Die juristische Presseschau vom 7. April 2017: Kir­chen­steuer für Kon­fes­si­ons­lose / Buback-Geden­ken / Min­der­hei­ten­schutz im US-Senat

07.04.2017

Die Europäische Menschenrechtskonvention greift nur bedingt in Kirchensteuer-Fragen. Außerdem in der Presseschau: Betrachtungen zum islamistischen und zum RAF-Terror, Minderheitenrechte im US-Senat wurden geändert.

Thema des Tages

EGMR zu Kirchensteuer: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist keine Verletzung der Religionsfreiheit gegeben, wenn Konfessionslose in Ausnahmefällen Kirchensteuer zahlen müssen. Beschwert hatte sich ein Mann aus Heidelberg, der selbst keiner Kirche angehört. Aufgrund gemeinsamer Veranlagung mit seiner Ehefrau, die Mitglied einer evangelischen Kirche ist, musste er jedoch deren Kirchensteuer mittragen. Der Gerichtshof sah darin kein Problem, weil es die eigene, jederzeit rückgängig machbare Entscheidung des Ehepaares gewesen sei, eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben. 
Wie die taz (Christian Rath) berichtet, hat der Gerichtshof vier weitere Beschwerden mit Kirchenfinanzbezug mit der Begründung für unzulässig erklärt, dass die Erhebung von Kirchensteuern eine autonome Entscheidung der Kirchen sei, die dem Staat nicht zugerechnet werden könne und die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention nur gegenüber diesem Geltung beanspruchten. Über die Entscheidung schreibt auch die FAZ (Hendrik Wieduwilt).

Rechtspolitik

NetzDG: Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gefährdet nach Auffassung des Politikwissenschaftlers Lennart Mühlenmeier, publiziert auf netzpolitik.org, elementare Funktionsweisen des Rechtsstaats, ohne dabei eigentliche Probleme wie "Hate Speech" und "Fake News" zu bekämpfen. Auf zpoblog.de (Benedikt Windau) wird dafür plädiert, statt neue bürokratische Verfahren zu schaffen, die bestehenden Instrumente der Zivilprozessordnung zum einstweiligen Rechtsschutz weiterzuentwickeln.

"Deutscher Herbst": Anlässlich des 40. Jahrestags des RAF-Anschlags auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback am heutigen Freitag erinnert Jost Müller-Neuhof (Tsp) daran, dass die Attentate und Täter von heute anderen Typs seien. Der aktuelle Typus des islamistischen "Gefährders" brauche vor allem eines: Aufmerksamkeit. Man müsse ihn kontrollieren und ihm klar machen, dass er kontrolliert werde, notfalls auch durch strikt begrenzte Haft, wenn Terrorabsichten mit Tatsachen belegbar seien. Hier fänden sich noch Räume, die der Gesetzgeber füllen könne. Nach Meinung von Reinhard Müller (FAZ) kommt, anders als bei RAF-Terroristen, ein Dialog mit islamistischen Terroristen kaum in Betracht. Der Staat müsse heute wieder unmissverständlich klar machen, dass jedes Verbrechen konsequent verfolgt werde und Mord niemals verjähre. Auch Heribert Prantl (SZ) weist darauf hin, dass viele der Taten des "Deutschen Herbstes" bis heute nicht aufgeklärt wurden. Nach Schilderung der SZ (Wolfgang Janisch) zeigte sich unter den beim Richter- und Staatsanwaltstag in Weimar anwesenden Juristen deutlich die Sorge um den Zustand des Rechtsstaates, unter anderem weil nach jedem Anschlag nach schärferen Sicherheitsgesetzen gerufen werde.

Familiennachzug: Katharina Schuler (zeit.de) schreibt von einer familienpolitischen Doppelmoral, die sich daraus ergebe, dass sich die CDU einerseits für die Förderung von Familien ausspreche, beim Familiennachzug von Flüchtlingen jedoch hart bleibe. So hätten Innenpolitiker von CDU und CSU gefordert, dass die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte verlängert werde. Dies sei verfassungsrechtlich höchst bedenklich.

Aktionärsrechte-Richtlinie: Nach Meldung des Rechtsprofessors Ulrich Noack auf blog.handelsblatt.com ist die neue Aktionärsrechte-Richtlinie verabschiedet worden. Zur Umsetzung hätten die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit. Ein Schwerpunkt sei die Deanonymisierung des Aktionariats.


Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. April 2017: Kirchensteuer für Konfessionslose / Buback-Gedenken / Minderheitenschutz im US-Senat . In: Legal Tribune Online, 07.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22589/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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