Die juristische Presseschau vom 19. September 2017: Unter­las­sene Hil­fe­leis­tung bestraft / Unab­hän­gig­keit durch Refe­rendum / Redak­ti­on für Rechts­sprache

19.09.2017

Ein Essener Amtsgericht urteilt zu einem aufsehenerregenden Fall unterlassener Hilfeleistung. Außerdem in der Presseschau: Unabhängigkeitsreferenden in Katalonien und Irakisch-Kurdistan und Redaktionsstab für verständliche Gesetzestexte.

 

 

Thema des Tages

AG Essen-Borbeck zu unterlassener Hilfeleistung: Verroht unsere Gesellschaft? Am 3. Oktober des vergangenen Jahres stürzte ein Rentner im Vorraum einer Essener Bankfiliale. Videoaufzeichnungen belegten, dass vier Kunden an dem bald darauf Sterbenden vorbeigingen, ohne Hilfe zu holen. Das Amtsgericht Essen-Borbeck verurteilte nun zwei Männer und eine Frau wegen unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen von 80 bzw. 90 Tagessätzen. Ein weiterer Bankkunde ist gegenwärtig verhandlungsunfähig. In der mündlichen Urteilsbegründung stellte das Gericht darauf ab, dass nach sachverständiger Begutachtung nicht feststehe, dass der Verstorbene bei früherer notärztlicher Versorgung überlebt hätte. Über das Verfahren berichten u.a. spiegel.de (Christian Parth) und SZ (Christian Wernicke).

Rechtspolitik

Trennungsväter/Umgangsrecht: Am morgigen Mittwoch will die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Katarina Barley (SPD) ein Konzept zur steuerlichen Entlastung sogenannter Trennungsväter vorstellen. Dies könne etwa durch eine steuerliche Berücksichtigung von Betreuungsanteilen bei Vätern, die Kinder nach einer Trennung teilweise betreuen, erreicht werden, schreibt die SZ (Constanze von Bullion) exklusiv. Im Gespräch mit Familienrechtsexperten sollten zudem Kriterien einer Reform des Unterhalts- und Umgangsrechts diskutiert werden. Nach Vorstellung der Ministerin könnte vor gerichtlichen Trennungsauseinandersetzungen eine Beratung verpflichtend sein. In einem separaten Kommentar begrüßt Constanze von Bullion (SZ) dies als Versuch, "das kontaminierte Feld des Unterhalts- und Umgangsrechts neu" zu bestellen, der auch durch vorhandene wahlkämpferische Erwägungen nicht entwertet werde. Keinesfalls dürfe aber eine "Besserstellung der Väter" zu einer "Schlechterstellung der Mütter" werden.

Pkw-Maut: Aus einer dem Hbl (Daniel Delhaes/Till Hoppe) vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion ist zu entnehmen, dass der im vergangenen Dezember verkündete Kompromiss mit der EU-Kommission nicht weiterverfolgt wird. Das erwogene europäische Mautsystem finde, soweit damit eine streckenbasierte Abrechnung verbunden ist, seitens der Bundesrepublik keine Unterstützung.

Verbraucherschutz: In einem Kommentar beschreibt Timo Kotowski (FAZ) "zwei Seiten" von Verbraucherschutz. Während es "äußerst sinnvoll" und gut sei, dass Veranstalter von Karibik-Reisen Notfallpläne für Evakuierungen bei Unwettern wie jüngst in der Gegend bereithielten, "gilt der Verbraucherschutz für die Falschen", wenn, wie mutmaßlich in Großbritannien geschehen, simple Behauptungen über verdorbenes Essen bei All-Inclusive-Anbietern "Entschädigungen auf Kosten der rechtschaffenen Mehrheit" bewirkten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. September 2017: Unterlassene Hilfeleistung bestraft / Unabhängigkeit durch Referendum / Redaktion für Rechtssprache . In: Legal Tribune Online, 19.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24579/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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