Ein halbes Jahr musste die Psychiatrie ohne Zwangsmedikation auskommen. Jetzt gibt es wieder ein Gesetz. Außerdem in der heutigen Presseschau: Das Urteil gegen einen Jäger, der einen Wolf erschoss, die Solidarität der Kriminologen gegen die katholische Kirche und der Anwalt, der seiner Mandantin sexuelle Dienstleistungen in Rechnung stellte.
Zwangsbehandlung psychisch Kranker: Am Donnerstagabend hat der Bundestag mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Linken eine gesetzliche Grundlage für die Zwangsbehandlung psychisch Kranker geschaffen. Der Bundesgerichtshof hatte diese vor einem halben Jahr verboten, weil keine ausreichende gesetzliche Grundlage bestehe. Solche Behandlungen sind laut focus.de künftig möglich, wenn ein erheblicher Gesundheitsschaden droht, die Maßnahme richterlich genehmigt wurde und der Patient sich in stationärer Behandlung befindet.
Nina von Hardenberg (SZ) kommentiert im Leitartikel: "Nachdem zuletzt überall die Rechte der Patienten gestärkt wurden, wirkt ein Gesetz, das den Zwang legitimiert, bevormundend und nicht mehr zeitgemäß." Der Gesetzgeber habe aber immerhin erreicht, dass die Hürden für die Zwangsbehandlung fortan sehr viel höher sein werden als bisher. Wer wirklich Zwangsbehandlungen verhindern wolle, müsse jedoch die Psychiatrie umbauen, damit Patienten mehr Ruhe- und Rückzugsräume haben. Außerdem müsste mehr Pflegepersonal eingestellt werden.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Arbeitnehmerdatenschutz: Die taz beschreibt den schwarz-gelben Zeitplan beim Arbeitnehmerdatenschutz. Am 28. Januar wollen die Fraktionsvorsitzenden Kauder und Brüderle beraten, ob das Projekt weiterverfolgt wird. Nach den Gewerkschaften und Datenschützern begrüßen nun auch die Arbeitgeber den vorläufigen Rückzug des Regierungsentwurfs, berichtet das Handelsblatt (Bernd Kupilas). Die Arbeitgeber hätten fehlende Rechtssicherheit moniert, weil das geplante Gesetz bestehende Betriebsvereinbarungen ausgehebelt hätte. Heribert Prantl (SZ) kommentiert: "Besser gar kein Gesetz als ein so schlechtes."
Bundeswehr in Mali: Im Interview mit der taz (Christian Rath) beschreibt der Völkerrechtler Andreas Zimmermann unter welchen Umständen das Engagement der Bundeswehr in Mali ein Mandat des Bundestags benötigt und wann es gar nicht mandatsfähig wäre.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG zu Selbsttitulierung: Das Bundesverfassungsgericht hat eine niedersächsische Regelung beanstandet, wonach die Bremer Landesbank und die Landessparkasse Oldenburg ihre Forderungen ohne vollstreckbaren Titel allein aufgrund der Vollstreckungsanträge durchsetzen können. Dieser Vorteil gegenüber privaten Geschäftsbanken sei nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar, meldet lto.de.
AG Montabaur zu erschossenem Wolf: Die Welt (Eckhard Fuhr) berichtet ausführlich über ein Urteil des Amtsgerichts Montabaur. Danach wurde ein Jäger, der einen Wolf erschossen hatte, nicht wegen eines Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz verurteilt. Es konnte nicht widerlegt werden, dass er den Wolf für einen Schäferhund hielt. Verurteilt wurde er aber wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Auch einen Schäferhund hätte er nicht einfach töten dürfen.
AG Dresden verurteilt Nazigegner: Nun greift auch spiegel.de (Julia Jüttner) das Urteil des Amtsgerichts Dresden gegen einen linken Demonstranten auf, der zu 22 Monaten Haft verurteilt wurde. Er soll bei einer Demonstration gegen Nazis zu Gewalt gegen Polizisten aufgewiegelt haben. In einem Kommentar für zeit.de kritisiert Katharina König (sächsische Landtagsabgeordnete der Linken) das Urteil. "Wie kann jemand verurteilt werden, der nicht zweifelsfrei und eindeutig identifiziert wurde?" Das Urteil ziele auf die Abschreckung couragierter Nazigegner.
Gema gegen Youtube: Der Anwalt Günter Poll beschreibt auf lto.de den Konflikt zwischen der Verwertungsgesellschaft GEMA und Youtube und nimmt dabei Partei für das Videoportal. Die Vergütungs-Forderung der GEMA sei prohibitiv hoch. Außerdem könne die GEMA von Youtube nicht die Unterlassung einer Schuldzuweisung bei der Sperrung aktueller Musik-Videos verlangen.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Klage gegen Psychiaterin: Die Witwe eines Mannes, der beim Amoklauf in einem Kino in Aurora starb, klagt nun gegen die Universitäts-Psychiaterin, bei der der Täter in Behandlung war, meldet die taz. Die Ärztin habe gewusst, wie gefährlich der spätere Todesschütze war, habe aber nicht die notwendigen Schritte unternommen.
Sonstiges
Unbarmherzige Kliniken: Zwei katholische Kliniken in Köln sollen sich geweigert haben, eine vergewaltigte Frau zu untersuchen und Spuren zu sichern. Angeblich handelte es sich dabei nur um ein Missverständnis. Jedenfalls gebe es Anweisungen, wonach katholische Kliniken vergewaltigten Frauen keine "Pille danach" verschreiben dürfen. spiegel.de (Jörg Diehl / Anna-Lena Roth) schildert den Kölner Konflikt. Christian Bommarius (FR) kommentiert: "Sollte der Fortbestand der katholischen Kirche wirklich von gelebter Barmherzigkeit abhängen, ist mit ihrem Ableben stündlich zu rechnen."
Untersuchung von Missbrauch: Der Kriminologe Franz Neubacher prognostiziert im Interview mit der FR (Joachim Frank), dass die katholische Kirche künftig Schwierigkeiten haben werde, renommierte Wissenschaftler zu finden, die die Untersuchung des Missbrauchs in der Kirche fortführen wollen: "Dass Christian Pfeiffer nach dem Scheitern der Zusammenarbeit zu allem Überfluss auch noch juristisch von der Kirche behelligt wird, wird auch nicht gerade die Bereitschaft von Kollegen erhöhen einzuspringen."
Kriminelle Ärzte: Die gesetzlichen Krankenkassen haben 2010 und 2011 in rund 53.000 Fällen gegen Ärzte ermittelt, berichtet die FAZ (Andreas Mihm). Davon wurden 2.600 Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, meist wegen Abrechnungsbetrug.
Transparente Verträge: Die Stadt Hamburg hat Mitte Dezember die Verträge zum Bau der Elbphilharmonie online gestellt und damit eine Verpflichtung aus dem neuen Hamburger Transparenzgesetz umgesetzt. Eine Transparenz-Initiative sucht jetzt sachkundige Bürger, die den 179 Seiten langen komplizierten Vertragstext lesen und bewerten wollen, schildert zeit.de (Lisa Altmeier).
Das Letzte zum Schluss
Sex mit dem Anwalt war nicht umsonst: Ein amerikanischer Anwalt fing während eines Scheidungsverfahrens eine sexuelle Beziehung mit seiner Mandantin an, stellte ihr die Zeit des Liebesspiels aber stets in Rechnung, berichtet der Blog von Anwalt Andre Stämmler. Der Betrug kam heraus, als die Frau nach Beendigung der Affäre einen Suizidversuch unternahm und in der Klinik vom Verhalten ihres Anwalts berichtete.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. Januar 2013: Gesetz zur Zwangsbehandlung – Urteil zu totem Wolf – Rechnung für anwaltlichen Sex . In: Legal Tribune Online, 18.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7994/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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