Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. September 2016: Streit um Ceta / DJT beendet / Klage gegen BND

19.09.2016

Am heutigen Montag befasst sich der SPD-Parteikonvent mit dem umstrittenen Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Außerdem in der Presseschau: DJT zu Ende gegangen und der BND wird wegen Überwachung verklagt.

Thema des Tages

Ceta: Am heutigen Montag wird sich der SPD-Parteikonvent zum umstrittenen Freihandelsabkommen Ceta positionieren. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt um Zustimmung, verspricht eine "gemeinsame, rechtsverbindliche Erklärung" zwischen Kanada und der EU und beruft sich auf EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland, die "formale Klarstellungen" versprochen haben. Gegenwind kommt von der Straße. Am Samstag haben nach Angaben der Veranstalter 320.000 Menschen gegen TTIP und Ceta demonstriert. Montags-SZ (Alexander Mühlauer) und Montags-FAZ (Hendrik Kafsack) berichten. Die BadZ (Christian Rath) berichtet ebenfalls und weist darauf hin, dass eine "rechtsverbindliche Erklärung", wie von Gabriel versprochen, ein Widerspruch in sich ist. Rechtsverbindlich wäre nur ein Zusatzabkommen.

In einem Kommentar warnt Malte Kreutzfeldt (Montags-taz) vor einem "Durchwinken" des Vertrags. Zumindest müsse die vorläufige Anwendung verhindert werden, damit das Abkommen später in Bundestag und Bundesrat noch gestoppt werden kann. Die Sozialdemokraten Ann Linde und Michael Roth vertreten hingegen in einem Gastbeitrag für die Samstags-FAZ die Auffassung, dass eine progressive Politik Ceta und TTIP nicht fürchten muss, sondern Globalisierung aktiv gestalten soll. Heribert Prantl (Montags-SZ) erinnert an frühere SPD-Parteitage, bei denen Vorsitzende Versprechungen gemacht haben, die sie nicht immer einhalten konnten.

Im Interview mit spiegel.de (David Böcking) äußert Jens Gnisa, Vorsitzender des Deutschen Richterbunds, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Schiedsgerichtshof mit europäischem Recht und fordert ein Gutachten durch den Europäischen Gerichtshof. Der Jurist und SPD-Politiker Folke Große Deters gibt auf juwiss.de einen Überblick über das Sonderrechts-Regime für Investoren durch Ceta.

Rechtspolitik

Deutscher Juristentag: Am Freitag ist der 71. Deutsche Juristentag in Essen zu Ende gegangen. Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) schildert seine Eindrücke von der Veranstaltung, die er als "so etwas wie ein Superkirchentag, bei dem alle Konfessionen und einige Sekten zusammenkommen", bezeichnet, und fasst – ebenso wie lto.de – die wichtigsten Debatten und Beschlüsse zusammen. Während sich die familienrechtliche Abteilung mit Forderungen nach der Anerkennung moderne Familienkonzepte sehr fortschrittlich gezeigt habe, sei das "Klischee vom konservativen Juristentag" bei der zurückhaltenden Haltung zur erweiterten Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen bedient worden.

DJT – Kameras in Gerichtssälen: Die verschiedenen beim Juristentag vertretenen Positionen zur geplanten Videoübertragung aus Gerichtssälen stellt deutschlandfunk.de (Gudula Geuther) vor. Diskutiert aber letztlich abgelehnt wurde das Modell des Jugoslawien-Tribunals, bei dem nach bestimmten Regeln gefilmt wird, es sei denn ein Zeuge widerspricht.

DJT – Personengesellschaftsrecht: Rechtsprofessor Ulrich Noack (Handelsblatt-Rechtsboard) stellt die Beschlüsse des Deutschen Juristentags zum Personengesellschaftsrecht vor.

DJT – Flüchtlingspolitik Die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) berichtet von der Schlussveranstaltung zur Flüchtlingspolitik, bei der Verfassungsrichter Ulrich Maidowski die letzten Asylrechtsverschärfungen als "nicht immer praxisrelevant" bezeichnete.

DJT – Neuer Präsident: Beim Deutschen Juristentag wurde auch ein neuer Präsident gewählt. Der Münchner Rechtsprofessor Mathias Habersack wird in den nächsten Jahren der Ständigen Deputation vorsitzen. Zusätzlich wurden Marie Luise Graf-Schlicker als Stellvertretende Vorsitzende und Peter Götz von Olenhusen als Schatzmeister in den geschäftsführenden Ausschuss gewählt, wie lto.de meldet.

Asyl-Obergrenze: Im Interview mit dem Spiegel (Markus Feldenkirchen/Ralf Neukirch – Vorab-Meldung) hat CSU-Parteichef Horst Seehofer seine Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge bekräftigt. Im Hinblick auf den Dissens mit Kanzlerin Angela Merkel sagte Seehofer: "Wir werden auf die Obergrenze von 200.000 nicht verzichten. Da geht es schlicht und einfach um unsere Glaubwürdigkeit." Die Samstags-BerlZ (Christian Bommarius) weist auf eine Aussage von Wolfgang Schäuble im ZDF hin, die darauf hindeutet, dass der Finanzminister auch eine Obergrenze befürwortet.

Laut Albert Schäffer (Samstags-FAZ) liegen die Positionen von CDU und CSU gar nicht so weit auseinander. Die Obergrenze der CSU sei "nichts anderes als das Angebot eines deutschen Kontingents von 200.000 Flüchtlingen in einem neu aufgesetzten Schengen-Dublin-System", in dem Flüchtlinge, die über "sichere Drittstaaten" eingereist sind, nicht aufgenommen werden müssen.

Solidaritätszuschlag: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will nach Informationen des Focus (Frank Thewes) den Solidaritätszuschlag abbauen. Anderenfalls könnte das Bundesverfassungsgericht die Erhebung des Zuschlags bald für verfassungswidrig erklären, meinen Juristen aus dem Finanzministerium.

BND-Gesetz: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass Teile des geplanten BND-Gesetzes verfassungswidrig sind. netzpolitik.org (Simon Rebiger) fasst das Gutachten zusammen und beleuchtet die Hintergründe.

Burka-Verbot: Der Rechtsprofessor Felix Ekardt vertritt auf lto.de die Auffassung, dass ein allgemeines Burka-Verbot verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Der Staat dürfe persönliche Glückskonzepte und Weltanschauungen nicht reglementieren. Auch der emeritierte Juraprofessor Rudolf Steinberg kommt in einem Beitrag für die FAS zu dem Ergebnis, dass ein allgemeines Burka-Verbot gegen die Religionsfreiheit verstößt. Die Burka sei jedoch "Symbol eines islamistischen Islams", gegen den der Staat mit Präventionsprogrammen und internationaler Zusammenarbeit vorgehen müsse.

Musterklagen: Vor einem Jahr hat Bundesjustizminister Heiko Maas angekündigt, eine Art Musterklage für Verbraucher einzuführen. Klaus Ott (Montags-SZ) kritisiert, dass noch immer kein Gesetzentwurf vorliegt. Die "Hinhalte-Taktik" schade der Justiz und treibe Verbraucher in die Hände von Großkanzleien, die "das große Geschäft" erhoffen.

Rehabilitierung Homosexueller: Patrick Bahners (FAS) begrüßt die geplante Rehabilitierung Personen, die wegen homosexueller Handlungen verurteilt wurden, und kritisiert den von Gegnern postulierten absoluten Gegensatz von Unrechtsstaat und Rechtsstaat: "Die Geschichte des Paragraphen 175 zwingt zu der Einsicht, dass es Unrecht auch im Rechtsstaat gibt."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. September 2016: Streit um Ceta / DJT beendet / Klage gegen BND . In: Legal Tribune Online, 19.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20615/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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