Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. März 2017: Sch­le­cker als Geschä­d­igter? / Ermitt­lungen gegen Claudia D. / Right to Repair

20.03.2017

Recht in der Welt

Polen – Verfassungsgericht: Auf verfassungsblog.de befasst sich die Rechtsprofessorin Agnieszka Grzelak (in englischer Sprache) mit der aktuellen Debatte um die verfassungsrechtliche Kontrolle in Polen. Eines der wichtigsten Themen sei dabei, dass alle Richter in der Lage sein müssten, die Verfassung direkt Anwendung finden zu lassen. Zwar sehe die polnische Verfassung dies vor, in der Praxis würden sich die Gerichte dennoch in Verfassungsrechtsfragen an das Verfassungsgericht wenden.

USA – Völkermord an Herero und Nama: In dem Rechtsstreit von Herero und Nama gegen Deutschland wegen Entschädigungszahlungen für die zwischen 1904 und 1908 begangenen Verbrechen deutscher Truppen im heutigen Namibia, hat das New Yorker Gericht einen ersten Anhörungstermin festgelegt. Damit sei ein erster Erfolg der Kläger erzielt, so spiegel.de (Max Holscher). Deutschland hatte die Geschehnisse zwar als Völkermord anerkannt, verweigerte aber bisher Entschädigungszahlungen.

USA – Leo Frank: Im Sonntags-Feuilleton auf lto.de (Martin Rath) wird die Dissertation des Historikers Kristoff Kerl mit dem Titel "Männlichkeit und moderner Antisemitismus. Eine Genealogie des Leo-Frank-Case" vorgestellt. Frank, der im Jahr 1913 Leiter einer Bleistiftfabrik war, wurde wegen Mordes angeklagt und verurteilt. Die Doktorarbeit stelle das Strafverfahren gegen Frank dar und kläre über die "Rassen- und Geschlechtervorstellungen" der damaligen Justiz und Gesellschaft auf.

Türkei – Menschenrechte: Auf die unveräußerlichen Freiheiten, die sich Europa erkämpft habe und mit denen der türkische Regierungschef Erdoğan "ersichtlich nichts anfangen" könne, weist Reinhard Müller (Montags-FAZ) hin. Die Türkei habe sich der Jurisdiktion der Europäischen Menschenrechtskonvention unterworfen. Aber auch eine Abkehr von Europa ändere nichts daran, dass Deutschland sich einmischen müsste, "weil die fundamentalen Rechte eines jeden Einzelnen unveräußerlich sind".

Sonstiges

"Right to Repair": Zur Zeit sei in den USA eine Debatte um ein Recht auf Reparatur entflammt, das Hersteller von Smartphones dazu verpflichten soll, Ersatzteile, Montageanleitungen und Diagnosetools an Privatleute und unabhängige Händler zu liefern. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Jülicher stellt auf lto.de die Hintergründe der Diskussion um das "Right to Repair" dar und erklärt, warum auf Grund der aktuellen Rechtslage in Deutschland mit der Einführung eines entsprechenden Instituts nicht zu rechnen sei.

Inkasso: Kommt es bei Online-Einkäufen zu Fehlern in der Abbuchung, können Inkassoschreiben die Folge sein, ohne dass zuvor gemahnt wurde. Die FAS (Dyrk Scherff) befasst sich mit dieser umstrittenen Praxis und erläutert die Rechtslage.

Wahlkampf im Ausland: Nachdem mehreren türkischen Ministern in EU-Ländern die Wahlkampfauftritte untersagt wurden, fragt die Montags-taz (Christian Rath) nach Wahlkampfauftritten deutscher Regierungspolitiker im Ausland. Gesetzlich sei dies nicht geregelt. Das Bundesverfassungsgericht trenne aber strikt zwischen Regierungsamt und Parteifunktion, weshalb bei Wahlkampfauftritten keine Ressourcen des Amtes verwendet werden dürften. Der Artikel verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Anfang März, in dem es feststellte, dass türkische Minister als Vertreter des türkischen Staates einreisten und nicht als Privatpersonen. Nach Einschätzung des Berichts hat das Bundesverfassungsgericht diese Einstufung vorgenommen, weil die türkischen Minister wie Staatsvertreter und nicht wie Parteipolitiker auftraten.

Städtisches Vorkaufsrecht: Um potentielle Käufer von der Sanierung von Wohnhäusern abzuhalten, drohe der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit dem städtischen Vorkaufsrecht. Die Käufer könnten dem zuvorkommen, indem sie eine Abwendungsvereinbarung unterzeichneten. Rechtsanwalt Uwe Bottermann, der in dem Bericht der WamS (Michael Fabricius) zitiert wird, erklärt, diese Abwendungsvereinbarungen untersagten Umbaumaßnahmen durch Käufer, die vom Milieuschutz nicht mehr gedeckt seien. 

Parteienherrschaft statt Volkssouveränität: Im Ressort das "Politische Buch" rezensiert die Montags-SZ (Christian Nürnberger) das neu erschienene Buch des Rechtswissenschaftlers Hans Herbert von Armin mit dem Titel "Hebel der Macht", in dem dieser Kritik an der "Parteienherrschaft" übt. Das Grundgesetz spreche nur von der "politischen Willensbildung", an der die Parteien mitwirken sollen, nicht von "Parteiherrschaft". Neu an seinem Buch sei, dass von Arnim eine "Fundamentalkritik an unserem gesamten politischen System" übe, dabei aber zentrale Aspekte, insbesondere andere Gefahren für die Demokratie, übersehe.

Rainer Wendt: DPolG-Chef Rainer Wendt bezog jahrelang neben seiner Tätigkeit in Berlin einen Beamten-Sold vom Land Nordrhein-Westfalen für eine Teilzeitstelle bei der Polizei. Über die Hintergründe der Causa Wendt, insbesondere über die Praxis der Freistellung von Personalratsmitgliedern von ihren Dienststellen in NRW, berichtet die Montags-FAZ (Reiner Burger).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/lz

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. März 2017: Schlecker als Geschädigter? / Ermittlungen gegen Claudia D. / Right to Repair . In: Legal Tribune Online, 20.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22417/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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