Der Kampf um das US-Einreiseverbot geht weiter. Außerdem in der Presseschau: Aus der Anwaltschaft kommt scharfe Kritik an geplanter Musterklage, Würzburger Facebook-Prozess hat begonnen und: Scheitert Fortbildungspflicht für Anwälte?
Thema des Tages
USA – Einreiseverbot: 97 US-amerikanische Unternehmen, darunter auch Apple, Google, Microsoft, Netflix, Facebook und Twitter haben sich mit einer "amicus curiae"-Stellungnahme vor dem Bundesberufungsgericht in San Francisco gegen das Verbot ausgesprochen, das Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern die Einreise in die USA verwehrt. Vor dem Berufungsgericht versucht die Trump-Regierung einen Beschluss, der dieses Verbot aufhob, rückgängig zu machen. Es berichten die FAZ (Roland Lindner), spiegel.de und das Hbl (Johannes Steger u.a.).
Andreas Ross (FAZ) bezeichnet das "Lebenszeichen einer selbstbewussten Justiz als wohltuend". Unabhängige Richter alleine reichten aber nicht aus.
Die SZ (Hubert Wetzel) schreibt über die Justiz in den USA und weist darauf hin, dass die Besetzung von Richter-Posten in den USA eine politische Angelegenheit sei. Kritik seitens der Politik an der Justiz gehöre daher zum "Alltag".
Rechtspolitik
Sammelklagen: Der Rechtsanwalt Volker Vorwerk, der für den Ausschuss Zivilverfahrensrecht des Deutschen Anwaltvereins eine Stellungnahme ausarbeitete, kritisiert den Gesetzentwurf zur Musterfeststellungsklage der Bundesregierung scharf. Die klageberechtigten Kammern könnten von der Befugnis kaum Gebrauch machen, da dies für sie oft finanziell nicht zu leisten sei und die Unternehmen oftmals Mitglieder der berechtigten Einrichtungen seien. Es berichtet das Hbl (Heike Anger).
Kristiana Ludwig (SZ) plädiert für eine möglichst schnelle Einführung der Musterklage. Auch wenn die VW-Fälle dann zum großen Teil verjährt seien, sollte sich die Regierung "auf die Seite der Autofahrer stellen".
Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt: Wie nun auch lto.de meldet, lehnt die Bundesregierung ein Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt ab.
Vorratsdatenspeicherung: Nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags entspricht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in mehrfacher Hinsicht nicht den vom Europäischen Gerichtshof vorgegebenen Anforderungen, die dieser in einem Urteil im vergangenen Dezember zur schwedischen und britischen Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung aufgestellt hatte. Das deutsche Gesetz enthalte unter anderem keine geographische Beschränkung. Außerdem seien die Art der Daten und der Kommunikationsmittel sowie der betroffene Personenkreis nicht hinreichend definiert worden, es fehle zudem an einer Ausnahmeregelung für Berufsgeheimnisträger. Es berichtet nun auch lto.de (Marcel Schneider).
Polizeilicher Datenaustausch: Die SZ (Ronen Steinke) berichtet über die Sammlung polizeilicher Daten im zentralen, vom BKA verwalteten "Polizeilichen Informations- und Analyseverbund" (PIAV), die der Entwurf des neuen BKA-Gesetzes vorsehe. Diese solle – unter Wahrung der grundsätzlichen Datenhoheit der Länder – einen Anreiz für die Länderpolizeien schaffen, am bundesweiten Datenaustausch teilzunehmen und den vielbeklagten "IT-Wildwuchs" zurückzuschneiden. Allerdings würde damit ausdrücklich ein bislang geltendes Grundprinzip des Datenschutzes, die Zweckbindung gespeicherter Daten, aufgehoben.
Abschiebungen nach Afghanistan: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Länder zu einer beschleunigten Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan angehalten. Nun kündigten die Bundesländer Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen und Berlin an, einen Abschiebestopp nach Afghanistan verhängen zu wollen. Allerdings gelte dieser nur begrenzt, "Gefährder" und "Straftäter" sollen weiterhin abgeschoben werden können. Es berichten die FAZ (Reinhard Bingener u.a.) und die taz (Jana Anzlinger).
Die Weigerung der Länder stelle eine gute Nachricht dar, meint Daniel Bax (taz). Allerdings sei auch eine Abschiebung von "Gefährdern" und "Straftätern" in ein Bürgerkriegsland nicht hinnehmbar.
Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte: Das "Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe" droht laut einer Online-Vorabmeldung der NJW (Joachim Jahn) erneut zu scheitern. Mit diesem sollte das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer dazu ermächtigen können, eine generelle Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte zu regeln. Die Koalition aus Union und SPD sah kein Bedürfnis mehr für eine solche Regelung. Dies meldet auch lto.de.
Justiz
EuGH zu Urheberrecht: Der Rechtsanwalt Arno Lampmann bespricht auf lto.de das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum polnischen Urheberrecht, das Urhebern von unerlaubt genutzten Werken das Recht einräumt, das Doppelte oder Dreifache der eigentlich angemessenen Vergütung zu verlangen. Eine solche Regelung sei nicht europarechtswidrig, so der EuGH. Das deutsche Urheberrecht kenne eine ähnliche Rechtsfigur, weshalb laut Lampmann die Entscheidung für Deutschland relevant sei.
BVerfG zu Rückmeldegebühren: Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung zu der zwischen 2001 und 2007 von den Brandenburger Universitäten erhobenen Rückmeldegebühr für nichtig erklärt, meldet die taz. Die Rückmeldegebühr in Höhe von 51 Euro stehe im "groben Missverhältnis" zum tatsächlichen Verwaltungsaufwand von 20 Euro. Es berichtet ausführlicher rbb-online.de.
OLG Nürnberg zu Haustieren: Die Rechtsanwältin Agnes Wendelmuth spricht in einem Interview mit der Welt (Katja Mitic) über das jüngste Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg zur Frage, wem das Haustier nach der Scheidung zu stehe und erklärt die juristischen Hintergründe.
LSG Baden-Württemberg zu Rückzahlung von Witwenrente: Eine 76-jährige Frau muss ihre Witwenrente zurückzahlen, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie im Jahre 2003 in Las Vegas erneut geheiratet und unterließ es, dies der Rentenversicherung mitzuteilen. Vor Gericht argumentierte die Seniorin, sie habe die Heirat für einen "Urlaubsspaß" gehalten, der in Deutschland nicht rechtsgültig sei, berichtet lto.de.
VG Aachen zu Einstellungsverfahren bei Polizei: Das Verwaltungsgericht Aachen hat in einem Eilbeschluss entschieden, dass Bewerberinnen bei der Polizei nicht mindestens 1,63 Meter groß sein müssten, wie lto.de meldet. Es gebe keine plausible Begründung für die vorgegebene Mindestkörpergröße. Der Artikel verweist auch auf vorherige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten zum Auswahlverfahren der Polizei.
LG Würzburg – Fake News auf Facebook: Die SZ (Dunja Ramadan) berichtet zum gestrigen Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Würzburg, in dem der Syrer Anas M. von Facebook die Löschung von Postings mit verleumderischem Inhalt verlangt. In dem Prozess gehe es auch um die generelle Frage nach der Haftung von Facebook in derartigen Fällen. Auch netzpolitik.org (Markus Reuter) berichtet über das Verfahren, weist auf die Gefahr für die Meinungs- und Pressefreiheit im Netz hin und gibt zu Bedenken, dass eine "Mitschuld" derjenigen bestehe, die in fremdenfeindlicher Absicht derartige Falschmeldungen verbreiteten.
Jost Müller-Neuhof (Tsp) begrüßt zwar das Vorgehen von Anas M. und dessen Anwalt Chan-jo Jun gegen Facebook, mittelfristig, so Neuhof, müsse aber der Gesetzgeber im Kampf gegen Falschnachrichten tätig werden.
LG Bochum – Werner Mauss: Im Verfahren gegen den Agenten Werner Mauss, der sich vor dem Landgericht Bochum wegen Steuerhinterziehung verantworten muss, hat dessen Verteidiger beantragt, eine Person "auf Führungsebene eines ausländischen Geheimdienstes" als Zeugen anzuhören. Dieser sei aber nur dann zur Aussage bereit, wenn Öffentlichkeit und Medien während der Anhörung, aber auch bei der eigentlichen Antragstellung vom Verfahren ausgeschlossen würden. Es berichtet die SZ (Ralf Wiegand).
LG Potsdam – Brandanschlag Nauen: Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Nauen sorgten die beiden Verteidiger des angeklagten Maik S. für Aufsehen, indem sie sich gegenseitig mit Strafforderungen für ihren Mandanten überboten. Am kommenden Donnerstag soll das Urteil ergehen, wie die taz-Berlin meldet.
StA Frankfurt – Frankfurter Börse: Die Frankfurter Staatsanwaltschaft prüft, ob die Deutsche Börse ihre Aktionäre rechtzeitig über die Fusion mit der London Stock Exchange informiert hat, schreibt das Hbl (Michael Brächer). Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen den Börsenchef Carsten Kengeter, dem sie Insiderhandel vorwirft. Dieser habe bei seinem Aktienkauf von der geplanten Fusion bereits gewusst.
StA Braunschweig – Abgasaffäre: Der ehemalige Vorsitzende des VW-Aufsichtsrats Ferdinand Piëch sagte vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig aus, er habe bereits im Februar 2015 Kenntnis von der Software-Manipulation bei Dieselfahrzeugen in den USA erhalten und VW-Chef Martin Winterkorn darauf angesprochen. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat kündigten daraufhin an, gegen Piëch Haftungsansprüche geltend machen zu wollen. Träfe seine Aussage zu, so IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, habe Piëch seine Pflichten als Aufsichtsratsvorsitzender verletzt. Es berichtet die FAZ (Marcus Jung).
Recht in der Welt
Luxemburg – Abgasaffäre: In der Abgasaffäre hat die Luxemburgische Regierung Strafanzeige wegen Betrugs gegen Unbekannt gestellt, berichtet die SZ (Alexander Mühlauer). Damit wolle die Regierung auf den Vorwurf reagieren, sie sei in der Abgasaffäre nicht hart genug gegen VW vorgegangen.
Ungarn – Rotschlamm-Lawine: Vor sechs Jahren überrollte eine Rotschlamm-Lawine aus einem Aluminiumwerk mehrere Orte in Ungarn, die daraufhin angeklagten Ex-Manager des Werkes wurden freigesprochen. Nun hat das Berufungsgericht laut spiegel.de die Freisprüche aufgehoben.
Vereinigtes Königreich – Gina Miller Judgement: Der Assistenzprofessor an der Oxford University Pavlos Eleftheriadis schreibt auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) über das "Gina Miller"- Urteil des britischen Supreme Courts. Die Fondsmanagerin Gina Miller war im Jahr 2016 mit ihrer Klage, mit der sie eine stärkere Einbeziehung des britischen Parlaments in die Brexit-Verhandlungen forderte, erfolgreich.
Sonstiges
Steuerrecht: In einem Gastbeitrag für das Hbl beschäftigt sich Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität Köln, mit dem Steuerrecht, das in Wahlkämpfen für Verteilungsdebatten herhalten müsse. Dabei gehe es oftmals um gesellschaftspolitische Fragen, für die das Steuerrecht keine Antwort bereithalte.
Das Letzte zum Schluss
Pinguin in Untersuchungshaft: In München wurde ein Mann im Pinguinkostüm wegen Ladendiebstahls verhaftet, so justillon.de. Der 34-jährige Obdachlose hatte sich in einem Geschäft das Kostüm angezogen, im Restaurantbereich von der Salatbar gegessen und anschließend Waren im Wert von 200 Euro entwendet.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lz
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 7. Februar 2017: Justiz vs. Trump reloaded / Kritik an Musterklagen / Ärger für Facebook . In: Legal Tribune Online, 07.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22011/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
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