Etappensieg für Klaus Tolksdorf: Der BGH-Präsident hat nicht in die richterliche Unabhängigkeit seiner Kollegen eingegriffen – der historische Streit am Bundesgerichtshof dauert jedoch an. Außerdem in der Presseschau: Wie Anwälte Gesetzentwürfe schreiben, was Ebay-Kunden nicht posten dürfen und warum Pirate Bay plötzlich gefallen am Urheberrecht findet.
Dienstgericht zu Tolksdorf: Die BGH-Richter Fischer und Eschelbach hatten dem Präsidenten des Bundesgerichtshofes, Klaus Tolksdorf, vorgeworfen, er habe ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt, indem er dienstliche Erklärungen anforderte und eine "vernehmungsähnliche" Anhörung durchführte. Das Dienstgericht sah darin jedoch keine Maßnahmen der Dienstaufsicht und wies die Anträge zurück. Es berichten die SZ (Helmut Kerscher) und die FAZ (Helene Bubrowski). Hintergrund ist der Streit zwischen Thomas Fischer und Tolksdorf, um die Besetzung des Vorsitzendenpostens im Zweiten Strafsenat. Tolksdorf hatte zeitweilig einen Doppelvorsitz angeordnet, was die Frage aufwarf, ob der Senat beschlussfähig war.
In einem kurzen Kommentar kritisiert Reinhard Müller (FAZ) den anhaltenden Streit. Während Kläger in Karlsruhe auf ihr Recht und ihr Geld warteten, müsse "auf dem Olymp der Justiz nicht noch bis zum bitteren Ende in Personalfragen gezankt werden".
Weitere Themen – Rechtspolitik
Länderfinanzausgleich: Der Volkswirt Rolf Peffekoven erläutert in einem Gastbeitrag für die FAZ detailliert das System des Länderfinanzausgleichs. Er weist daraufhin, dass der Finanzausgleich ein reiner Steuerausgleich sei, bei dem es grundsätzlich auf die Steuereinnahmen der Länder, nicht aber auf die jeweiligen Ausgaben und Sonderbedürfnisse ankomme. Dieser Grundsatz müsse bei einer Reform beibehalten werden, zugleich könnten jedoch Anreize geschaffen werden, damit die Länder selbst mehr Steuern einnehmen.
Kartellrechtsnovelle: lto.de (Benjamin Lück) spricht mit den Rechtsanwälten Stefan Meßmer und Jochen Bernhard über die geplante Kartellrechtsnovelle. Der Gesetzentwurf liegt zur Zeit im Vermittlungsaussschuss von Bundestag und Bundesrat. Streit gibt es vor allem über die Anwendung des Kartellrechts auf Krankenkassen und die Kartellaufsicht über Wasserpreise.
Anwälte als Lobbyisten: Das Handelsblatt (Jan Keuchel) berichtet erneut über einen Fall, wonach der Bundestagsabgeordnete Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzentwurf von einem Rechtsanwalt erarbeiten ließ. Verfasser des Entwurfs, mit dem Unternehmen die Ausgliederung von Firmenteilen erleichtert werden soll, sei Florian Brügel, Partner der Kanzlei White & Case, bei der auch Buschmann unter Vertrag stehe. Buschmann bestätigte dies und erklärte, künftig von Aufträgen an die eigene Kanzlei abzusehen.
Weitere Themen - Justiz
OLG Stuttgart zu Verena Becker: Auch Die Welt (Sven Felix Kellerhoff) analysiert nun die schriftliche Urteilsbegründung im Fall der ehemaligen RAF-Terroristin Verena Becker. Die "eigentlich spannenden Dinge" seien dabei nicht geklärt worden, insbesondere die Rolle des Verfassungsschutzes und die Frage, wer tatsächlich den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschoss. Becker war im Juli vorigen Jahres vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
AG Bonn zu Ebay-Bewertungen: Das Amtsgericht Bonn hat eine Verkäufer-Bewertung auf Ebay für unzulässig erklärt. Der Käufer hätte zwar schreiben dürfen, dass er ein defektes Gerät erhalten hatte – sein Kommentar "Vorsicht!!!! Steuergeräte defekt. Lieber woanders kaufen!!!" verknüpfe dies jedoch mit einer unsachlichen Kaufwarnung und erwecke fälschlicherweise den Anschein, der Verkäufer sei nicht zur Rücknahme und Nachbesserung bereit. Das berichtet die FR (Karin Billanitsch). Gegen das Urteil vom Januar wurde Berufung eingelegt.
Verwaltungsgerichte zu Lebensmittelpranger: Gastwirte und Lebensmittelhersteller wehren sich dagegen, dass Behörden Verstöße gegen Hygienevorschriften im Internet veröffentlichen. Die Verwaltungsgerichte erklärten solche Internet-Pranger mehrfach für unzulässig. Das Handelsblatt (Daniel Delhaes) gibt einen Überblick über die Rechtsprechung und die Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung.
VG Stuttgart zu Tintenpatronen: Auf Tintenpatronen muss nicht angegeben werden, wie viel Tinte darin enthalten ist – das entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart im Januar und gab damit einem Hersteller Recht, der sich gegen eine entsprechende Ordnungsverfügung der Behörde gewehrt hatte. So lawblog.de (Udo Vetter).
Weitere Themen – Recht in der Welt
Russland – Google gegen Videozensur: Google klagt in Moskau gegen die russische Verbraucherschutzbehörde, die ein Youtube-Video als jugendgefährdend sperren ließ. Die Behörde beruft sich dabei auf ein Gesetz vom November vorigen Jahres zum Kinderschutz. Google erklärte hingegen, es habe sich um ein Unterhaltungsvideo gehandelt, berichtet spiegel.de.
Schweiz/USA – Steuerabkommen: Die Schweiz und die USA haben ein Abkommen unterzeichnet, wonach Schweizer Banken den US-Behörden ab 2014 Kundendaten liefern müssen. Zugleich werde über ein Abkommen verhandelt, mit dem Vermögen von US-Bürgern bei Schweizer Banken nachträglich besteuert werden sollen. Das meldet spiegel.de.
USA – Dworkin Nachrufe: Der US-amerikanische Rechtsphilosoph Ronald Dworkin ist gestorben. Nachrufe schreiben Alexandra Kemmerer im SZ-Feuilleton, Patrick Bahners im FAZ-Feuilleton und Mara Delius in der Welt.
Sonstiges
NSU-Ausschüsse: Die SZ (Tanjev Schultz) berichtet aus den NSU-Untersuchungsausschüssen. Nach dem Versagen der Behörden schöben sich Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienste nun gegenseitig die Schuld daran zu, dass die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergunds jahrelang unentdeckt blieb.
Schwerbehinderte Bewerber: Der Rechtsanwalt Klaus Heeke erläutert auf dem Handelsblatt Rechtsboard, was Unternehmen beachten müssten, wenn sich schwerbehinderte Menschen auf eine Stelle bewerben. Zum einen könne unter Umständen eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung bestehen, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen, zum anderen müssten Unternehmen prüfen, ob eine Stelle auch mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt werden kann.
Das Letzte zum Schluss
Urheberrecht ist lustig: Der finnische Verband der Musik- und Filmindustrie hat die Internetseite der Tauschbörse Pirate Bay kopiert. Letztere wollen nun klagen und zwar wegen Verletzung von Urheberrechten. Allerdings "nur weil es lustig ist", wie Pirate Bay Vertreter auf Facebook erklärten - immerhin wurden die Pirate Bay Gründer selbst wegen Urheberrechtsverletzungen verurteilt. Dazu spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. Februar 2013: Dienstgericht zu Tolksdorf – Gesetze aus der Kanzlei – Bewertung auf Ebay . In: Legal Tribune Online, 15.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8156/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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