Nach dem Prozessauftakt in Oslo ist Thema des Tages die Frage, wie sich das Verfahren gegen den Attentäter Anders Breivik gestalten wird. Außerdem in der Presseschau: Bundestagsabgeordnete dürfen weiter reden, mutwillige Beschwerdeführer sollen zahlen, Staatsanwälte verhören sich und ein Autofahrer möchte Geld – weil er sich verfranzt hat.
Prozess gegen Breivik: In Oslo hat der Prozess gegen den Attentäter Anders Breivik begonnen. Von dem ersten Prozesstag berichten ausführlich die SZ (Gunnar Herrmann/Hans Holzhaider) und die FAZ (Friedrich Schmidt), sowie spiegel.de (Gerald Trauvetter). Breivik erklärte, er bekenne sich zu seinen Handlungen, plädiere aber auf nicht schuldig; die Taten habe er "in Notwehr" begangen.
Georg Paul Hefty (FAZ) kommentiert, in dem Verfahren beweise sich der norwegische Rechtsstaat, es sei gut, dass nach den zwei unterschiedlichen psychiatrischen Gutachten nun das Gericht das letzte Wort hat. Christian Bommarius (FR) begrüßt, dass das Gericht die Anträge Breiviks sowie des norwegischen Journalistenverbandes abgelehnt hat, den Prozess live zu übertragen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Rederecht im Bundestag: Die Pläne der Fraktionen von Union, FDP und SPD, das Rederecht von Bundestagsabgeordneten stärker einzuschränken, sollen so nicht umgesetzt werden. Wie unter anderem die FAZ (Günther Bannas) berichtet, wird der bisherige Vorschlag des Geschäftsordnungsausschusses zurückgezogen, voraussichtlich soll nächste Woche weiter beraten werden. Jasper von Altenbockum (FAZ) warnt, das Rederecht sei ein "Königsrecht der Abgeordneten", eine Einschränkung müsse vor dem Verfassungsgericht scheitern. Heribert Prantl (SZ) fordert eine "Re-Parlamentarisierung der Politik". Stefan Reinicke (taz) hält die scharfe Kritik an dem Vorstoß hingegen für verkehrt: "Im Grunde stärkt die Regelung sogar das Rederecht von Abweichlern – aber das ist im Pulverdampf untergegangen."
Justizkosten: Bund und Länder streiten über eine Änderung des Justizkostenrechts. Wie das Handelsblatt (Heike Anger) berichtet, befasst sich der Bundesrat mit einem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums. Die Länder wollen höhere Gerichtsgebühren.
Gesetz gegen Abmahner: internet-law.de (Thomas Stadler) stellt den Referentenentwurf zu einem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vor, der insbesondere Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Urheberrechtsgesetzes und des Gerichtskostengesetzes vorsieht. Damit sollen massenhafte Abmahnungen bekämpft werden.
Kartellrecht für Krankenkassen: Nach einer Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen nun auch die gesetzlichen Krankenkassen dem Kartellrecht. Die FTD (Elke Spanner) erläutert die Konsequenzen auf der Recht-Seite.
Weitere Themen - Justiz
Mutwillensgebühr: Die Pläne des Bundsverfassungsgerichts, aussichtslose Verfassungsbeschwerden mit einer Mutwillensgebühr von 5.000 Euro zu belegen, kritisiert der Staatsrechtler Joachim Wieland auf lto.de. Damit werde das "Jedermannsrecht zu einem Recht der Zahlungskräftigen".
Filesharing: Nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil zum Filesharing und der Haftung des Anschlussinhabers gefordert hatte, sieht der Medienrechtler Rolf Schwartmann auf lto.de den Gesetzgeber in der Verantwortung. Der müsse Wege finden, "den Bürger über die Gefahren des Internets aufzuklären".
Lehrbuch-Download: Angesichts des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart, wonach die Fernuniversität Hagen Lehrbücher nicht in größerem Umfang zum Download bereit stellen darf, plädiert Thomas Stadler (internet-law.de) für eine Änderung des Urheberrechts. So habe der Entwurf der Bundesregierung zu dem maßgeblichen § 52a Urhebergesetz ein sehr viel weiter gehendes Unterrichts-Privileg vorgesehen, als die letzendlich verabschiedete Fassung.
Umzug zumutbar: Das Sozialgericht Berlin hat sich mit dem Fall einer sechsköpfigen Familie befasst, die auf Sozialleistungen angewiesen ist. Das Jobcenter hatte die Miete für die Wohnung der Familie in Berlin-Schöneberg für zu hoch befunden. Das Gericht befand, auch ein Umzug an den Stadtrand sei zumutbar. Die Welt berichtet und stellt eine Übersicht über Hartz-IV-Urteile zusammen.
Krailling Mordfall: Im Mordfall von Krailling ist Thomas S. vor dem Landgericht München II wegen Mordes an seinen beiden Nichten zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt worden. spiegel.de (Julia Jüttner) schildert den Prozess und die abstrusen Einlassungen des Täters, der unter anderem behauptete, ihm sei "DNA untergejubelt" worden.
Piraten-Prozess: Im Piraten-Prozess vor dem Landgericht Hamburg haben zwei Angeklagte ausgesagt und einen Mitangeklagten belastet. Sie SZ (Kristina Läsker) beschreibt die überraschende Wendung in dem Prozess, der bereits seit November 2010 geführt wird.
Salafisten-Prediger: Die Staatsanwaltschaft Köln hat das Ermittlungsverfahren gegen den salafistischen Prediger Ibrahim Abou-Nagie eingestellt. Hintergrund ist offenbar eine schwerwiegende Ermittlungspanne, wie focus.de (Axel Spilcker) und das SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) berichten. Während es zunächst hieß, Abou-Nagie habe in einer Videobotschaft öffentlich dazu aufgerufen, Menschen zu töten, stellte sich später heraus, dass entsprechende Passagen in dem Video nicht zu hören waren.
Weitere Themen – Recht in der Welt
EGMR zu Katyn: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erklärt, Russland habe gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung verstoßen, indem es von Stalin angeordnete Ermordungen im polnischen Katyn nicht juristisch aufklärt hat. Geklagt hatten Angehörige von Opfern des 1940 erfolgten Massakers. Die FAZ (Konrad Schuller) berichtet.
Korruption in Österreich: Die SZ (Cathrin Kahlweit) widmet das Thema des Tages dem Korruptionsskandal um den österreichischen Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Das Letzte zum Schluss
Verfahren und verklagt: Auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch hatte sich ein Autofahrer verfahren, musste das Gespräch deshalb absagen – und verlangte dann Reisekostenersatz. Das allerdings lehnt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pflaz ab und weist auch beiläufig daraufhin, dass die "Y-Straße" so schwer nicht zu finden sei. blog.beck.de (Christian Rolfs) gibt den Fall wieder.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. April 2012: . In: Legal Tribune Online, 17.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6011 (abgerufen am: 15.10.2024 )
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