierung hatte die Preisgabe von Informationen zum operativen Geschäft der Bahn verweigert. Es berichten der Tsp (Jost Müller-Neuhof) und sueddeutsche.de (Wolfgang Janisch).

Jost Müller-Neuhof (Tsp) betont in einem Kommentar die Bedeutung parlamentarischer Anfragen für ein wirksames und informiertes Oppositionshandeln. Christian Rath (taz.de) merkt an, dass die Bahn trotz ihrer privatrechtlichen Rechtsform unter politischem Einfluss stehe und deshalb von der Opposition kontrolliert werden müsse.

AG Bad Säckingen – Todesfahrt: Das Amtsgericht Bad Säckingen hat einen 85-jährigen Mann zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen verurteilt. Dies melden die SZ (Moritz Geier), die BerlZ und faz.net (Rüdiger Soldt). Der Mann war im Mai 2016 mit seinem Pkw in ein Café gefahren, nachdem er wohl Brems- und Gaspedal verwechselt hatte. Der Mann hatte die Tat in der Hauptverhandlung gestanden und bei den Hinterbliebenen um Entschuldigung gebeten. Der Fall löste eine Debatte über die Fahrtauglichkeit von Senioren aus.

LG Essen – Arcandor-Prozess: Vor dem Landgericht Essen hat der Prozess gegen frühere Unternehmensverantwortliche von Arcandor, darunter Ex-Vorstandschef Thomas Middelhoff, begonnen. Dies berichtet das Hbl (Volker Votsmeier). Den Angeklagten wird vorgeworfen, sich wegen der Zahlung ungerechtfertigter Boni der Untreue strafbar gemacht zu haben. Der Fall wird wegen des vergleichbaren Sachverhalts auch als "Mannesmann II" bezeichnet.

VerfGH BW – Professorenmehrheit: Die Zeit (Jan-Martin Wiarda) beleuchtet ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes Baden-Württemberg aus dem November letzten Jahres zur sogenannten Professorenmehrheit. Das Gericht habe befunden, dass auf universitärer Ebene dafür Sorge getragen werden müsse, dass in den entscheidenden Fragen wie etwa der Wahl der Hochschulleitung oder der Ausgestaltung der Forschungsstrategie die Professorenschaft das letzte Wort habe. Dies resultiere aus der grundgesetzlich garantierten Wissenschaftsfreiheit, die in besonderem Maße die Professoren berechtige. Nötig sei daher eine entsprechende Änderung des baden-württembergischen Hochschulgesetzes.

GStA Berlin – Toll Collect: Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat Ermittlungen gegen Verantwortliche der Toll Collect GmbH aufgenommen, welche die Erhebung der Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen vornimmt. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, durch eine bewusst überhöhte Kostenkalkulation den Bund um drei Millionen Euro geschädigt zu haben. Es berichten sueddeutsche.de (Martin Balser), faz.net und lto.de.

StA Bielefeld – OneCoin: Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat Ermittlungen gegen die Anbieter der Internetwährung OneCoin aufgenommen. Diese sollen Kunden mit falschen Darstellungen und übertriebenen Gewinnaussichten zum Kauf der Währung verleitet haben. Im Raum steht eine Schadenshöhe von mehreren hundert Millionen Euro. Es berichten das Hbl (Matthias Streit) und lto.de.

EuG zu Anti-TTIP-Initiative: Das Gericht der Europäischen Union hat die Nichtregistrierung einer Europäischen Bürgerinitiative für rechtswidrig erklärt, die sich gegen das Freihandelsabkommen TTIP einsetzt. Dies melden die taz und focus.de. Die EU-Kommission hatte die Registrierung der Initiative 2014 als unzulässige Einmischung in das Gesetzgebungsverfahren abgelehnt. Das Gericht hielt dem entgegen, die Initiative habe vielmehr eine legitime demokratische Debatte ausgelöst.

LG Berlin – IS-Unterstützer: Das Landgericht Berlin hat einen 31-Jährigen, der 400 Euro an ein Mitglied des sogenannten Islamischen Staates (IS) überwiesen hatte, wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dies meldet die BerlZ. Das Geld sollte für ein Nachtsichtgerät und ein Zielfernrohr verwendet werden.

Lammert warnt BVerfG: In einem Gastbeitrag für die FAZ ruft Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages, das Bundesverfassungsgericht zur Zurückhaltung auf. Dieses habe an verschiedenen Stellen – etwa bei seinen detaillierten Vorgaben zu einer Neugestaltung des Wahlrechtes zum Ausgleich von Überhangmandaten – seine Rolle als Hüter der Verfassung überschritten und in den Spielraum des Gesetzgebers eingegriffen. Es sei nicht verwunderlich, wenn sich das Parlament hiergegen durch Verfassungsänderungen zur Wehr setze.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Mai 2017: EuGH zu Drittstaaten-Eltern / Parlamentsrechte vor dem BVerfG / Lammert tadelt Karlsruhe . In: Legal Tribune Online, 11.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22882/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen