Die juristische Presseschau vom 16. März 2016: Ent­eig­nung durch Ato­m­aus­s­tieg? / Ver­fas­sungs­schutz mit­schuld am NSU? / Ver­trags­schluss ohne Men­sche

16.03.2016

Energieunternehmen finden den Atomausstieg 2011 irrational. Außerdem in der Presseschau: Werden Programme die Menschen beim Vertragsschluss ersetzen und hat der Verfassungsschutz die Festnahme der mutmaßlichen NSU-Terroristen vereitelt?

Thema des Tages

BVerfG – Atomausstieg: Wurden durch den beschleunigten Atomausstieg die Energieunternehmen faktisch enteignet? Die am gestrigen Dienstag beim Bundesverfassungsgericht begonnene mündliche Verhandlungen hierüber wird heute fortgesetzt. Die Konzerne Eon, RWE und Vattenfall verlangen Schadensersatz in Milliardenhöhe, weil nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 die im Jahr zuvor beschlossenen Laufzeitverlängerungen für Akw zurückgenommen und einige Meiler sofort stillgelegt wurden. Nach Ansicht der Betreiber sei dies irrational gewesen, denn Fukushima habe keine neuen Erkenntnisse über deutsche Akw ergeben. Die Bundesregierung hingegen betont, die veränderte Risikobewertung unter dem Eindruck des Fukushima-GAU sei legitim gewesen. Es obliege allein dem Gesetzgeber, welches Risiko er für tragbar erachte. Es berichteten die SZ (Wolfgang Janisch), die BadZ (Christian Rath) und der Tsp (Jost Müller-Neuhof).

Wolfgang Janisch (SZ) meint, eine atomrechtliche Betriebserlaubnis sei "keine Baugenehmigung"; sie stehe "unter einem permanenten demokratischen Vorbehalt". Das sei bei der Reichweite der Betreiberrechte zu berücksichtigen. Reinhard Müller (FAZ) hält es für "gut, dass wieder einmal deutlich wird, dass sich weitreichende Regierungsentscheidungen nicht im rechtsfreien Raum bewegen (dürfen)". Joachim Jahn (FAZ) merkt an, es wäre "schade", wenn die Betreiber ein Urteil scheuten, um sich mit der Bundesregierung über Kosten und Haftung zu einigen.

 

Rechtspolitik

TiSA: Die Rechtsanwälte Christian Hamann und Alina Nowosjolowa erklären auf lto.de das Trade in Services Agreement (TiSA) und die hiergegen vorgebrachte Kritik. Das Abkommen wird seit 2012 zwischen 23 Mitgliedstaaten der WTO ausgehandelt, darunter die USA und die EU.

Urheberrecht: Am heutigen Mittwoch wird der Gesetzentwurf zur Reform des Urheberrechts im Bundeskabinett beraten – nach Protesten von Autoren und Verlegern in abgeänderter Form, etwa hinsichtlich der Frist zur Neuvergabe von Nutzungsrechten, erlaubter Pauschalvergütung und des Umfangs des Auskunftsrecht über die Werknutzung. Die Welt (Christian Meier) erläutert dies ausführlich.

Datenschutzrecht: In einem Gastbeitrag in der FAZ kritisieren die Rechtsanwälte Martin Jaschinski und Carlo Piltz die Ausgestaltung des neuerdings im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) vorgesehenen Verbandsklagerechts. Hiernach können Verbände Unternehmen für Datenschutzverstöße abmahnen oder Zivilklagen erheben. Dass im Verfahren auch die Datenschutzbehörden angehört werden, verstoße gegen den zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz und die Waffengleichheit.

Flüchtlinge und die Türkei: Die taz (Christian Rath) befasst sich mit den rechtlichen Möglichkeiten, die Türkei als "sicheren Drittstaat" einzustufen. Da die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nur mit Regionalvorbehalt ratifiziert hat, so dass sich Syrer in der Türkei nicht auf diese berufen können, sei die Türkei kein "europäischer sicherer Drittstaat" nach Artikel 39 der EU-Asylverfahrensrichtlinie. Sie könne aber ein "sonstiger sicherer Drittstaat" nach Artikel 38 der Richtlinie sein.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. März 2016: Enteignung durch Atomausstieg? / Verfassungsschutz mitschuld am NSU? / Vertragsschluss ohne Mensche . In: Legal Tribune Online, 16.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18792/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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