Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass homosexuelle Paare ebenso gute Eltern sein können wie heterosexuelle Paare und setzte damit einen weiteren Meilenstein für deren Gleichstellung. Außerdem in der heutigen Presseschau: Der BGH präzisiert Anforderungen für die Sicherungsverwahrung, das BVerwG vor Grundsatzurteil zum Auskunftsanspruch der Presse und warum es auf dem Brüsseler Flughafen wie im Wilden Westen zugeht.
BVerfG zu Sukzessivadoption: Künftig dürfen homosexuelle Lebenspartner ein von ihrem Partner adoptiertes Kind ebenfalls annehmen. Bisher war das nur für verheiratete Paare möglich. Beschränkungen beim Adoptionsrecht verstoßen gegen das Recht auf Gleichbehandlung, so das Bundesverfassungsgericht. Grundsätzliche Bedenken gegen die homosexuelle Elternschaft werden nicht geteilt. Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie in einer Ehe, so das Gericht. Das Gericht setzte nun eine Frist bis zum 30. Juni 2014 für eine gesetzliche Neuregelung. Wegen der ansonsten eintretenden unzumutbaren Nachteile müsse aber eine Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartner ab sofort möglich sein. Es berichten u.a. die SZ (Wolfgang Janisch) und die taz (Christian Rath/Paul Wrusch).
Die SZ (Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über die "lange Geschichte der Diskriminierung" homosexueller Paare". Angefangen bei der Constitutio Criminalis Carolina von 1532, die die 'widernatürliche Unzucht' mit dem Feuertode bestrafte, habe sich die Gleichstellung wie im Zeitraffer vollzogen.
Nachdem nun auch im Kindschaftsrecht ein Unterschied zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft verschwunden ist, könnte man sich das komplizierte Lebenspartnerschaftsgesetz eigentlich sparen und es ersetzen durch die simple Formulierung, die sich der Bundestag nicht getraut habe, nämlich: "Es ist alles wie bei der Ehe", kommentiert Heribert Prantl (SZ). Reinhard Müller (FAZ) plädiert an den Gesetzgeber, die Konsequenz aus dem fundamentalen gesellschaftlichen Wandel zu ziehen und entsprechend zu handeln. Dabei solle er allerdings auch überlegen, was die Einebnung von Ehe und Elternschaft langfristig für das Menschenbild und den Fortbestand des Gemeinwesens bedeutet. Das Urteil sei von beispielloser Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber geprägt, schreibt Maximilian Steinbeis (Verfassungsblog).
Antrag - Öffnung der Ehe: Hamburg bereitet einen Antrag für den Bundesrat vor, in dem die Regierung aufgefordert wird, eine Öffnung der Ehe für Homosexuelle gesetzlich zu regeln, berichtet die taz (Christian Rath). Eine Grundgesetzänderung sei nicht erforderlich.
EGMR zu Stiefkindadoption: Parallel befasste sich auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit dem Recht gleichgeschlechtlicher Paare, Kinder zu adoptieren. Beschwerde hatte eine Frau aus Österreich eingelegt, die den Sohn ihrer Partnerin adoptieren wollte. Die österreichischen Gerichte hatten dies abgelehnt. Der EGMR sah in der Ungleichbehandlung der beiden Frauen im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Keine Ungleichbehandlung liege allerdings im Vergleich zu verheirateten Paaren vor, denen die Adoption des leiblichen Kindes ihres Partners erlaubt sei, referiert lto.de das Urteil.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Diskussion - doppelte Staatsbürgerschaft: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger möchte die Erlangung der doppelten Staatsbürgerschaft für Einwanderer leichter machen, meldet die FAZ. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt habe dagegen dem "Münchner Merkur" gegenüber kundgetan, dass die deutsche Staatsbürgerschaft "kein Ramschartikel [sei], den man billig verscherbelt". Nach geltendem Recht müssen hier geborene Kinder von Nicht-EU-Bürgern bis zum 23. Lebensjahr nachweisen, dass sie die ausländische Staatsbürgerschaft aufgegeben haben, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft behalten wollen.
Diskussion - Insolvenz von Konzernen: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schlägt ein Gesetz vor, nach dem die Einführung eines "Koordinierungsverwalters" geplant ist, der bei der Insolvenz ganzer Konzerne das Vorgehen der einzelnen Insolvenzverwalter aufeinander abstimmt, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Darin soll auch das zuständige Gericht bei parallelen Verfahren festgelegt werden.
Gesetzentwurf - Werkverträge: Die SPD hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um das angebliche Lohndumping mit Hilfe outgesourcter Mitarbeiter zu unterbinden, berichtet die FAZ. Unternehmen griffen immer häufiger auf diese Rechtsform zurück, da die Leiharbeit durch strenge Regeln immer unattraktiver werde. Geplant sei eine Vermutungsregel für Werkverträge, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Diskussion - Leiharbeit: Anlässlich des Skandals wegen der katastrophalen Arbeitsbedingungen bei Amazon gibt die FAZ (Sven Astheimer/Philipp Krohn) einen Überblick über die Entwicklung der Diskussion um Leiharbeitnehmer, angefangen beim Skandal um Niedriglöhne bei Schlecker. Nun werden wieder alte Forderungen laut; so spreche sich Hubertus Heil (SPD) für die Wiedereinführung des Verbots einer Synchronisation bei der Zeitarbeitsfirma von Beschäftigungs- und Einsatzdauer aus. Auch die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohn werde teilweise wieder gefordert: Schleswig- Holstein will nun im Bundesrat eine Gesetzesinitiative dazu einbringen.
Weitere Themen – Justiz
BVerwG - Auskunftsanspruch der Presse: Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet heute, ob Bundesbehörden durch landesrechtliche Pressegesetze zur Auskunft verpflichtet werden können. Kläger ist der Bild-Journalist Hans-Wilhelm Saure. Er wollte vom Bundesnachrichtendienst (BND) Informationen über die nationalsozialistische Vergangenheit des Dienstes haben. Der BND verweigerte die Auskunft. Das Bundesinnenministerium formulierte in einer Stellungnahme, § 4 des Berliner Pressegesetzes, der den Medien einen Auskunftsanspruch gegen Behörden einräumt, gelte für Landes-, nicht aber für Bundesbehörden. Diese Rechtsansicht stützte sich maßgeblich auf einen Aufsatz von Jan Hecker, den ehemaligen Ministerialrat im Bundesinnenministerium, der inzwischen Richter am Bundesverwaltungsgericht ist - und über die Klage zu entscheiden hat, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch) auf ihrer Medienseite. Die SZ (Nico Fried) gibt dort auch einen Überblick über aktuelle Urteile zum Auskunftsanspruch.
BGH zu Sicherungsverwahrung: Der Bundesgerichtshof hat den Maßstab für die Anordnung einer Sicherungsverwahrung für Sexualstraftäter präzisiert. Kindesmissbrauch könne Anlasstat auch dann sein, wenn sie nicht mit Gewalt verbunden ist, berichtet spiegel.de.
BGH zu Aufsichtsratswahlen: Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage gegen die Wahl des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft entfällt auch nicht bei Rücktritt des Aufsichtsrats, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) laut lto.de.
BAG zur Teilzeitregelung: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass einvernehmliche Elternteilzeitregelungen nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen sind, meldet lto.de.
LG Frankenthal zu Missbrauch: Das Landgericht Frankenthal hat den Angestellten eines Eissportvereins wegen jahrelangen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in 121 Fällen zu sechs Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Er habe die Unerfahrenheit seiner elf bis 15 Jahre alten Opfer ausgenutzt, zitiert die SZ den Vorsitzenden Richter Michael Wolpert.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Südafrika - Oscar Pistorius vor Gericht: Der südafrikanische Athlet, der als Leichtathlet mit Beinprothesen mehrere Medaillen gewonnen hatte, hat seine 29jährige Freundin getötet. Pistorius behauptet, er habe diese für einen Einbrecher gehalten, die Staatsanwaltschaft plädiert auf Mord in einem minder schweren Fall, berichtet die SZ (Tobias Zick).
IStGH - Verfahren gegen Gbagbo eröffnet: In Den Haag hat vor dem Internationalen Strafgerichtshof das Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten der Elfenbeinküste begonnen. Die Richter müssen zunächst in dem Vorverfahren entscheiden, ob die wegen des Vorwurfs der indirekten Beteiligung an Kriegsverbrechen erhobenen Beweise für einen Prozess ausreichen, meldet die FAZ.
Sonstiges
Reichweite journalistischer Zeugnisverweigerungsrechte: lto.de (Pia Lorenz/Martin W. Huff) analysiert den Anwendungsbereich des Zeugnisverweigerungsrecht im Strafprozess für Journalisten im Zeitalter des Internet. Anlass ist ein Beschluss des Amtsgerichts Duisburg, das einem Mitarbeiter des Online-Portals MedizInfo Beugehaft angedroht hatte, weil dieser die Herausgabe von Daten eines Nutzers verweigerte, gegen den wegen übler Nachrede ermittelt wurde. Die Verfasser beschäftigen sich insbesondere mit der Frage, ob der Mitarbeiter des Onlineportals an journalistischen Tätigkeiten im Sinne des § 53 StPO mitgewirkt hat.
Das Letzte zum Schluss
Wilder Westen in Brüssel: Am Montagabend gelang acht als Polizisten verkleideten Gangstern möglicherweise der Coup des Jahres, berichtet die SZ (Javier Cáceres). Schwerbewaffnet rasten sie in dunklen Fahrzeugen über das Rollfeld des Brüsseler Flughafens direkt auf einen Panzerwagen des Sicherheitsdienstes Brick‘s zu. Mit Maschinengewehren drohend erzwangen sie die Herausgabe von 120 Päckchen mit Rohdiamanten und rasten anschließend mit der Beute und blauem Signallicht davon. Es fiel kein einziger Schuss, die Aktion dauerte nur wenige Minuten.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/as
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 20. Februar 2013: Grünes Licht für Regenbogenfamilie – Sicherungsverwahrung bei Kindesmissbrauch – Gangster-Coup am Brüsseler Flughafen . In: Legal Tribune Online, 20.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8182/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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