Die juristische Presseschau vom 19. Juni 2012: BVerfG entscheidet zu ESM - Buback-Prozess - Menschenwürde von Flüchtlingen

19.06.2012

Heute urteilt das Bundesverfassungsgericht über die Beteiligungsrechte des Bundestages bei Entscheidungen zum Euro-Rettungsschirm ESM.  Außerdem: Im RAF-Prozess um den ermordeten Generalbundesanwalt Buback fordert der Vertreter der Nebenklage eine lebenslange Freiheitsstrafe für Verena Becker,  die Menschenwürde von Flüchtlingen und ein nackter Schlafwandler.

BVerfG zum ESM: Das Bundesverfassungsgericht wird heute über eine Klage  der Grünen zum Euro-Rettungsschirm ESM und zum so genannten Euro-Plus-Pakt entscheiden, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch). In dem Verfahren gehe es um die Frage, ob Informationsrechte des Bundestages verletzt sind und inwieweit der Bundestag in europäische Entscheidungen eingebunden werden muss.

Die FAZ (Phillip Pflickert/Werner Mussler/Joachim Jahn) beleuchtet die Hintergründe des ESM in einer ausführlichen Reportage und geht unter anderem der Frage nach, ob der Euro-Rettungsschirm mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Weiter liefert die FAZ (Reinhard Müller) einen Bericht anlässlicher der Entscheidung zur bisherigen Rolle des Verfassungsgerichts: Manches Regierungsmitglied sei von den Richtern "zur Weißglut getrieben worden".

Es befasst sich auch der Verfassungsblog (Max Steinbeis) mit der anstehenden Entscheidung und leitet zur für Mittwoch angesetzten Verhandlung vor dem BVerfG zum Asylbewerberleistungsgesetz über.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Bundesbank zu Schuldentilgungsfonds: Die Bundesbank hat sich gegen die Einführung eines Schuldentilgungsfonds ausgesprochen, berichtet das Handelsblatt (Norbert Häring). Ein solcher Fond bedeute eine Gemeinschaftshaftung und sei nur dann möglich, wenn die Nationalstaaten in beträchtlichem Umfang Souveränität über ihre Finanzpolitik aufgeben würden, so die Bundesbank in ihrem am Montag vorgestellten Monatsbericht. Laut FAZ (Stefan Ruhkamp) ist die Vereinbarkeit mit der deutschen Verfassung nach Ansicht der Bundesbank fraglich.

Facebook-Datenschutzbedingungen: Mit der umstrittenen Änderung der Facebook-Datenschutzbedingungen beschäftigt sich lto.de. Die Form der Veröffentlichung der neuen Vertragsbestimmungen durch das soziale Netwerk ändere nichts daran, dass die betreffenden Regelungen zumindest deutschen Nutzern gegenüber aus Gründen des Verbraucherschutzes unwirksam seien.

Ewer-Interview: Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins Wolfgang Ewer erläutert in einem kurzen Interview mit der FTD, warum die Anwaltsgebühren erhöht werden sollen.

Polizei auf Facebook: Das niedersächsische Landeskriminalamt fahndet ab sofort mit einer eigenen Facebook-Seite nach Kriminellen und Vermissten, meldet die taz. Die Bedenken von Datenschützern seien nach Auffassung des niedersächsischen Innenministers ausgeräumt, weil die Daten "ausschließlich auf Servern des Landes" gespeichert würden.

Steuersatz für Spitzenverdiener: Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping hat mir ihrem Vorschlag für Wirbel gesorgt, die Einkünfte von Spitzenverdienern auf 40.000 Euro im Monat zu begrenzen. Mit den juristischen Aspekten dieses Vorschlags beschäftigt sich die FAZ (Joachim Jahn/Manfred Schäfers).

Weitere Themen - Justiz

BVerfG zum Asylrecht: Am Mittwoch wird sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, ob die Menschenwürde von Flüchtlingen hinreichend gewährleistet ist. Wie die FR (Bettina Vestring) berichtet, hat das Landessozialgericht NRW das Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig gehalten und Karlsruhe zur Prüfung vorgelegt. Nach dem Gesetz erhielten Flüchtlinge, die ihre Leistungen bar ausgezahlt bekommen, etwa 40 Prozent weniger Geld als Hartz-IV-Empfänger.

ÖDP am BVerfG:
Mit der Klage der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) vor dem Bundesverfassungsgericht setzt sich die taz (Christian Rath) auseinander. Die ÖDP wolle gegen die so genannte verschleierte Parteienfinanzierung vorgehen und argumentiere, die Mittelvergabe an Fraktionen, Abgeordnete und politische Stiftungen benachteilige kleinere Parteien wie die ÖDP.

BVerfG zum BGH-Doppelvorsitz: Die FTD (Benno Stieber) schildert auf der Seite "Recht" den kürzlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgericht zum BGH-Doppelvorsitz und spekuliert, der "Beförderungsstreit" am Bundesgerichtshof werde weiter eskalieren. Die Entscheidung des BVerfG habe "das Klima in der Karlsruher Herrenstraße nicht verbessert" und "den Streitparteien noch nicht einmal eine Verschnaufpause verpasst".

BGH zur Rechtsform von Unternehmen: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann die Falschbezeichnung der Rechtsform eines Unternehmens zur persönlichen Haftung nach § 179 BGB führen, so Ulrich Noack auf dem Handelsblatt Rechtsboard. Im konkreten Fall sei der beklagte Dachdecker Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft gewesen, habe sich nach außen aber als "GmbH uG (i.G.)" präsentiert und damit den Rechtsschein erweckt, mit einer GmbH zu kontrahieren.

AG München zu EC-Karten Diebstahl:
Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München besteht kein Anspruch auf Stornierung, wenn zeitnah nach dem Diebstahl einer EC-Karte unter Verwendung dieser Karte und der richtigen PIN-Nummer an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben wird. Dann spreche der erste Anschein dafür, dass der Karteninhaber die PIN-Nummer auf der Nummer notiert oder gemeinsam verwahrt habe, meldet lto.de.

OLG Düsseldorf zu Gasversorger-Verträgen: Wie lto.de knapp meldet, haben Gaskunden vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einen Erfolg gegen einen Gasversorger errungen. Nach Ansicht des OLG verstießen einige Formvorschriften, die in einer für Gas-Kunden im Regelfall geltenden Verordnung geregelt seien, gegen das Europarecht.
 
Plädoyers im Becker-Prozess: Im RAF-Prozess um den Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback hat ein Anwalt der Nebenklage gefordert, Verena Becker als Mittäterin zu verurteilen, berichtet die SZ. Es gebe eine Reihe von Indizien, die dafür sprechen, dass Becker selbst die Schützin des Mordanschlags im Jahr 1977 war, habe Nebenklagevertreter Matthias Rätzlaff am Montag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erklärt. Damit gehe die Nebenklage über die Forderung der Bundesanwaltschaft hinaus, die vergangene Woche eine Verurteilung zu viereinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe beantragt hatte. Die FTD informiert ebenfalls.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Norwegen - Breivik-Prozess: Die FAZ (Sebastian Balzter) berichtet ausführlich vom Prozess gegen  Anders Behring Breivik. In der letzten Verhandlungswoche gehe es im "Duell der Gutachter" nun allein um die Frage, ob Breivik zurechnungsfähig war oder nicht. Welchem der beiden divergierenden Gutachten sich die Staatsanwaltschaft in ihrem für Donnerstag angesetzten Plädoyer anschließen wird, sei noch offen.

Das Letzte zum Schluss

Nackte Tatsachen: Ein nackter Schlafwandler hat die Polizei auf Trab gehalten – wie die Welt knapp meldet, sei der Mann splitterfasernackt  aus seiner Wohnung spaziert und habe sich dabei selbst ausgesperrt. Die alarmierten Beamten halfen dem Schlafwandler aus seiner Not und fuhren den Ausgesperrten schließlich zu einer Freundin, die einen Zweitschlüssel hatte.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/lp

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Juni 2012: BVerfG entscheidet zu ESM - Buback-Prozess - Menschenwürde von Flüchtlingen . In: Legal Tribune Online, 19.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6420/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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