Der heute beginnende 69. Deutsche Juristentag ist das bestimmende Thema des Tages. Außerdem in der Presseschau: der mögliche Schöpfer des neuen Bundestagswahlrechts, die Debatte um ein Vorführungsverbot des Mohammed-Films, Investitionsschutzabkommen vor dem BGH, das britische Königshaus im Kampf gegen Nacktbilder – und ein Geschenk, das (eigentlich) gar keines war.
Deutscher Juristentag: Anlässlich des heute in München beginnenden 69. Deutschen Juristentags stellt der Vorsitzende der Ständigen Deputation Martin Henssler auf lto.de das Programm der Versammlung vor und erläutert die rechtspolitische Bedeutung und Geschichte dieser "weltweit einzigartigen" Veranstaltung.
SZ und FAZ widmen dem Juristentag jeweils eine Themenseite. Bei der SZ finden sich ein Interview mit Martin Henssler (Wolfgang Janisch) und eine Auseinandersetzung mit dem Thema der zivilrechtlichen Abteilung, der Reform des Verbraucherrechts (Wolfgang Janisch). Außerdem beschäftigt sich Heribert Prantl mit den Planungen für ein "Gemeinsames Europäisches Kaufrecht", das "wie ein Damoklesschwert" über dem deutschen Kaufrecht schwebe. Die FAZ wartet mit einem Interview mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Joachim Jahn/Reinhard Müller) und einer nach Rechtsgebieten gegliederten Vorstellung der Themenschwerpunkte der Tagung auf.
Mit "Möglichkeiten und Grenzen für staatliche und halbstaatliche Eingriffe in die Unternehmensführung", dem Thema der wirtschaftsrechtlichen Abteilung, beschäftigt sich das Handelsblatt-Rechtsboard (Ulrich Noack).
Weitere Themen – Rechtspolitik
Weltpatent: Vor dem Hintergrund weltweiter Patentstreitigkeiten vor immer anderen nationalen Gerichten beschäftigt sich der Rechtsanwalt Philipp Cepl auf lto.de mit der Idee eines weltweit gültigen Patents und eines Weltpatentgerichts. Während auf EU-Ebene die Einführung eines Gemeinschaftspatents schon weit fortgeschritten sei, seien die weltweiten Umsetzungschancen eher gering – bislang gebe es nur Verträge über patentrechtliche Mindeststandards.
Wahlrechtsreformer: Die SZ (Robert Rossmann) porträtiert den Augsburger Mathematiker Friedrich Pukelsheim und seinen Vorschlag für ein neues Bundestagswahlrecht, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen und sowohl Überhangs- als auch Ausgleichsmandate vermeiden soll.
EU-Frauenquote: Die von EU-Justizkommissarin Viviane Reding vorgeschlagene EU-weite Frauenquote steht vor dem Aus: Wie die SZ (Cerstin Gammelin) berichtet, wollen Großbritannien, die Niederlande und sieben weitere Staaten das Vorhaben blockieren.
Caroline Ischinger (SZ) kritisiert dies und meint es sei falsch zu glauben, dass die vorgeschlagene Aufsichtsrat-Quote "nur ganz wenigen Frauen etwas bringen würde".
Weitere Themen – Justiz
Mohammed-Film: Christian Rath (ksta.de) setzt sich mit den staatlichen Eingriffsmöglichkeiten gegen eine Ausstrahlung des umstrittenen Mohammed-Films auseinander. Strafrechtlich ein Grenzfall, sei ein gefahrenabwehrrechtliches Vorgehen gegen die Ausstrahlung aber wohl möglich. Trotzdem sollte die Politik lieber mit distanzierenden Worten und nicht mit Verboten reagieren.
Auch blog.beck.de (Marc Liesching) nimmt mögliche Rechtsgrundlagen in den Blick, die Welt (Thorsten Jungholt) fragt "Was ist in Deutschland rechtlich erlaubt?". Die SZ (Heribert Prantl) beschäftigt sich grundsätzlich mit der Strafbarkeit der Religionsbeschimpfung, die nur "in engen Grenzen" gegeben sei.
Einen umfassenden Überblick über die Verbotsdebatte gibt die FAZ (Günter Bannas/Reinhard Müller/Friedrich Schmidt/Reiner Burger), einen Blick auf die Haltung gerade der muslimischen Verbände wirft die taz (Jannis Hagmann).
BGH – Investitionsschutzabkommen: Der Bundesgerichtshof muss sich damit auseinandersetzen, ob völkerrechtliche Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Staaten zulässig sind oder von Unionsrecht verdrängt werden. Hintergrund ist ein Streit zwischen der Slowakei und dem niederländischen Versicherungskonzern Eureko. Die FTD (Daniel Schönwitz) berichtet ausführlich auf ihrer "Recht"-Seite und erläutert die Bedeutung und Funktion von Investitionsschutzabkommen.
BFH zu Rückstellungen: Als "Urteil der Woche" stellt der Steuerberater Marc Krischer auf der "Recht"-Seite der FTD ein Urteil des Bundesfinanzhofs von Juni vor. Danach dürfen Großbetriebe auch dann gewinnmindernde Rückstellungen für eine bevorstehende Betriebsprüfung bilden, wenn diese noch nicht angeordnet worden ist.
LG Augsburg – Schreiber-Prozess: Von der Neuauflage des Strafprozesses gegen den Lobbyisten und Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber wegen Bestechung und Steuerhinterziehung vor dem Augsburger Landgericht berichtet die SZ (Hans Holzhaider). Ein erstes Urteil aus dem Jahr 2010, das ihn der Steuerhinterziehung für schuldig und der Bestechung wegen Verjährung für unschuldig befunden hatte, war vom Bundesgerichtshof auf die Revision von Verteidigung und Staatsanwaltschaft hin aufgehoben worden.
StA Landshut – Elternmord-Vertuschung: Die Staatsanwaltschaft Landshut hat gegen eine 18-Jährige Anklage wegen Strafvereitelung erhoben. Sie hatte ihrem Freund geholfen, dessen Mord an ihren Eltern zu vertuschen. Die SZ (Annette Rammelsberger) berichtet über die "Geschichte eines Rätsels". Letzteres werde die Angeklagte bleiben, auch weil zu ihrem Schutz die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen wurde.
Couchsurfer-Daten: Mit der anstehenden Änderung der Nutzungsbedingungen des Übernachtungs-Netzes couchsurfing.org und deren Vereinbarkeit mit dem Bundesdatenschutzgesetz beschäftigt sich blog.beck.de (Axel Spies).
AG Düsseldorf zu polizeilicher E-Mail-Konto-Kaperung: Die Polizei darf das E-Mail-Konto eines Beschuldigten zwar zeitweise zum Schutz vor Manipulationen abschotten, ihn aber nicht dauerhaft von der Nutzung ausschließen. Nach einer "vertretbaren Zeit" müsse das Konto wieder freigegeben werden, fasst lawblog.de (Udo Vetter) einen Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf zusammen.
Zweifelhafte Pass-Kontrollen: Die Bundespolizei überprüft bei Flügen aus Griechenland regelmäßig die Ausweispapiere der Fluggäste. Die Vereinbarkeit dieser Praxis mit dem Schengen-Übereinkommen sei fraglich, berichtet die taz (Caroline Wenzel).
Glücksspielstaatsvertrag: Corinna Budras (FAZ) kritisiert die zögerliche Liberalisierung des Glücksspielmarkts durch die Bundesländer. Nachdem sich diese sich endlich zu einem neuen Glücksspielstaatsvertrag durchgerungen hatten, erschwerten sie nun durch "ein Gestrüpp von unterschiedlichen Ausführungsvorschriften" die Konzessionierung privater Anbieter.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Großbritannien/Frankreich – Nacktbilder: Das britische Königshaus geht mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Veröffentlichung von Oben-ohne-Bildern der Prinzengattin Kate durch das in Frankreich erscheinende Klatschmagazin Closer vor. Nach einem Bericht der FAZ (Michaela Wiegel) stellte es bei einem Gericht im französischen Nanterre einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und erstattete Strafanzeige gegen den noch unbekannten Fotografen.
USA gegen China – WTO-Streit: Die USA verklagen China wegen angeblicher Exportsubventionen in der Automobilindustrie vor der Welthandelsorganisation WTO. Damit verschärfe sich der Handelsstreit zwischen den beiden Ländern, meint die FTD (Thorsten Schröder) und gibt einen Überblick über weitere Streitpunkte.
Indien – Bayer unterliegt: Der Pharmakonzern Bayer ist in Indien mit seinem Eilantrag gegen den Verkauf einer Krebsmedikamentenkopie gescheitert. Über den "Patentstreit mit Grundsatzcharakter", der "international Wellen" schlage, berichtet die FTD (Klaus Max Smolka).
Griechenland – Richterstreik: Richter und Staatsanwälte sind in Griechenland neben anderen Bediensteten des Öffentlichen Dienstes in Streik getreten. spiegel.de berichtet.
Das Letzte zum Schluss
Geschenkte Nutzung: Da bekommt man ein Cabrio mit Schleife drum inklusive Schlüssel von seiner Freundin geschenkt – und soll es nach der Trennung nicht behalten dürfen? So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – geschenkt werden sollte nämlich nur die Nutzung des Fahrzeugs, nicht dessen Eigentum. Über einen der eher kurioseren "AT-Fälle" berichtet der Blog Quinta Essentia.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. September 2012: Juristentag-Auftakt in München – Diskussion über Filmverbot – Königshaus gegen Nacktbilder . In: Legal Tribune Online, 18.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7103/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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