SPD-Mann Michael Hartmann verweigert Auskunft im Edathy-Ausschuss – offenbar erwägt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereiteilung. Außerdem in der Presseschau: Replik auf Thomas Fischer zum Sexualstrafrecht, harsche Kritik am "DÜGIDA"-Urteil des OVG Münster, Netzneutralität in den USA und "Knöllchen-Horst" muss 1.000 Euro ans Bundesverfassungsgericht abdrücken.
Thema des Tages
Michael Hartmann schweigt im Edathy-Ausschuss/Vorermittlungen der StA: Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann schwieg am gestrigen Donnerstag im Edathy-Untersuchungsausschuss. Er machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch – mit der Begründung, die Staatsanwaltschaft prüfe ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereiteilung. Konkret geht es um die Frage, ob Hartmann Edathy frühzeitig vor Ermittlungen wegen Kinderpornografie gewarnt hatte. Die SZ (Kim Björn Becker/Christoph Hickmann), die FAZ (Eckart Lohse/Timo Frasch) und die taz (Tobias Schulze) berichten.
Rechtspolitik
Prostitutionsgesetz: Die Eckpunkte für ein neues Prostitutionsgesetz bezeichnet Constanze von Bullion (SZ) als Kompromiss, der "wenig mehr ist als ein Haufen frommer Wünsche". So etwa die vorgesehene Kondompflicht, "die weder mit Strafe bewehrt noch kontrollierbar ist. Wie soll das auch gehen? Per Razzia in situ?"
Sexualstrafrecht – Replik auf Fischer: Existiert nun eine Schutzlücke im Sexualstrafrecht, oder nicht? Falls ja, kann man Ihr strafrechtlich beikommen? Oder hat es einen zu hohen Preis, die Lücke zu schließen? Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) hat einige Ansätze niedergeschrieben – und repliziert zugleich einen Erfahrungsbericht von Thomas Fischer, der vergangene Woche im Rechtsausschuss des Bundestages einen Vorschlag der Grünen kritisiert hatte.
Verbandsklagerecht: Das am vergangenen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen stellt lto.de ausfürlich dar. Datenschutzexperte Carlo Piltz (delegedata.de) widmet sich einer möglichen Europarechtswidrigkeit des Entwurfs.
Einheitliche Verfahrensgarantien für Kinder: Das EU-Parlament will die Rechte von beschuldigten Kindern im Strafprozess stärken und EU-weit harmonisieren, wie lto.de meldet. Mitgliedsstaaten sollen etwa dazu verpflichtet werden, Minderjährigen ein unabdingbares Recht auf Unterstützung durch einen Anwalt zu erfüllen.
Europawahlen und Doppelstaatler: Die SZ (Robert Rossmann) erwähnt die Diskussion um eine Regelungslücke, aufgrund derer offenbar nicht verhindert werden kann, dass EU-Doppelstaatler zwei Mal zur Europawahl abstimmen können. Anlass des Beitrags: Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages hat alle Einsprüche gegen die jüngste Europawahl wegen möglicher doppelter Stimmabgaben zurückgewiesen.
Justiz
BGH zu Eigenbedarfskündigung: "In Zeiten stark steigender Mieten in den Ballungsräumen benötigt man nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, was die weniger redlichen Charaktere unter den Vermietern – die es gibt – mit dieser Karlsruher Einladung zur Eigenbedarfskündigung anfangen können", kommentiert Wolfgang Janisch (SZ) die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom vergangenen Mittwoch zum Thema Eigenbedarfskündigungen. Die würden nun deutlich einfacher – im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung.
OVG Münster zu "DÜGIDA": Das Oberverwaltungsgericht Münster ließ Mitte Januar per einstweiligem Rechtsschutz den Düsseldorfer Oberbürgermeister gewähren, vor einer "DÜGIDA"-Demonstration zu warnen und die städtische Beleuchtung zu löschen – nach zuvor gegenteilger Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Die Entscheidung des OVG grenzt an Rechtsschutzverweigerung, meint Sebastian Roßner auf lto.de. Das Gericht wird dem Beitrag zufolge dem Maßstab einer summarischen Prüfung nicht gerecht, indem es zur Begründung ausführt, die Neutralitätspflicht von Amtsträgern sei gerichtlich noch nicht hinreichend geklärt.
OLG München – NSU-Prozess: spiegel.de (Gisela Friedrichsen) zufolge haben die Verteidiger von Beate Zschäpe einen Antrag gestellt, um eine Nebenklägerin und ihren Anwalt aus dem Prozess auszuschließen. Konkret geht es um die Frage, ob eine Frau, die während des Kölner Nagelbombenattentats in ihrer Wohnung war, ein Opfer des NSU war.
VG Aachen zur Altershöchstgrenze bei Beamten: Die Altershöchstgrenze von vierzig Jahren, um verbeamtet zu werden, ist nicht absolut. Ausnahmen gelten bei vorangegangener Kindererziehung. Die Ausnahme kann nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen auch dann greifen, wenn die Mutter währenddessen in der Privatwirtschaft gearbeitet hat. lto.de berichtet.
VG Neustadt zu Dauerparkplätzen: Autofahrer genießen keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass zunächst rechtmäßiges Dauerparken unbegrenzt erlaubt bleibt. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden, wie lto.de meldet.
VG Trier zu Kinderlärm: Kinderlärm steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Trier unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft. Wie lto.de meldet, scheiterten die Betreiber einer Weinstube mit dem Antrag, den Betrieb eines benachbarten Kinderspielplatzes einzustellen oder zu verlegen.
LG Hamburg zu Chantals Methadon-Tod: Drei Jahre nach dem Methadon-Tod der elf Jahre alten Chantal hat das Landgericht Hamburg sein Urteil gegen die Pflegeeltern verkündet. Der Pflegevater wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, die Pflegemutter zu acht Monaten Haft auf Bewährung. spiegel.de und die SZ (Hannah Beitzer) berichten.
LG Paderborn zu Waschanlagen: Der Betreiber einer Autowaschanlage haftet für Schäden an Autos ihrer Kunden, wenn die Schäden aus Störungen an der Anlage rühren. Der Betreiber kann sich nach einem Urteil des Landgerichts Paderborn auch nicht darauf berufen, dass automatische Schutzvorrichtungen oder Aufsichtspersonal zu teuer sind. lto.de berichtet.
Aufrüstung der Bundesanwaltschaft: Die Bundesanwaltschaft wird aufgerüstet, berichtet die taz (Christian Rath). Der Generalbundesanwalt bekommt wegen der Verzehnfachung der Verfahren gegen mutmaßliche Islamisten 18 neue Staatsanwälte (zwanzig Prozent mehr). Im Nachgang der NSU-Affäre habe es nur drei neue Planstellen gegeben.
Recht in der Welt
USA – Netzneutralität: Tom Wheeler, Leiter der US-amerikanischen Telekom-Regulierungsbehörde FCC, will strikte Regeln für den gleichberechtigten Zugang zu Internetleitungen (Netzneutralität) schaffen. Dafür müssten Breitband-Anbieter rechtlich umklassifiziert werden, damit sie genauso reguliert werden können wie klassische Telefonunternehmen, schreibt die FAZ (Winand von Petersdorff – Onlinefassung). Auch die SZ (Varina Bernau/Kathrin Werner) berichtet.
USA – Silk Road-Gründer schuldig: Der Gründer der Online-Drogenbörse Silk Road, Ross Ulbricht, muss mit einer langen Haftstrafe rechnen: Eine Jury in Manhattan befand ihn in allen Anklagepunkten für schuldig, wie lto.de meldet. Das Handelsblatt (Michael Brächer/Frank Wiebe) schreibt ausführlich zum Prozess.
Sonstiges
Google – Löschregeln: Dass der Experten-Beirat für die Google-Löschungen dafür plädiert hat, Löschanträge künftig großzügiger zu behandeln, kritisiert Thomas Stadler (internet-law.de): Google lösche bereits jetzt großzügig. Die Empfehlung des Beirats vertiefe die Schieflage zwischen Persönlichkeitsschutz einerseits und Meinungs- und Informationsfreiheit andererseits.
Keine Kita-Klagewelle: Das Landgericht Leipzig verurteilte am vergangenen Montag die Stadt Leipzig wegen schleppenden Kita-Ausbaus zur Zahlung von Schadensersatz an die Eltern. Die taz (Alina Leimbach) prognostiziert nun: Eine Klagewelle wird ausbleiben; die Chancen auf erfolgreiche Verfahren stünden nicht gut, unter anderem weil der Kita-Ausbau voranschreite.
Atomklagen: Hat die Politik die Atomklagen der Konzerne erst ermöglicht? Laut SZ (Markus Balser) nähren bisher unveröffentlichte Dokumente den Verdacht, "dass Warnungen ignoriert wurden, die auf die Schadenersatzrisikendurch die vorübergehende Stilllegung von Atomkraftwerken hinwiesen".
Pflegeunterhalt: Nicht in jedem Fall müssen Kinder Pflegeunterhalt für ihre Eltern zahlen. Die Welt (Hans-Werner Thieltges) stellt die Rechtslage dar.
Betrügereien am Telefon: Wie man sich vor Betrügereien am Telefon schützen und wie man sich dagegen wehrt, stellt die SZ (Berrit Gräber) im Geld-Ressort zusammen.
Das Letzte zum Schluss
Strafe für Knöllchen-Horst: Nach Dolly Buster will es nun auch mit der Verfassungsbeschwerde nicht klappen: "Knöllchen-Horst" hat vom Bundesverfassungsgericht eine Missbrauchsgebühr von 1.000 Euro auferlegt bekommen – wegen seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen Strafvereitelung gegen einen Richter. Mit dessen Prozessleitung in einem Verfahren wegen zu schnellen Fahrens war "Knöllchen-Horst" nicht zufrieden. Eine Grundrechtsverletzung sei aber nicht ansatzweise zu erkennen, so das BVerfG. ndr.de berichtet.
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Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/fr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 6. Februar 2015: Edathy-Ausschuss: Hartmann schweigt – Replik auf Thomas Fischer – USA und Netzneutralität . In: Legal Tribune Online, 06.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14610/ (abgerufen am: 28.03.2024 )
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