Die juristische Presseschau vom 15. September 2020: Schlappe für Met­zelder / Strafe für Rechts­ex­tre­mist / Ent­las­tung für VW

15.09.2020

Das Amtsgericht Düsseldorf darf weiter über die Anklage gegen Metzelder informieren. Sven Liebich wird wegen Verleumdung, Beleidigung und Volksverhetzung verurteilt und US-Kontrolleur Thompson stellt VW ein positives Zeugnis aus.

Thema des Tages

VG Düsseldorf zu Metzelder: Das Amtsgericht Düsseldorf darf weiterhin auf seiner Homepage über die Anklageerhebung gegen Christoph Metzelder berichten. Der ehemalige Fußballprofi ist mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gescheitert, wie spiegel.de (Jean-Pierre Ziegler) und LTO berichten. Das Gericht begründete den Beschluss mit einer Folgenabwägung, bei der es auch berücksichtigte, dass Metzelder im Strafverfahren bereits ein Geständnis abgelegt habe.

Rechtspolitik

Abmahnungen: Die Rechtsanwälte Sascha Pres und Tobias Voßberg kritisieren auf zpoblog.de die UWG-Novelle, die vergangene Woche den Bundestag passiert hat und missbräuchlichen Abmahnungen vorbeugen soll. Das Gesetz schaffe mehr Probleme als es löse. Die Regelung zur Aktivlegitimation enthalte verschiedene unbestimmten Rechtsbegriffe, die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes für bestimmte Fälle verschwende "jahrelang aufgebaute Justizkompetenz".

Unternehmenssanktionen: In einem Gastbeitrag für die Welt kritisiert Rechtsanwalt Alexander Reuter die geplante Einführung von Unternehmenssanktionen als falsch und verfassungswidrig. Sie treffe vor allem die Anteilseigner und stelle damit eine Sippenhaft dar. Ein Verband sei nur "ein Blatt Papier beim Notar", das sich nicht steuern lasse.

Justiz

VG Berlin – Pop-up-Radwege: Der verkehrspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Frank Scholtysek, will einen Antrag beim Berliner Verwaltungsgericht stellen, um den sofortigen Abbau der Pop-up-Radwege zu erreichen. Das Gericht hatte bereits vorletzte Woche im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass die Radwege entfernt werden müssen. Die Senatsverwaltung hat für diese Woche eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht angekündigt, so spiegel.de.

AG Halle zu Rechtsextremist: Das Amtsgericht Halle hat den Rechtsextremisten Sven Liebich wegen Verleumdung, Beleidigung und Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das melden spiegel.de und LTO. Liebich hatte unter anderem öffentlich behauptet, die Grünen-Politikerin Renate Künast habe Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen gutgeheißen.

StA München II – Superspreaderin in Garmisch-Partenkirchen: Nach dem Corona-Ausbruch in Garmisch-Partenkirchen ermittelt die Münchener Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Das schreiben spiegel.de (Jan Friedmann/Katharina Koerth) und zeit.de. Eine 26-Jährige hatte sich trotz einschlägiger Symptome und eines ausstehenden Corona-Tests in verschiedene Bars begeben und mehrere Personen angesteckt.

BAG zu Zustimmungsquorum für Betriebsvereinbarung: Der Rechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer kommentiert im Hbl ein Urteil des Bundesarbeitsgericht, nach dem eine Betriebsvereinbarung nicht von der Zustimmung eines bestimmten Anteils der Belegschaft abhängig gemacht werden darf. Die "Strukturprinzipien der Betriebsverfassung", die der Vereinbarung laut Bundesarbeitsgericht entgegenstehen, könnten dem Betriebsverfassungsgesetz nicht entnommen werden.

Verwaltungsgerichte – Asylverfahren: Die Verwaltungsgerichte seien weiterhin am Rande der Belastungsgrenze. Das erklärte Robert Seegmüller, Bundesverwaltungsrichter und Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, gegenüber der Welt (Manuel Bewarder). Zwar seien die Asylklagen seit dem Höhepunkt im Jahr 2017 zurückgegangen, die Gerichte seien aber weiter damit beschäftigt, die aufgelaufenen Verfahren auch aus anderen Rechtsgebieten abzuarbeiten. Im Moment seien insgesamt 250.000 Verfahren anhängig.

VW-Abgasskandal: Vor etwa fünf Jahren sind Manipulationen an VW-Dieselmotoren öffentlich geworden. Das Hbl (René Bender) nimmt dies zum Anlass, um auf die Aufarbeitung durch die Straf- und Zivilgerichte zurückzublicken.

Recht in der Welt

USA – VW-Abgasskandal: Der Kontrolleur Larry Thompson hat der Volkswagen-AG in seinem Abschlussbericht bescheinigt, dass es seinen Compliance-Verpflichtungen nachgekommen ist. Das berichten das Hbl (Stefan Menzel), die FAZ (Carsten Germis) und spiegel.de (Simon Hage). Thompson war 2017 auf Grundlage des zwischen Volkswagen und dem US-Justizministerium geschlossenen Vergleichs eingesetzt worden.

In einem Doppelinterview mit dem Hbl (Stefan Menzel) äußern sich Thomspon selbst sowie die die VW-Vorständin Hiltrud Werner zu dem Verfahren. Beide loben die Zusammenarbeit und zeigen sich zuversichtlich, dass vergleichbare Regelverstöße in Zukunft vermieden werden.

Chile – Verfassungsgebung: Die Professoren Alberto Coddou Mc Manus und Claudio Fuentes-González beschreiben auf dem Verfassungsblog (in englischer Sprache), wie die rechte Regierung versucht, Einfluss auf den verfassungsgebenden Prozess in Chile zu nehmen.

Sonstiges

Moria: Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria will die Bundesregierung bis Mittwoch über die Aufnahme weiterer Flüchtlinge entscheiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach laut SZ (Mike Szymanski) und spiegel.de (Veit Medick u.a.) von einem "substanziellen Beitrag", den Deutschland leisten könne.

Dana Schmalz (Verfassungsblog) meint, das Recht habe an Kraft als Argument erheblich eingebüßt. Es sei klar, dass die Situation der Flüchtlinge auf Lesbos gegen Grund- und Menschenrechte verstoße. Damit betreffe sie Festlegungen die nicht politisch frei verhandelbar seien. Die Rechtswissenschaft müsse vorsichtig sein, der offenen Missachtung von Recht nicht abwägend zuzusehen.

Schweinepest: Die Rechtsanwälte Alexander Schink und Michael Winkelmüller erläutern auf LTO die rechtlichen Folgen des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland. Rund um den Fundort des infizierten Tieres in Brandenburg werde ein Gefährdetengebiet eingerichtet, in dem keine Schweine transportiert werden dürften. Ein Entschädigungsanspruch bestehe aber nur für Tiere, die nach einer im Betrieb festgestellten Infektion auf behördliche Anordnung getötet werden oder hätten getötet werden müssen.

Microsoft in Behörden und Datenschutz: Netzpolitik.org (Jana Ballweber) berichtet über die Kritik an der Verwendung von Microsoft-Software durch Behörden. Zuletzt kam eine Arbeitsgruppe der Datenschutzkonferenz zu dem Schluss, dass deren Einsatz nicht rechtskonform sei. Auch vom Europäischen Datenschutzbeauftragten kommt Kritik.

Nord Stream 2: Die FAZ (Konrad Schuller) erörtert, welche rechtlichen Instrumente zur Verfügung stehen, um die russische Gasleitung Nord Stream 2 zu stoppen. Die Grünen-Vorsitzenden Anna-Lena Baerbock schlägt vor, Artikel 215 des Vertrag über die Arbeitsweise der EU anzuwenden. Dies setze jedoch voraus, dass die Pipeline die Sicherheit Europas bedrohe. Der stellvertretende polnische Außenminister Pawel Jablonski will hingegen das EU-Sanktionsregime gegen chemische Waffen aktivieren.

Entschädigung für Tönnies: Zwischen dem Fleischhersteller Tönnies und dem Land Nordrhein-Westfalen zeichnet sich laut Hbl (Michael Verfürden) ein Rechtsstreit ab. Tönnies verlangt Entschädigung für die Betriebsschließung, die im Juni nach einem massiven Ausbruch der Corona-Infektion angeordnet worden war. Das zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales äußert sich zu skeptisch zu etwaigen Ansprüchen, betont jedoch, dass der Fall juristisches Neuland sei.

Künstliche Intelligenz: Das Hbl (Heike Anger) berichtet vom Forum "Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung in Justiz und Anwaltschaft" des Deutschen Anwaltsverein. Dort hat Michael Grupp, Geschäftsführer des Softwareunternehmens Bryter, die Erwartungen an Künstliche Intelligenz gebremst. Rechtsanwältin Ramak Molavi wies darauf hin, dass auch Künstliche Intelligenz anfällig für Diskriminierung sei. Zudem ging es um die Frage, wie mit "Maschinenbeweisen" umzugehen sei.

Versammlungsrecht: Jost Müller-Neuhof (Tsp) konstatiert einen Wandel in der Art, sich zu versammeln, der Behörden und Justiz vor neue Herausforderungen stelle. In der Pandemie habe der Staat einen Schutzauftrag für Leben und Gesundheit, der auch Demoverbote rechtfertigen könne.

Unterlassungserklärungen in Mitteilungen der RAK Berlin: Rechtsanwalt Markus Hartung beschreibt auf beck-aktuell, wie die Rechtsanwaltskammer Berlin in ihren Mitteilungen die Unterlassungserklärungen veröffentlicht, die sie gegen falsche Rechtsanwälte und unbefugte Rechtsdienstleister erwirkt hat. Vor Anwälten, die ihre Zulassung zu verlieren drohen, werde hingegen nicht gewarnt: "Anwalt ist eben Anwalt, auch mit wackelnder Zulassung."

 

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lto/dw

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. September 2020: Schlappe für Metzelder / Strafe für Rechtsextremist / Entlastung für VW . In: Legal Tribune Online, 15.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42794/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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