Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. März 2012: Gaucks Wahlverfahren – Schäubles Machtwort – Feuerwehrmanns Irrsinn

19.03.2012

Jetzt haben wir wieder einen Präsidenten und hoffen, dass Gauck mit dem Rücktritt zumindest solange wartet, bis das Bundesverfassungsgericht endlich die offenen Fragen zum Wahlverfahren geklärt hat. Außerdem in der Presseschau: Viel Streit um die Diskriminierung von Homosexuellen und ein Brandstifter, der wohl mal wieder der Feuerwehrmann war.

Bundespräsidentenwahl: Gestern hat die Bundesversammlung Joachim Gauck als neuen Bundespräsidenten gewählt. Schon lange gibt es allerdings Zweifel daran, ob die Bundesversammlung richtig zusammengesetzt ist. Es geht dabei um die Zulässigkeit von Einheitslisten bei der Bestimmung von Wahlmännern und –Frauen durch die Landtage.

Rechtsprofessor Joachim Wieland erklärt auf lto.de den Streit und warum die Zweifel nicht berechtigt sind. Die Badische Zeitung (Christian Rath) erläutert, warum das Bundesverfassungsgericht noch immer nicht über den Streit entschieden hat. Die Richter seien jedes Mal aufs Neue von den Rücktritten in Bellevue überrascht.

Ehrensold: Im Streit um die Ruhebezüge von Vorgänger Christian Wulff hat der Verwaltungsrechtler Hans Herbert von Arnim jetzt eine Online-Monographie vorgelegt, die spiegel.de (Dietmar Hipp) in Thesen zusammenfasst. Ergebnis: Die Bewilligung des Ehrensold sei "rechtswidrig gewesen und müsse unter dem neuen Bundespräsidenten zurückgenommen werden."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Datenschutz: Heribert Prantl (Samstags-SZ) erklärt in einem längeren Beitrag, warum eine Gesellschaft, die freizügig mit Daten umgeht, damit nicht das Recht auf Datenschutz verwirkt hat. "Wer sein Fenster aufmacht, erteilt nicht die Erlaubnis, bei ihm einzusteigen und die Wohnung auszuräumen."

Kirchenlasten: Die FAZ (Robert von Lucius) berichtet von den "Essener Gesprächen zum Thema Staat und Kirche". Diesmal ging es um den Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. Die Linkspartei habe bereits auf verschiedenen Ebenen Anträge dazu eingebracht. Das Land Hessen sei Vorreiter.

Weitere Themen - Justiz

BGH zu Sachs-Plakatsammlung: Der Bundesgerichtshof hat den Erben des von den Nazis enteigneten jüdischen Kunstsammlers Hans Sachs einen Anspruch gegen das Deutsche Historische Museum zugesprochen. Diese könnten die Herausgabe der Plakatsammlung verlangen. Eine gesetzliche Frist sei zwar verstrichen, dies müsse aber ignoriert werden, weil die Sammlung zwischenzeitlich verschollen war. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) stellt das Urteil im Feuilleton dar.

BGH zu Produktpiraterie: Im Streit um möglicherweise gefälschte Converse-Turnschuhe hat der BGH laut lto.de differenzierte Beweisregeln aufgestellt und den Fall dann an die Vorinstanz zur Klärung des Sachverhalts zurückverwiesen.

OLG Hamburg zu Sharehostern: Ein Hostserver haftet für urheberrechtswidrig hochgeladene Inhalte, wenn gleichzeitig Links zum illegalen Download im Internet kursieren. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht Hamburg. Thomas Stadler stellt auf internet-law.de den Streitstand und die Kritik an der Hamburger Entscheidung dar.

LG Köln zu Bonusmeilen: Die Lufthansa hat angesammelte Bonusmeilen von Vielfliegern unzulässigerweise entwertet, weil das Bonusprogramm Ende 2010 nur mit einem Monat Frist geändert wurde. Die Fluggesellschaft hätte mindestens vier Monate warten müssen. Über dieses Urteil des Landgerichts Köln berichtet u.a. spiegel.de.

Parteijugend-Finanzierung: Auf lto.de kritisiert Rechtsprofessor Winfried Kluth das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass es derzeit für die Finanzierung von parteinahen Jugendverbänden keine gesetzliche Grundlage gibt. Die Richter hätte daher durchaus über die Zweifel an der Verfassungstreue des Jugendverbandes der Linkspartei entscheiden können.

Demjanjuk-Revision erledigt: Der vom Oberlandesgericht München als KZ-Wachmann verurteilte John Demjanjuk starb 91-jährig in einem bayerischen Pflegeheim. fr-online.de zitiert den Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums, nun werde das OLG-Urteil rechtsgültig. "Damit sei es erstmals möglich, gegen Hunderte ehemalige KZ-Wärter und -Folterer vorzugehen, ohne ihnen zuvor ein bestimmtes Verbrechen nachweisen zu müssen." Udo Vetter (lawblog) betont dagegen, durch Demjanjuks Tod werde das Urteil gerade nicht rechtskräftig.

Homo-Diskriminierung im Steuerrecht: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) blockiert eine Einigung der obersten Finanzbeamten von Bund und Ländern. Das berichtet der SpiegelGemäß der Einigung hätten eingetragene homosexuelle Paare bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Splitting-Vorteile vorläufig nutzen können.

Homo-Diskriminierung im Verein: Ein katholischer Schützenverband hatte beschlossen, dass ein schwuler Schützenkönig bei öffentlichen Auftritten nicht gemeinsame mit seinem Partner repräsentieren darf. Der Vereinsrechtler Dirk-Ulrich Otto stellt auf lto.de fest, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hier nicht anwendbar ist und der Beschluss nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder verstößt: Aus katholischer Sicht bestehe nämlich ein sachlicher Grund.

Homo-Diskriminierung bei der Wahl: Vor der OB-Wahl in Bischofswerda tauchten Flugblätter auf, mit denen ein Kandidat als Homosexueller geoutet wurde. Das sächsische Oberverwaltungsgericht sah darin eine "gesetzwidrige Wahlbeeinflussung" und gab einer Wahlbeschwerde statt. zeit.de (Martin Machowecz) erzählt die ganze Geschichte.

Haircut-Klagen: Die FAS (Melanie Amann) beleuchtet auf ihrer Geld-Seite mögliche Klagegründe und Klagegegner von deutschen Anlegern, die durch die griechische Umschuldung Nachteile erlitten haben. Auch die Klageaussichten werden differenziert dargestellt.

ACTA-Transparenz:  netzpolitik.org (Markus Beckedahl) und die Montags-taz (Christian Rath) stellen die Auseinandersetzung um die Herausgabe von Informationen zu den ACTA-Verhandlungsrunden dar. Das Justizministerium lehnte dies ab, weil es zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen könne.

Weitere Themen - Recht in der Welt

US-Urteil gegen tödliches Mobbing: In den USA hatte ein Student seinen schwulen Mitbewohner heimlich beim Sex mit einem anderen Mann gefilmt und das Material ins Netz gestellt. Der gefilmte Student sprang von einer Brücke. Ein Geschworenengericht sprach nun den Mobber in 19 Punkten schuldig, u.a. wegen Einschüchterung aufgrund der sexuellen Orientierung, berichtet spiegel.de.

Indisches Urteil zu Pharmapatenten: Ein Patentgericht in Indien hat entschieden, dass ein indischer Generika-Hersteller ein teueres Krebsmittel der deutschen Firma Bayer nachahmen darf. Bayer wurde zur Erteilung einer eher billigen Zwangslizenz verurteilt, berichtet die Samstags-SZ (Helga Einecke).

Das Letzte zum Schluss

Helfer mit Komplex: Im bayerischen Kurort Bad Griesbach ging ein Feuerteufel um. An Weihnachten brannten zehn Autos in zwei Hotelgaragen, im Januar brannte ein leerstehendes Haus. Jetzt wurde laut bild.de (Hubert Denk) ein Verdächtiger Inhaftiert. Er ist Polizist und Mitglied der Feuerwehr.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. März 2012: Gaucks Wahlverfahren – Schäubles Machtwort – Feuerwehrmanns Irrsinn . In: Legal Tribune Online, 19.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5807/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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