Die juristische Presseschau vom 18. Juli 2017: Ver­samm­lung Nazi-Kon­zert / Beweis­mittel Dashcam / Rechts­staat Polen?

18.07.2017

Justiz

EGMR – Deniz Yücel: Zu der von Deniz Yücel beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unter anderem wegen eines Verstoßes gegen das Folterverbot und das Verbot unmenschlicher Behandlung eingelegten Individualbeschwerde wird die Bundesregierung eine Stellungnahme abgeben. Die Forderung nach einem rechtsstaatlichen Verfahren solle dabei sehr deutlich gemacht werden, hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der Welt erklärt.

BVerfG zu "ACAB": Den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu den Voraussetzungen einer strafbaren Beleidigung von Polizisten durch Verwendung des Kürzels "ACAB" von Mitte Juni liest sich für Udo Vetter (lawblog.de) als "Gebrauchsanweisung" für Polizisten, "sofern sich diese beleidigt fühlen wollen". Im zugrunde liegenden Strafurteil sei hinreichend genau beschrieben worden, "was auf jeden Fall in einer ACAB-Anzeige drin zu stehen hat".

OLG Stuttgart zu Dashcam: Als erstes Obergericht hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Schadensersatzstreit die Bilder einer sogenannten Dashcam als zulässiges Beweismittel herangezogen. Der Eingriff in die Privatsphäre Gefilmter sei relativ gering, gibt die SZ (Wolfgang Janisch) das Gericht wieder. Zudem müsse im öffentlichen Raum jedermann damit rechnen, gefilmt oder fotografiert zu werden. Zu einer Prüfung durch den Bundesgerichtshof werde es nicht kommen, da sich die Parteien schließlich vergleichsweise geeinigt hätten.

LG Stuttgart – Schlecker: Im Verfahren gegen Anton Schlecker und seine Kinder wurde vor dem Landgericht Stuttgart der Insolvenzverwalter des Unternehmens vernommen. Dabei wurden nach den Berichten von SZ (Stefan Mayr) und Hbl (Martin Buchenau) in einiger Ausführlichkeit erarbeitete und schließlich gescheiterte Rettungsszenarien vorgestellt. Der Zeuge beschrieb zudem die Vergleichsvereinbarung mit der Schlecker-Familie aus dem November 2012, durch den die jetzigen Angeklagten rund zehn Millionen Euro an ihn zurückzahlten. Der Firmen-Patriarch sei auf jeden Fall "unvorbereitet" in die Insolvenz gegangen.

LG Frankfurt/M.  Lasermann: Auch die SZ (Susanne Höll) berichtet nun über den Fall des als Lasermann bekannt gewordenen schwedischen Rechtsextremen, der nach Ansicht der Staatsanwaltschaft im Jahr 1992 in Frankfurt eine Garderobenfrau erschossen haben soll. Das Landgericht müsse noch über die Eröffnung der Hauptverhandlung entscheiden.

LG Berlin zu BRH-Anträgen: Unter anderem wegen gewerbsmäßigem Betrug und Missbrauchs von Berufsbezeichnungen hat das Landgericht Berlin einen Mann zu annähernd drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, der als vermeintlicher Anwalt selbst gefertigte Beratungshilfeanträge eingereicht hatte. Besonders erfolgreich sei er hierbei nicht gewesen, schreibt bild.de (Karin Hendrich). Nach eigener Darstellung habe er vor allem etwas darstellen wollen. An seinem Plan, Jura zu studieren, halte er fest.

VG Stuttgart – Dieselfahrverbot: Am morgigen Mittwoch verhandelt das Verwaltungsgericht Stuttgart zu einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Luftreinhalteplan der baden-württembergischen Landeshauptstadt aus dem Jahr 2013. Die DUH strebe dabei vor allem Dieselfahrverbote an, erläutert die taz (Christian Rath). Diese seien ursprünglich auch vom beklagten Land erwogen worden. Mittlerweile vertrete man dort aber die Ansicht, dass über die hierdurch praktisch eingerichteten Fahrverbotszonen nur der Bund entscheiden dürfe. Diese Frage beschäftige derzeit auch das Bundesverwaltungsgericht in einem Düsseldorfer Fall. Mit einer Entscheidung in Leipzig sei aber erst Anfang des kommenden Jahres zu rechnen.

AG Luckenwalde – Kopftuch: In einer Scheidungssache vor dem Amtsgericht Luckenwalde hat das Gericht der muslimischen Ehefrau gegenüber verfügt, nicht mit Kopftuch zu erscheinen. Dass dies mit der sitzungspolizeilichen Generalklausel begründet wurde, halten Rechtsprofessor Klaus F. Gärditz und die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Maria Geismann auf lto.de für falsch, weil das Tragen eines Kopftuchs offensichtlich keine Störung der Sitzungsordnung darstelle. Die Anordnung stehe auch im Widerspruch zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine Kopftuch tragende Teilnehmerin nicht aus dem gerichtlichen Zuschauerraum verwiesen werden dürfe. Die dort genannten Maßstäbe müssten erst recht gegenüber der Partei eines Rechtsstreits gelten.

Asylrecht: Auch das Hbl (Heike Anger) berichtet nun über die anhaltend hohe Belastung von Verwaltungsgerichten durch Asylklagen. Jüngste Gesetzesänderungen zur erleichterten Abschiebung von Ausreisepflichtigen hätten keinen merkbaren Rückgang bewirkt, zitiert der Beitrag den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. Juli 2017: Versammlung Nazi-Konzert / Beweismittel Dashcam / Rechtsstaat Polen? . In: Legal Tribune Online, 18.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23458/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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