Mit Spannung erwartet, mit Ernüchterung zu Kenntnis genommen – die Aussage von Verena Becker ist das Thema des Tages. Auch in der Presseschau: Juristen zur Urheberrechtsdebatte, Bewährungsstrafe für Brandenburgs Ex-Justizminister und der Prozess von 17.000 Kleinaktionären gegen die Telekom. Zum Schluss ein Richter mit Marotten und ein Strafverteidiger, der sich freut.
Beckers Aussage: Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker hat vor dem Oberlandesgericht Stuttgart die angekündigte etwa 20-minütige Erklärung verlesen. Sie bestritt darin ihre Beteiligung an der Ermodung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback im April 1977. Hinweise auf die Täter könne sie keine geben, weil sie "nicht dabei" gewesen sei. Ausführlich berichten unter anderem die SZ (Wolfgang Janisch), spiegel.de (Gisela Friederichsen) und die taz (Christian Rath).
Die Aussage im Wortlaut dokumentiert spiegel.de.
In einem Kommentar zeigt sich Wolfgang Gast (taz.de) enttäuscht: "Wer so spektakulär ankündigt, sich erstmals vor Gericht umfassend äußern zu wollen, sollte etwas mehr liefern". Heribert Prantl (SZ) ist hingegen der Ansicht, mehr war nicht zu erwarten: "Eine Angeklagte muss sich nicht nur nicht selbst belasten, sie muss auch nichts aufdecken, sie muss nicht aufklären, was gewesen ist, sie muss nicht ihr Wissen auspacken."
Weitere Themen – Rechtspolitik
Urheberrecht: In der Debatte um eine grundlegende Reform des Urheberrechts fasst die FAZ (Caroline Freisfeld/Martin Gropp) die Vorschläge diverser Rechtsexperten zusammen. Ihnen gehe es vor allem darum, die Diskussion weniger ideologisch zu führen.
Abmahngebühren: Die FTD (René Martens) schildert auf der Recht-Seite Kritik und Lob für den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums, mit dem die ausufernde Abmahnpraxis im Urheberrecht bekämpft werden soll: "Während den einen der Verbraucherschutz nicht weit genug geht, sehen die anderen in den Plänen einen Freibrief für Rechtsverletzungen."
Quote im Landtag: Ließe sich der Frauenanteil im baden-württembergischen Landtag durch eine gesetzliche Quote erhöhen? Wie die taz (Nadine Michel) berichtet, hat die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Edith Sitzmann, ein entsprechendes Rechtsgutachten vorgestellt, wonach die paritätische Besetzung der Wahllisten verfassungskonform wäre.
Doppelbesteuerung: Auf der Recht & Steuern- Seite des Handelsblattes erläutern die Finanzrechtler Heide Schaumburg und Harald Schaumburg das Problem des Aushebelns von Doppelbesteuerungsabkommen durch das Einkommenssteuergesetz. Der Bundesfinanzhof hat die Frage des "Treaty Override"dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorgelegt.
Inzest-Verbot: Der Rechtsanwalt Endrik Wilhelm fordert in einem Gastbeitrag für den Focus, Beischlaf zwischen erwachsenen Geschwistern nicht zu bestrafen. Im April hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Inzest-Verbot für rechtmäßig erklärt, Wilhelm vertrat in dem Verfahren den wegen Inzest verurteilten Patrick S..
Weitere Themen - Justiz
Ex-Justizminister verurteilt: Der frühere Justizminister Brandenburgs Kurt Schelter ist vor dem Potsdamer Landgericht wegen Betrug, Steuerhinterziehung und falscher eidesstaatlicher Erklärung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Das meldet Die Welt.
Aktionäre gegen Telekom: Im Streit zwischen Kleinaktionären und der Deutschen Telekom wird für Mittwoch ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt erwartet. Der Prozess mit 17.000 Klägern ist der erste, der nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geführt wird. Die FTD (Andreas Kurz) erläutert, warum das Verfahren im "Chaos" endet und sich die "Lex Telekom" als praxisuntauglich erwiesen hat.
Türkische Ehe: Die Rechtanwältin Jutta Wagner übt auf lto.de scharfe Kritik an einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, das die Scheidung einer Ehe unter Berufung auf türkisches Recht und "türkische Rechtswirklichkeit" abgelehnt hatte.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Schweden – Heckenschütze vor Gericht: In Malmö steht ein Mann wegen dreifachen Mordes und zwölf Mordversuchen vor Gericht, vermutlich hatten die Taten einen rassistischen Hintergrund. Der norwegische Attentäter Anders Breivik bezeichnete den Schweden als Vorbild, dieser schweigt jedoch zu seinen Taten. Die FR (Hannes Gamillscheg) berichtet von dem Prozess.
Das Letzte zum Schluss
Mitschreiben verboten: Udo Vetter (lawblog.de) plaudert aus dem Gerichtssaal – von Richtern, die Zuschauern das Mitschreiben verbieten, und warum das den Strafverteidiger unter Umständen durchaus freut.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. Mai 2012: . In: Legal Tribune Online, 15.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6204 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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