Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. April 2015: Betreuungsgeld vor dem BVerfG – Gesetz für Daten aus Weltraum – Middelhoff stellt Insolvenzantrag

13.04.2015

Justiz

Middelhof – Justizvollzug: Anlässlich der aktuellen Diskussion um die engmaschige nächtliche Überwachung des in einer Essener Justizvollzugsanstalt untergebrachten Untersuchungshäftlings Thomas Middelhoff trägt der Spiegel (Matthias Bartsch u.a. – Zusammenfassung auf spiegel.de) die Fakten des Falles zusammen und erläutert unterschiedliche Modelle der nächtlichen Suizidprävention in den Bundesländern. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter wolle nun die fachliche Ebene in der Diskussion stärken und habe bereits eine Umfrage in den Ländern gestartet, welche Überwachungsmaßnahmen getroffen würden.

Middelhof – Insolvenzverwaltung: Die FAS (Joachim Jahn) analysiert detailliert die Situation und die Chancen Middelhofs im Insolvenzverfahren, das er aus der Haft heraus gegen sich selbst – noch gerade rechtzeitig – beantragt habe. Er sehe sich Forderungen von insgesamt mehr als 410 Millionen Euro gegenüber, hinzu kämen Millionen-Kosten für sein "hochkarätiges Anwaltsquartett". Sein letzter Strohhalm sei die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung, die unter strengen Voraussetzungen nach einer Wohlverhaltensperiode im Insolvenzverfahren nach fünf oder drei Jahren gewährt werden könne.

Die Insolvenzrechtlerin Petra Heidenfelder schreibt im Handelsblatt: "Der Insolvenzantrag jetzt ist zwar überraschend, aber schlau: Solange der Manager nicht rechtskräftig verurteilt ist, hat er gute Chancen, dass sein Antrag zugelassen wird."

BVerfG – Organklage wegen des Oktoberfestattentates: Mit dem von der Bundestagsfraktion der Grünen initiierten Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Bundesregierung wegen der Herausgabe von Informationen über V-Leute im Zusammenhang mit dem Oktoberfestattentat befasst sich ausführlich Albert Schäffer (Samstags-FAZ).

Durchsuchungen nach German Wings-Unglück: Thomas Darnstädt (Spiegel) erläutert, warum die Durchsuchungen von Arztpraxen im Zusammenhang mit den Ermittlungen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft zum Absturz der German Wings-Maschine rechtlich fragwürdig seien und dass die Wahrheitssuche im Strafprozess kein Selbstzweck und Staatsanwälte nicht die investigative Abteil der Welt-Presse seien. Hier gebe schon kein förmliches Ermittlungsverfahren, da gegen niemanden einen Anfangsverdacht vorliege – laut Düsseldorfer Staatsanwaltschaft auch nicht gegen Verantwortliche bei Lufthansa oder German Wings. Die Staatsanwaltschaft sei vielmehr im Rahmen eines sogenannten Todesermittlungsverfahrens tätig, und dabei stünden indes nicht grundrechtsintensive Maßnahmen wie etwa Durchsuchungen zu ihrer Verfügung. Weiter zeichnet Darnstädt nach, wie die Ermittler in den Arztpraxen mit den Beschlüssen Druck ausgeübt hätten, alle Patientenunterlagen des Kopiloten herauszugeben.

VG Stuttgart – Schwarzer Donnerstag: Voraussichtlich ab Oktober wird das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage von sieben Personen gegen das Land Baden-Württemberg wegen des eskalierten Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten am 30. September 2010 verhandeln. Dazu lto.de.

LG Frankfurt a.M. – Korruption bei Fraport-Ausbau: Ein Lehrstück darüber, wie Korruption funktioniert, trage sich derzeit vor dem Landgericht Frankfurt am Main zu, so Corinna Budras (FAS) in einer ganzseitigen Reportage. Dabei gehe es um Schmiergeldzahlungen in Höhe von sechs Millionen Euro, die anlässlich des Ausbaus der "Cargo City Süd" des Flughafens Frankfurt Main gezahlt worden seien. Aufgeflogen sei der Fall, nachdem einer der heute fünf Angeklagten einen Mitangeklagten auf Zahlung von zwei Millionen Euro Schmiergeld – "Beraterprovision" – verklagt hatte; das Zivilverfahren sei aber mit einem außergerichtliche Vergleich über 800.000 Euro beendet worden.

AG Köln zu Klagemauer-Demonstrant: Seit 1990 demonstriert vor dem Kölner Dom ein früherer Hauptschullehrer mit einer "Klagemauer" gegen die Politik Israels. Weil er dabei auch Fotos von verstümmelten Kindern zeigte, hat das Amtsgericht Köln den Mann nun wegen Verstoßes gegen den Jugendschutz zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Montags-taz (Roland Kaufhold) berichtet.

Neuer Interpol-Chef: Mit dem neuen Generalsekretär von Interpol, Jürgen Stock, Jurist und langjähriger Vize-Präsident des Bundeskriminalamtes, spricht der Spiegel (J. Schmitt/A. Ulrich) über dessen Arbeit und Pläne für Interpol, die unterschätzen Gefahren der Internet-Kriminalität und warum das Internet so attraktiv für Verbrecher ist.

Weitere Stimme zum Kopftuch-Beschluss des BVerfG: Den Vorwurf an das Bundesverfassungsgericht, mit dem jüngsten Kopftuch-Beschluss der Unterdrückung muslimischer Frauen Vorschub zu leisten, hält Rudolf Steinberg (FAS) für Unsinn. Bereits im ersten Kopftuchurteil von 2003 sei darauf verwiesen worden, dass das Tragen eines Kopftuches auf einer Vielzahl von Gründen beruhen könne. Steinberg sieht beide Entscheidungen vielmehr als Beiträge zur Verhandlung über "die objektiven Voraussetzungen der Wünschbarkeit und Machbarkeit des Zusammenlebens von Einheimischen und Fremden, über die Möglichkeit, dem anderen zu trauen", wie es der ehemalige Bundesverfassungsgerichtspräsident Winfried Hassemer 2003 ausgedrückt habe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. April 2015: Betreuungsgeld vor dem BVerfG – Gesetz für Daten aus Weltraum – Middelhoff stellt Insolvenzantrag . In: Legal Tribune Online, 13.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15209/ (abgerufen am: 26.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen