Die juristische Presseschau vom 8. September 2016: Neuer Modus bei BVerfG-Rich­ter­wahl / Vor­in­stal­lierte Soft­ware recht­mäßig / Mus­li­mi­scher US-Bun­des­richter?

08.09.2016

Die Grünen dürfen zukünftig jeden fünften vom Bundesrat gewählten Bundesverfassungsrichter vorschlagen. Außerdem in der Presseschau: EuGH billigt vorinstallierte Software und Obama schlägt Muslim als Bundesrichter vor.

Thema des Tages

Wahl der Bundesverfassungsrichter: Nach Informationen der taz (Christian Rath) haben sich Union, SPD und Grüne auf einen neuen Modus für die Wahl der Bundesverfassungsrichter geeinigt. Bisher wurden die 16 Richter jeweils zur Hälfte auf Vorschlag von Union und SPD gewählt. Nur bei den acht vom Bundestag zu wählenden Richtern hatten die FDP und die Grünen jeweils das Vorschlagsrecht für einen Richter. Da die Grünen inzwischen an zehn Landesregierungen beteiligt sind, dürfen sie zukünftig auch jeden fünften vom Bundesrat zu wählenden Richter vorschlagen. Das wird voraussichtlich im April 2018 erstmals der Fall sein, wenn Michael Eichberger aus dem Ersten Senat ausscheidet.

Rechtspolitik

Sozialleistungen für Flüchtlinge: Asylbewerber, die in einer privaten Wohnung untergebracht sind, sollen zukünftig weniger Bargeld erhalten. Stattdessen sollen die Stromkosten als Sachleistungen vom Staat übernommen werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Bundessozialministerin Andrea Nahles vor, über den die SZ (Jan Bielicki) und die Welt (Sabine Menkens) berichten. Dietrich Creutzburg (FAZ) meint, dass Sozialleistungen nicht als "Migrationsanreiz" wirken dürften. Der wichtigste Spielraum, den das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gelassen habe, liege darin, einen möglichst hohen Anteil der Fürsorge durch Sachleistungen zu erbringen.

Auskunftspflicht bei Mietpreisbremse: Vermieter müssen zukünftig wohl von sich aus mitteilen, wieviel Miete der Vormieter gezahlt hat, damit der neue Mieter die Einhaltung der Mietpreisbremse überprüfen kann. CDU-Mietrechtspolitiker Jan-Marco Luczak erklärte gegenüber der NJW-Homepage (Joachim Jahn), dass er sich eine Zustimmung zu einem entsprechenden Vorschlag der SPD-Fraktion vorstellen könne.

BDSG-Anpassungsgesetz: Ein erster Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums für das "Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU" ist geleakt geworden. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte bei rechtswidrigen Datenverarbeitungen durch Nachrichtendienste keine Sanktionen verhängen kann. netzpolitik.org (Anna Biselli) stellt den Referentenentwurf vor und veröffentlicht den Wortlaut sowie die Stellungnahmen des Justizministerium und der Bundesdatenschutzbeauftragten, die zum Teil sehr kritisch ausfallen.

Flüchtlingspolitik: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei der Haushaltsdebatte im Bundestag die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung verteidigt. Aus Reihen der CSU sind hingegen weiterhin Forderungen nach einer Obergrenze von Flüchtlinge zu vernehmen, wie das Hbl (Daniel Delhaes) berichtet. In einem Kommentar fordert Heribert Prantl (SZ) ein Ende der Obergrenzen-Diskussion: "Diese Obergrenzen-Diskussion ist eine Diskussion abseits des Rechts und abseits humanitärer Praktikabilität."

Erbschaftsteuer: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei der Haushaltsdebatte im Bundestag an die Bundesländer appelliert, die Reform der Erbschaftsteuer nicht länger aufzuhalten. Das meldet die FAZ (Kerstin Schwenn). Sollte es im Vermittlungsausschuss in den nächsten Wochen zu keiner Einigung kommen, könnte das Bundesverfassungsgericht neue Regeln bestimmen. Das Hbl (Donata Riedel) weist darauf hin, dass aus Angst vor einer solchen Entscheidung viele Unternehmer ihre Firmen bereits an ihre minderjährigen Kinder verschenkt haben.

Range und Maas: Die FAZ (Reinhard Müller) zeichnet die Geschehnisse rund um die Ermittlungen gegen die Macher des Blogs "netzpolitik.org" nach, die heute hinichtlich der Rolle von Justizminister Heiko Maas diskutiert werden. Während der damalige Generalbundesanwalt Harald Range betont, Maas hätte ihm die Weisung erteilt, die Ermittlungen einzustellen, bestreitet der Justizminister eine Weisung. In einem gesonderten Kommentar meint Reinhard Müller (FAZ), es mache einen guten Politiker aus, stets im guten Licht zu erscheinen – aber keinen guten Justizminister.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. September 2016: Neuer Modus bei BVerfG-Richterwahl / Vorinstallierte Software rechtmäßig / Muslimischer US-Bundesrichter? . In: Legal Tribune Online, 08.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20512/ (abgerufen am: 26.03.2024 )

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