Die CIA soll Cyberspionage von Frankfurt aus betreiben. Außerdem in der Presseschau: Interview mit Ferdinand Kirchhof, Düsseldorfer Terrorzelle wird angeklagt und ein Disziplinarverfahren gegen Rainer Wendt angekündigt.
Thema des Tages
CIA – Frankfurt am Main: Hacker-Angriffe des US-Geheimdienstes CIA sollen zu einem Großteil vom Gelände des amerikanischen Konsulats in Frankfurt am Main ausgegangen sein. Dies ergibt sich aus Dokumenten, die auf der Enthüllungs-Plattform Wikileaks veröffentlicht worden sind. Demnach nutzen CIA-Hacker Schwachstellen von Softwares aus und können so in Betriebssysteme eindringen sowie Haushaltsgeräte in Abhörwanzen umfunktionieren, schildern ausführlich die SZ (Helmut Martin-Jung/Hakan Tanriverdi) und die taz (Lalon Sander/Christian Rath), die FAZ (Julian Freitag/Stefan Tomik) und spiegel.de (Andreas Albert/Markus Böhm/Angela Gruber). Wie die FAZ (Johannes Leithäuser/Andreas Ross) in einem separaten Beitrag berichtet, will die Bundesanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens prüfen, wenn Anhaltspunkte für konkrete strafbare Handlungen vorliegen.
Christian Rath (taz.de) kommentiert, dass strafrechtlich relevante Handlungen vorliegen, wenn deutsche Regierungsstellen ausgespäht worden sein sollten, nicht dagegen, wenn die Spionage ausländische Ziele traf.
Im Interview mit der taz (Lalon Sander) kritisiert netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl, dass die Geheimdienste Software unsicher hielten und damit selbst Teil eines "Systems der Unsicherheit" seien.
Rechtspolitik
Wechselmodell: Die SPD will eine gesetzliche Grundlage für die gerichtliche Anordnung des Wechselmodells auch gegen den Willen eines Elternteils schaffen. Bereits vergangene Woche hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Familiengerichte die paritätische Betreuung der Kinder anordnen können, wenn das Verhältnis nicht erheblich konfliktbelastet sei. Sowohl Manuela Schwesig (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, als auch Grüne und CDU reagierten zurückhaltend auf den Vorstoß, berichtet die SZ (Constanze von Bullion).
Constanze von Bullion (SZ) kommentiert, verordnen helfe im Streitfall nicht, doch solle die Politik "Eltern Brücken zu neuen Betreuungsmodellen bauen".
Frauenquote: Die Bundesregierung zeigt sich zufrieden mit den Ergebnissen der Zwischenbilanz über die Frauenquote in Führungspositionen, berichtet die FAZ (Dietrich Creutzburg) und stellt die Zahlen vor. Bundesministerin Manuela Schwesig (SPD) habe zudem eine Gesetzesverschärfung angekündigt für den Fall, dass Unternehmen die Frauenförderung nicht ernst nehmen, meldet die SZ.
Elektronische Fußfessel: Die SZ (Ronen Steinke) führt ein Interview mit Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) zur geplanten Einführung von Überwachungs-Fußfesseln als Mittel der Terrorbekämpfung. Der Senator befürchtet Fehlalarme in einer so dicht bebauten Stadt wie Berlin und befürwortet stattdessen die verdeckte Observierung von "Gefährdern" sowie eine Verschärfung des Waffenrechts.
Endlager-Gesetz: SPD, Union und Grüne haben einen Gesetzentwurf über die Endlager-Standortauswahl in den Bundestag eingebracht, berichtet unter anderem die SZ (Michael Bauchmüller). Die Standortwahl soll durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung und das neu geschaffene Bundesamt für kerntechnische Entsorgung vorbereitet und im Jahre 2031 getroffen werden.
Istanbul-Konvention: Wie die taz (Simone Schmollack) darstellt, hat das Bundeskabinett die Istanbul-Konvention verabschiedet. Das Übereinkommen des Europarats gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt ist zwar von Deutschland unterzeichnet, jedoch bisher nicht ratifiziert worden. Mit der Umsetzung der "Nein heißt nein"-Forderung im Sexualstrafrecht sei die Grundlage zur Ratifizierung geschaffen worden.
Bundeswehr im Inneren: Nun stellt auch die taz (Tobias Schulze) die derzeit stattfindenden gemeinsamen Anti-Terror-Übungen von Polizei und Bundeswehr dar und erläutert die verfassungsrechtliche Grundlage eines möglichen Einsatzes der Bundeswehr im Inneren.
Justiz
Ferdinand Kirchhof: Die FAZ (Reinhard Müller) führt ein Gespräch mit dem Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof. Themen sind unter anderem der Wahlkampfauftritt Erdoğans in Deutschland, die geplante Einführung eines Verhaltenskodexes für Verfassungsrichter sowie die zunehmende Zentralisierung von Kompetenzen beim Bund.
OLG Düsseldorf – Terrorzelle: Die Bundesanwaltschaft hat gegen drei Syrer Anklage wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung von Anschlägen erhoben. Sie sollen zu einer IS-Terrorzelle gehört und mehrere Anschläge in Düsseldorf geplant haben. Einer der Angeklagten hat sich im Februar 2016 der Polizei gestellt und von den Plänen berichtet. spiegel.de (Jörg Diehl/Fidelius Schmid) stellt die Anklageschrift vor.
OLG Braunschweig – Musterklage gegen VW: Das Oberlandesgericht Braunschweig hat die Sparkassen-Tochter Deka Investments zur Musterklägerin im Musterverfahren der Kapitalanleger gegen Volkswagen bestimmt. Dem Konzern wird ein Verstoß gegen Informationspflichten vorgeworfen, es stehen Schadensersatzforderungen von insgesamt 8,8 Milliarden Euro im Raum, erklärt die SZ (Stefan Mayr). Beobachter rechnen mit einem Urteil in etwa fünf Jahren.
StA Bayreuth – NSU/Peggy: Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat erklärt, dass es sich bei dem Stofffetzen mit Uwe Böhnhardts DNA, der am Fundort von Peggys Leichnam festgestellt worden war, um eine Tatort-Verunreinigung handelte. Das Stoffstück soll durch ein Gerät der Spurensicherung übertragen worden sein, das sowohl im Wohnmobil eingesetzt worden war, in dem Böhnhardt verbrannte, als auch im Mordfall Peggy K. Die genauen Umstände müssten noch geklärt werden, erklären die FAZ (Karin Truscheit) und taz (Konrad Litschko).
LG Stuttgart – Schlecker: Nun bringt auch die Zeit (Marcus Rohwetter) ein Porträt Anton Schleckers, der gemeinsam mit Familienangehörigen wegen Bankrotts und Beihilfe hierzu vor Gericht steht. Dem ehemaligen Chef des Schlecker-Imperiums sei insbesondere die Führung des Unternehmens als eingetragener Kaufmann zum Verhängnis geworden, weil er auch mit seinem Privatvermögen einstehen musste.
BVerwG zu Suizidhilfe: Der Tsp (Jost Müller-Neuhof) erläutert ausführlich die Vorgeschichte und die Folgen des Bundesverwaltungsgerichtsurteils von vergangener Woche, in dem das Gericht die Herausgabe eines tödlichen Medikaments in extremen Ausnahmesituationen gestattet hat. Nun liegt dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein neuer Antrag zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital vor, es sei völlig offen, wie das Amt entscheidet.
Recht in der Welt
IStGH – Südafrika: Rechtsprofessor James E. Fowkes befasst sich auf verfassungsblog.de in einem englischsprachigen Beitrag mit den Rückzugsbemühungen Südafrikas vom Internationalen Strafgerichtshof. Nachdem ein Gericht in Pretoria entschieden hat, dass das Austrittsgesuch verfassungswidrig war, will die Regierung nun die Abstimmung im Parlament abwarten.
EuGH zu Mehrwertsteuerrichtlinie/E-Books: Der Europäische Gerichtshof hat die unterschiedliche Besteuerung von Printprodukten und digitalen Publikationen für zulässig erklärt, erläutert die Rechtsanwältin Anna-Lisa Kühn auf lto.de. Dabei habe das Gericht dem Unionsgesetzgeber in steuerlichen Maßnahmen einen weiten Ermessensspielraum zugesprochen. Unterschiedliche Besteuerungen seien lediglich auf offensichtliche Fehler zu überprüfen.
Vereinigtes Königreich – Brexit: Wie die SZ (Christian Zaschke) berichtet, hat das britische Oberhaus Ergänzungen zum Brexit-Gesetz gefordert, die ein endgültiges Ausscheiden aus der EU von der Zustimmung des Parlaments abhängig machen sowie die Rechte von in Großbritannien lebenden EU-Bürgern sichern sollen. Es sei jedoch zu erwarten, dass das Unterhaus die Änderungen ablehne.
Sonstiges
Rainer Wendt: Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat gegen den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, ein Disziplinarverfahren eingeleitet, nachdem bekannt geworden war, dass er Nebeneinkünfte in Höhe von ca. 78.000 Euro als Mitglied in mehreren Aufsichtsräten erzielt. Diese habe er dem Land anzeigen müssen. Die SZ (Detlef Esslinger) und spiegel.de (Ansgar Siemens) schildern die Vorwürfe.
Detlef Esslinger (SZ) kommentiert: "Wendt gehört zu denjenigen, die eine Affäre durch den Umgang mit ihr größer machen, als sie zunächst war."
Staatliche Öffentlichkeitsarbeit: Der Wissenschaftliche Mitarbeiter Tobias Mast befasst sich auf juwiss.de mit dem Sprachstil staatlicher Stellen in der Öffentlichkeitsarbeit, der sich von förmlicher Strenge zu saloppem Ton gewandelt habe. Dabei untersucht der Autor die verfassungsrechtlichen Grundlagen staatlichen Informationshandelns und dessen Grenzen.
Das Letzte zum Schluss
Räuber ruft Polizei: In Berlin hat sich ein Räuber so sehr vor seinem Opfer erschreckt, dass er selbst den Notruf wählte, die Polizei herbeirief und sich stellte. Das überfallene Opfer habe das Täter-Trio wohl wutentbrannt verfolgt und so den Wunsch ausgelöst, sich lieber den staatlichen Verfolgungsbehörden als einer möglichen Rache auszuliefern. Dies meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 9. März 2017: Hacker-Tools der CIA / Düsseldorfer Terrorzelle / Disziplinarverfahren gegen Wendt . In: Legal Tribune Online, 09.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22307/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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