Die juristische Presseschau vom 29. Juni 2016: VW für Mil­li­ar­den­ver­g­leich / Bes­sere Ink­lu­sion? / Mehr zum Brexit

29.06.2016

VW stimmt in den USA einem milliardenschweren Vergleich zu. Außerdem in der Presseschau: Kabinett beschließt bessere Teilhabe bei Behinderung, der Brexit wirft weiter Fragen auf und Schadensersatz wegen Windows 10.

Thema des Tages

USA – VW-Skandal: In der Affäre um manipulierte Abgaswerte hat Volkswagen in den Vereinigten Staaten einem Vergleich zugestimmt – der Konzern muss danach Entschädigungen in Höhe von 14,733 Milliarden US-Dollar zahlen. Beteiligt an der Einigung sind die US-Umweltbehörde EPA, die klagenden Besitzer von Dieselautos sowie mindestens 44 Bundesstaaten. Das Bezirksgericht in San Francisco, das zur Aushandlung eines Vergleichs eine Frist bis Dienstag gesetzt hatte, muss zu dessen Gültigkeit noch zustimmen. Der größte Teil der Summe von zehn Milliarden ist für den Rückkauf von fast einer halben Million manipulierter Dieselautos bestimmt. Zudem muss Volkswagen in zwei Umweltfonds einzahlen. Es berichten die Welt (Nikolaus Doll/Philipp Vetter) und das Hbl.

spiegel.de (Kristina Gnirke) gibt eine Übersicht, welche weiteren Zahlungen noch auf das Unternehmen zukommen können. Bastian Brinkmann (sueddeutsche.de) kritisiert, dass bei einem ausgehandelten Vergleich die Relation zu anderen Fällen schlechter gewahrt würde als bei einer objektiven Gerichtsentscheidung.

Rechtspolitik

Bundesteilhabegesetz: Das Bundeskabinett hat am Dienstag den Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes beschlossen, mit dem die Teilhabe und Selbstbestimmtheit von Menschen mit Behinderungen gestärkt werden soll, etwa durch eine bessere Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Eingliederungshilfeleistungen sollen dabei zukünftig als Teilhaberechte und nicht als Sozialhilfeleistungen ausgestaltet sein. Auf lto.de erläutern der Leiter der Rechtsabteilung eines Sozialdezernats Franz Dillmann und die Rechtsanwältin Heike Brüning-Tyrell die Neuregelungen. Die FAZ (Yasemin Ergin/Mona Jaeger) gibt die Kritik von Betroffenenverbänden wieder, die unter anderem zunehmende Unterbringung in Heimen statt in eigenen Wohnungen befürchten und die Erhöhung von Sparbeträgen für nicht ausreichend halten.

BND-Reform: Der Entwurf für ein neues Gesetz zum Bundesnachrichtendienst wurde am Dienstag vom Bundeskabinett beschlossen, wie die taz (Christian Rath) und spiegel.de berichten. Damit soll eine bessere Kontrolle der Auslandsaufklärung erfolgen, insbesondere mittels der Überprüfung des Dienstes durch ein neues unabhängiges Gremium. Die Überwachung des Datenverkehrs von EU-Organen, EU-Staaten und EU-Bürgern soll an strengere Voraussetzungen geknüpft, aber weiterhin zulässig bleiben. Reinhard Müller (FAZ) hält dies für sinnvoll, denn schließlich seien andere befreundete Länder "wesentlich weniger zimperlich bei der Durchsetzung ihrer Interessen auch gegenüber Bündnispartnern".

Strafprozessordnung: Rechtsanwalt und Dozent Jörg Habetha befasst sich auf lto.de mit dem Anfang Juni vorgelegten Entwurf zur Reform der Strafprozessordnung. Bemerkenswerte Neuerungen seien etwa die Möglichkeit, eine Frist für Beweisanträge zu setzen, ein Antragsrecht des Beschuldigten auf Bestellung eines Pflichtverteidigers schon im Ermittlungsverfahren und die audiovisuelle Aufzeichnung von Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen. Insgesamt sei aber kein stringentes Gesamtkonzept zu erkennen und das Ziel, eine merkliche Effektivierung des Verfahrens zu erreichen, werde nicht erreicht werden.

Sexualstrafrecht: Auch nachdem sich die Große Koalition über wesentliche Fragen zur Verschärfung des Sexualstrafrechts geeinigt hat, wird darüber intensiv diskutiert. Bundesrichter Thomas Fischer befasst sich in seiner Kolumne auf zeit.de mit der Strafbarkeit des "Grapschens" und schreibt zudem, eine Vergewaltigung setze schon nach geltender Rechtslage keine körperliche Gegenwehr voraus. Wer dies behaupte, zitiere die "zwei oder drei ersichtlich fehlerhaften Urteile" hierzu. internet-law.de (Thomas Stadler) weist demgegenüber darauf hin, dass nach derzeitigem Recht eine Strafbarkeit nach § 177 Strafgesetzbuch eine Nötigung, Drohung oder die Ausnutzung einer schutzlosen Lage verlangt, und die Grenzen hier "reichlich unklar" seien, wie die juristische Kommentierung zeige. Die Juristinnen Theresa Richarz und Franziska Brachthäuser fordern auf zeit.de, die Erfahrungen der Betroffenen ernst zu nehmen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. Juni 2016: VW für Milliardenvergleich / Bessere Inklusion? / Mehr zum Brexit . In: Legal Tribune Online, 29.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19827/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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