Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. April 2017: Reform der Par­tei­fi­nan­zie­rung / Kritik am NetzDG / NS-Ver­fahren vor LG Neu­bran­den­burg

10.04.2017

Justiz

Landgericht Neubrandenburg – SS-Sanitäter: Am Landgericht Neubrandenburg findet eines der letzten NS-Verfahren, gegen den ehemaligen SS-Sanitäter Zafke, statt. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger beklagen, der Vorsitzende Richter Kabisch zeige mangelnden Aufklärungswillen. Das Verfahren musste erneut begonnen werden, da er einen Befangenheitsantrag nicht beschied und nun seit Monaten eine Entscheidung über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten verweigert. Die Samstags-taz (Klaus Hillenbrand) stellt eine Petition vor, die KZ-Überlebende und renommierte Historiker deshalb gestartet haben. Der Nebenklage-Vertreter Thomas Walther habe den Richter nun wegen Rechtsbeugung angezeigt, weil er seine Mandanten und Auschwitz-Überlebenden erneut als Nebenkläger abgelehnt hat, berichtet die WamS (Per Hinrichs).

OVG Berlin-Brandenburg – Zweckentfremdungsverbot: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Berliner Zweckentfremdungsgesetzes vorgelegt. Danach darf Wohnraum nur noch mit Genehmigung des Bezirksamtes für andere Zwecke genutzt werden. Konkret geht es nun um die Frage, ob die teilweise Rückwirkung des Gesetzes rechtens ist, da auch Wohnungen betroffen sind, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes als Ferienwohnungen vermietet wurden. Die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) und zeit.de stellen die Entscheidung kurz dar.

BGH zu Pay-By-Call: Rechtsanwalt Felix Hilgert bespricht auf lto.de ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur Nutzung von kostenpflichtigen Mehrwertdienstnummern beim sogenannten Pay-by-call-Verfahren. Dabei hat das Gericht die Zurechnungsnorm aus dem Telekommunikationsgesetz unbeachtet gelassen, wonach der Anschlussinhaber für alle über seinen Anschluss in Anspruch genommenen Leistungen haftet, soweit er nicht nachweist, dass ihm die Nutzung nicht zuzurechnen ist. Die Wahl solcher Nummern sei kein Telekommunikations-, sondern ein Zahlungsdienst, für den verbraucherfreundliche Regeln gälten.

ArbG Köln zu Imamen: Die Klage zweier Imame gegen den türkischen Moscheenverband Ditib ist vor dem Arbeitsgericht Köln gescheitert. Sie sind in der Folge des Putschversuchs durch den türkischen Staat entlassen worden, behaupteten jedoch, dass Ditib der Arbeitgeber sei und das Arbeitsverhältnis weiterbestehe. Wie taz.de (Christian Rath) berichtet, konnten sie vor Gericht jedoch nicht belegen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Verband zustande gekommen war.

LG Tübingen zu Mord mit Dönermesser: Ein 22-jähriger Mann ist vom Landgericht Tübingen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, die die Samstags-FAZ (Rüdiger Soldt) berichtet. Der Mann hatte seine Lebensgefährtin mit einem Messer in einem Dönerlokal getötet und auf der Flucht mehrere Menschen verletzt.

Strafverfolgung von Polizeibeamten: In einem ausführlichen Blogbeitrag beschäftigt sich blog.delegibus.com (Oliver García) mit Problemen in der Strafverfolgung polizeilichen Fehlverhaltens. Geschildert werden zahlreiche Fälle, in denen bei Polizeigewalt nicht oder unzureichend ermittelt wurde und die Gerichte anschließend milde urteilten. Daneben wird die Praxis dargestellt, bei Anzeigen von Betroffenen mit Gegenanzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu reagieren.

GBA – "Komitee": Der Spiegel (Maik Baumgärtner) bringt einen Bericht zu den Ermittlungen gegen drei Verdächtige, die dem linksextremistischen "Komitee" zugerechnet werden und sich in Venezuela aufhalten. Der Organisation werden ein Brandanschlag auf ein Gebäude sowie ein versuchter Anschlag auf ein Gefängnis zugerechnet. Die Beamten würden die Gruppe seit zwanzig Jahren mit unverhältnismäßigem Aufwand an Mitteln und Personal verfolgen, während der NSU in derselben Zeit unbehelligt morden konnte.

StA München I – Masri: Wie der Spiegel (Martin Knobbe, spiegel.de-Fassung) meldet, hat die Staatsanwaltschaft München I die Ermittlungen gegen mehrere CIA-Agenten eingestellt, die für die Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled el-Masri nach Afghanistan verantwortlich sein sollen. Es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, wurde dem Anwalt Masris mitgeteilt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. April 2017: Reform der Parteifinanzierung / Kritik am NetzDG / NS-Verfahren vor LG Neubrandenburg . In: Legal Tribune Online, 10.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22619/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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