Die juristische Presseschau vom 20. November 2013: Wendung im Fall Gurlitt – Brennelementesteuer vorm EuGH – Bundesversammlung als Quasi-Parlament

20.11.2013

Die Staatsanwaltschaft Augsburg will dem Kunstsammler Gurlitt die Bilder, die zweifelsfrei in seinem Eigentum stehen, unverzüglich zurückzugeben. Nur: Bei welchen ist das der Fall? Außerdem in der Presseschau: Beschlüsse der Justizministerkonferenz, Brennelementesteuer vorm EuGH, Verhandlung zur Stellung der Bundesversammlung, und warum ein humpelnder Mops einen Rechtsstreit auslöst.

Thema des Tages

Gurlitt-Kunstsammlung: Wie die SZ (Stefan Mayr) berichtet, will die Staatsanwaltschaft Augsburg nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Reinhard Nemetz nun diejenigen Bilder aus der Sammlung von Cornelius Gurlitt, die zweifelsfrei in dessen Eigentum stehen, unverzüglich zurückgeben. Er habe die neu eingerichtete Taskforce gebeten, diese Bilder unverzüglich zu benennen.

Die Eigentumsverhältnisse der Bilder sind Gegenstand ausführlicher Beiträge. spiegel.de (Michael Sontheimer) differenziert nach der Herkunft der Bilder. Kaum strittig sei wohl die Eigentumsfrage bei etlichen Bildern von Louis Gurlitt, dem Landschaftsmaler und Urgroßvater von Cornelius Gurlitts. Die rund 380 Bilder, welche die Nazis staatlichen Museen als "Entartete Kunst" entzogen hatten, seien wohl legal und unanfechtbar in Gurlitts Besitz. Bezüglich der Raubkunst, also der Kunstwerke, die in besetzten europäischen Ländern beschlagnahmt oder Juden zu unsittlich niedrigen Preisen abgekauft wurden, bestehe aufgrund Zeitablaufs wohl keine rechtliche Grundlage zur Rückgabe mehr. Die SZ (Andreas Zielcke) und die FAZ (Julia Voss) stellen in ihren Analysen im Feuilleton die Rechtsfragen der Verjährung und des gutgläubigen Erwerbs "Entarteter Kunst" und Raubkunst in den Vordergrund.

Für Heribert Prantl (SZ) wirft die Ankündigung Fragen auf: Wenn sich so leicht feststellen lässt, welche Bilder unverdächtig sind, warum hat man sie nicht längst zurückgegeben? Und wenn es sich nicht so leicht feststellen lässt, warum hat man Eigentumsrecherchen nicht schon viel früher intensiv betrieben?

Rechtspolitik

Justizministerkonferenz: Die Justizminister der Länder haben auf ihrer Herbstkonferenz einen Vorstoß Nordrhein-Westfalens zur Einführung eines eigenen Unternehmensstrafrechts begrüßt. Wie die FAZ (Joachim Jahn) erläutert, soll nun insbesondere geprüft werden, ob eine solche Reform die internen Kontrollsysteme in Unternehmen stärken und damit zur Vermeidung von Straftaten beitragen würde. Weitere Vorschläge der Minister beziehen sich auf die sogenannte Schonfristregelung im Mietrecht, Sanktionen gegen Doping im Sport sowie Ermittlungen in sozialen Netzwerken. Nur "zur Kenntnis genommen" wurde dagegen der Vorschlag der Kieler Ministerin Anke Spoorendonk zur Überarbeitung des Mordparagraphen, dessen konkreter Wortlaut aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt.

Oppositionsrechte: Die sich anbahnende Große Koalition wirft nach Einschätzung der Rechtsprofessorin Sophie-Charlotte Lenski auf verfassungsblog.de bereits jetzt einen dunklen Schatten auf die Minderheitenrechte der Opposition im Bundestag. So habe das Bundestagsplenum Entschließungsanträge der Fraktionen der Linken und der Grünen unter sehr zweifelhaftem Umgang mit den Regelungen der Geschäftsordnung an den Hauptausschuss verwiesen – gegen den Willen der Antragsteller, und obwohl ein solcher Ausschuss bislang noch gar nicht eingesetzt ist. Dies lasse befürchten, dass sich die Ankündigungen, die Rechte der Opposition mit besonderer Sorgfalt zu schützen, als leere Versprechungen erweisen könnten.

Datenschutz USA-EU: In den Gesprächen zwischen EU-Justizkommissarin Reding und dem amerikanischen Justizminister Holder über die Folgen der NSA-Abhöraffäre und ein mögliches Datenschutzabkommen soll es nach Berichten von spiegel.de (Gregor Peter Schmitz) und der FAZ (Andreas Ross) zu einer Annäherung gekommen sein. Nach Darstellung der SZ (Cerstin Gammelin) habe Redings Entourage erklärt, Holder habe "durchsickern lassen", er sei willens, darüber nachzudenken, EU-Bürgern die gleichen Datenschutzrechte zu gewähren wie Amerikanern. Bisher haben EU-Bürger keine Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Nutzung ihrer Daten. Eine kritische Bewertung der Gesprächsergebnisse findet sich auf netzpolitik.org (Alexander Sander).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. November 2013: Wendung im Fall Gurlitt – Brennelementesteuer vorm EuGH – Bundesversammlung als Quasi-Parlament . In: Legal Tribune Online, 20.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10095/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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