Die juristische Presseschau vom 16. Mai 2014: Rundfunkbeitrag rechtens – Digitale Herausforderungen – Anwaltliche Zustellungen

16.05.2014

Der BayVerfGH hat Klagen gegen den Rundfunkbeitrag abgewiesen. Außerdem in der Presseschau: Angela Merkel im Interview, Sigmar Gabriel zu rechtlichen Herausforderungen im digitalen Zeitalter, Nachlese zum Google-Urteil des EuGH, Zustellung von Anwalt zu Anwalt, neue Beschwerde von Sebastian Edathy und am falschen Ende gespart.

Thema des Tages

Rundfunkbeitrag: Nach dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz zu Beginn der Woche hat nun auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof Klagen gegen den Rundfunkbeitrag abgewiesen. Die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages seien mit der Verfassung des Freistaates vereinbar, zitiert die Welt (Ulrich Clauß) das Münchner Gericht. Auch die von den Klägern behauptete Überschreitung der grundgesetzlich normierten Gesetzgebungskompetenzen habe das Gericht nicht erkennen können. In der Sache sei die tatsächliche Nutzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote kein Kriterium für die Beitragspflicht. Denn auch wer auf sie verzichte, wie etwa die Mitarbeiter der klagenden Drogerie-Kette, profitiere von den durch die Finanzierung gesicherten Angeboten, so die taz (Tobias Schulze) in ihrem Bericht.

Diese Argumentation, nach der jeder "im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finanzierungsverantwortung zu beteiligen" sei, um dessen "wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen" zu sichern, bezeichnet Albert Schäffer (FAZ) im Medien-Teil des Blattes als "Wortgeklingel". Besonders enttäuschend sei, dass vom Gericht versäumt wurde, "die sonst in Bayern so gern hochgehaltene föderale Vielfalt" zu entwickeln.

Auch die FAZ (Michael Hanfeld), ebenfalls im Medien-Teil, hält die "erstaunlich gleichlautende, mitunter wie Satire anmutende Schwurbel-Prosa" beider Entscheidungen, "die mit der juristischen Abwägung von Argumenten wenig zu tun hat," für bemerkenswert. In einseitigen, apodiktischen Urteilen sei festgelegt worden, dass die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks "sakrosankt" sei.

Reinhard Müller (FAZ) fragt, ob "der Nutzer eine Gegenleistung" erhält, denn dies wäre schließlich eine Begründung dafür, dass die "Gebühr" keine Steuer sei. In seiner jetzigen Ausgestaltung sei der Beitrag vor allem "praktisch". Hieraus könne aber noch nicht auf eine zustimmende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gefolgert werden, denn "Karlsruhe ist nicht ganz auf Linie". Claudia Tieschky (SZ) kommentiert, dass aus der nun zweifach gerichtlich bestätigten "handwerklichen" Solidität des Beitragsgesetzes nicht automatisch auf dessen Berechtigung geschlossen werden könnte. Um zu erreichen, dass die Menschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk "als ihren betrachten," wäre ein mutigeres Programm vonnöten.

Rechtspolitik

Angela Merkel: Die FAZ (Günter Bannas/Berthold Kohler, Zusammenfassung) interviewt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Neben dem außenpolitischen Schwerpunkt Ukraine und dem Verhältnis zu Russland äußert sich die Regierungschefin auch zu Sozialleistungen für EU-Ausländer, dem Verhältnis der Politik zum Bundesverfassungsgericht nach dem Urteil zur Sperrklausel bei der Europawahl und einer möglichen Wahl der Verfassungsrichter durch den Bundestag.

Digitale Herausforderungen: In einem Gastbeitrag für das Feuilleton der FAZ (Zusammenfassung) beschreibt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rechtliche Herausforderungen im digitalen Zeitalter. Es sei eine "urliberale und ursozialdemokratische Aufgabe", ungezähmten Datenkapitalismus zu bändigen, das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Löschungsansprüchen gegen Google habe hierzu die "Souveränität des Rechts" wiederhergestellt. Der europäischen Politik stellten sich vier Aufgaben: Zunächst müsse sichergestellt werden, dass Bürger frei entscheiden könnten, welche Informationen über sie "im Umlauf" seien. Weiter müsse die Soziale Marktwirtschaft auf die "Höhe des digitalen Zeitalters" gebracht werden, hier dürfe auch nicht vor kartellrechtlichen Maßnahmen gegen Datenkonzerne zurückgeschreckt werden. Zu diesen wettbewerbssichernden Schritten gehörten auch geeignete Mittel gegen Steuerdumping. Schließlich müsse sichergestellt werden, dass "Clickworker nicht zu den rechtlosen Tagelöhnern der digitalen Moderne werden".

Google: Das Handelsblatt widmet "Europa gegen Google" sein Titelthema mit mehreren Beiträgen (Zusammenfassung) und berichtet etwa von einer Ankündigung zahlreicher europäischer Verlage, den Konzern wegen seiner Monopolstellung verklagen zu wollen. Im Interview (T. Hoppe/H.-J. Jakobs/T. Sigmund) äußert sich Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) zur Marktmacht des Internet-Riesen, möglichen Einflussnahmen von Politik und Kartellrecht und, etwas abseitig, seiner Ansicht zu einer Vernehmung Edward Snowdens in Deutschland.

Investitionsschutz: Rechtsprofessor Jochen von Bernstorff (verfassungsblog.de) setzt das Online-Symposium zum Investitionsschutz als Bestandteil des US-amerikanisch-europäischen Freihandelsabkommens mit einem Beitrag zur Schiedsgerichtsbarkeit fort. Der Autor charakterisiert die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit als Verbindung des etablierten Systems privater Handelsschiedsgerichtsbarkeit mit einer "genuin öffentlich-rechtlichen Materie", dem Schutz ausländischer Investoren gegenüber staatlichen Regulierungsversuchen. Dabei bestünde für die "verfahrensmäßige Privilegierung einer bestimmten Gruppe von ökonomischen Akteuren" angesichts funktionierender Rechtssysteme in Europa und den USA kein rechtspolitisch vertretbares Bedürfnis.

Kindergeld für EU-Ausländer: Nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verstoßen Vorschläge, den Kindergeld-Bezug von EU-Bürger in Deutschland zu begrenzen, gegen europäisches Recht. Das Handelsblatt (Donata Riedel, erweiterte Online-Version) berichtet exklusiv.

Fehlurteile: Aus Anlass des jüngsten Freispruchs im Fall Peggy befasst sich Christian Rath (Badische Zeitung) mit Gründen für Fehlurteile und den im Prozessrecht eingebauten Sicherungsmaßnahmen gegen sie. Als "bekannte Schwachstelle" wird der kurze Instanzenweg bei schweren Verbrechen mit nur einer Tatsacheninstanz beschrieben und die hiergegen vorgeschlagene Video-Aufnahme der landgerichtlichen Verhandlung diskutiert, aus praktischen Erwägungen aber verworfen. Auch wenn Richter Fehler machten, müsse ihnen die Gesellschaft vertrauen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. Mai 2014: Rundfunkbeitrag rechtens – Digitale Herausforderungen – Anwaltliche Zustellungen . In: Legal Tribune Online, 16.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11997/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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