Die juristische Presseschau vom 18. Mai 2016: LG Ham­burg zu Böh­m­er­mann / Auf­nahmen von his­to­ri­schen Pro­zessen / Fischer als Lite­ra­tur­kri­tiker

18.05.2016

Das LG Hamburg hat eine einstweilige Verfügung wegen Böhmermanns Gedicht erlassen. Außerdem in der Presseschau: Maas will Aufnahme historisch bedeutender Prozesse erlauben und Thomas Fischer kritisiert Alice Schwarzer sowie Ferdinand von Schirach.

Thema des Tages

LG Hamburg in Sachen Böhmermann: Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat das LG Hamburg auf Antrag des türkischen Präsidenten Erdogan eine einstweilige Verfügung gegen Jan Böhmermann erlassen. Die Richter untersagten dem Satiriker die Wiederholung der meisten Zeilen seines "Schmähgedichts". Bei einer Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, berichten spiegel.de (Martin U. Müller) und die Welt (Jörn Lauterbach. Zitiert wird dabei auch der anwaltliche Vertreter Böhmermanns, Christian Schertz. Er kritisierte den Beschluss nachdrücklich. Das Landgericht habe den Fehler gemacht, das Gedicht zu sezieren und bestimmte Aussagen solitär herauszugreifen und zu verbieten, die es als herabwürdigend empfinde, so Schertz. Das Gedicht müsse jedoch als Einheit betrachtet und zudem der Kontext in der Sendung, in welchem das Gedicht verlesen wurden, berücksichtigt werden.

Rechtspolitik

Kameras im Gericht: Aus dem geplanten Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) zur Liberalisierung von § 169 GVG stellt die taz (Christian Rath) heraus, dass künftig Prozesse von "herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung" in voller Länge in Bild und Ton dokumentiert werden können. Über die Aufnahme entscheide das Gericht. Solche Aufnahmen könnten allerdings Begehrlichkeiten von Prozessbeteiligten wecken, beispielsweise für eine Verwendung zur Begründung von Rechtsmitteln.

Sammelklagen: Für die Einführung von Sammelklagen auch in Deutschland spricht sich in der SZ der Rechtsprofessor Axel Halfmeier aus. Am Beispiel des Abgasskandals beim Autohersteller VW vergleicht er die rechtliche Situation deutscher und amerikanischer Kunden. Während letztere eine Entschädigung erhielten, müssten sich deutsche Kläger beispielsweise vom LG Bochum sagen lassen, dass der vorschriftswidrig überhöhte Abgasausstoß lediglich ein Bagatellmangel sei. Mit Sammelklagen werde in den USA die nötige Expertise und Schlagkraft geschaffen und Druck auf die Beklagte ausgeübt. Zumindest der vom Bundesjustizministerium angekündigten Gesetzentwurf für ein Musterklageverfahren für Verbraucherverbände müsse endlich vorgelegt werden, damit über die Vor- und Nachteile eines solchen Verfahrens diskutiert werden könne.

Mietpreisbremse: Weil sich die erwarteten Auswirkungen der Mietpreisbremse nicht realisiert haben, will das Land Berlin jetzt eine Bundesratsinitiative starten, mit der das Gesetz nachgebessert werden soll. Das berichtet die FAZ (Hendrik Wieduwilt/Michael Psotta). Der Entwurf, der derzeit von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erarbeitet werde, sehe beispielsweise die Pflicht des Vermieters vor, Mietinteressenten über die bisherige Miete zu informieren, um Klagen zu erleichtern. Die Länder Hamburg und Nordrhein-Westfalen hätten signalisiert, sich an der Initiative nicht zu beteiligen, meldet spiegel.de (Christoph Titz). Laut welt.de will das Bundesjustizministerium erst eine für 2017 geplante Evaluierung abwarten, bevor es über Nachbesserungen nachdenkt.

Donata Riedel (Handelsblatt) kritisiert das im vergangenen Jahr verabschiedete Gesetz zur Einführung der Mietpreisbremse als "schlecht gemacht". Im Bundestag hätten sich de-facto die Gegner der Mietpreisbremse durchgesetzt, indem kein wirksamer Kontrollmechanismus vorgesehen wurde.

Leiharbeit: In einem Gastkommentar im Handelsblatt kritisiert der emeritierte Rechtsprofessor Rupert Scholz das geplante Verbot, Leiharbeitnehmer während eines Arbeitskampfes einzusetzen. Die Regelung verstoße gegen die negative Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer und die staatliche Pflicht zur Wahrung der Koalitionsparität sowie zur staatlichen Neutralität bei Arbeitskämpfen und sei damit verfassungswidrig, so sein Urteil.

Opferentschädigung: Dem von der Bundesregierung eingerichteten Fond für Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch geht das Geld aus. spiegel.de (Annette Langer) hat vor diesem Hintergrund ein Interview mit Johannes-Wilhelm Rörig, dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs geführt, der darin die zögerliche Reform des Opferentschädigungsgesetzes kritisiert. Auch die SZ (Ruth Eisenreich - sz.de-Kurzfassung) berichtet.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. Mai 2016: LG Hamburg zu Böhmermann / Aufnahmen von historischen Prozessen / Fischer als Literaturkritiker . In: Legal Tribune Online, 18.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19397/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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