Den Gewerkschaften passt es nicht, den Arbeitgebern auch nicht - das neue Gesetz zum Datenschutz in Unternehmen stößt auf jede Menge Kritik. Außerdem in der Presseschau: Das neue Wahlrecht, befangene Richter, russische Geheimagenten, Spekulationen um die Wulff-Ermittlungen, die SMS der Kanzlerin und wie die Dalton-Brüder nach Berlin-Steglitz kamen.
Datenschutz in Unternehmen: Die Debatte um die geplante Neuregelung des Datenschutzes in Unternehmen hält an. Nachdem die Koalition angekündigt hatte, noch im Januar einen Entwurf für ein Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz zu verabschieden, reißt die Kritik nicht ab. Die taz (Julia Amberger) fasst die Vorwürfe der Gewerkschaften zusammen, die weitgehende Möglichkeiten der offenen Überwachung befürchten. Die FAZ (Corinna Budras) geht auf die Arbeitgeber ein, die vor allem fordern, in bestimmten Fällen verdeckte Überwachung zuzulassen.
Die FR (Bettina Vestring) führt ein Interview mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Er hält insbesondere die Datenerhebung im Bewerbungsverfahren und die Sonderregelungen für Callcenter für problematisch.
In einem Gastkommentar für die SZ verurteilt die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) den Entwurf in scharfen Worten. Er trage die "Verachtung für die Grundrechte von Arbeitnehmern geradezu auf der Stirn".
Weitere Themen – Rechtspolitik
Wahlrechtsreform: Der Innenausschuss des Bundestages hat am Montag Experten zum neuen Wahlrecht angehört. Wie die FAZ (Günter Bannas) berichtet, wurde dabei vor allem kritisiert, dass dem Bundestag künftig bis zu 800 Abgeordnete angehören könnten. Den Gesetzentwurf erläutert der Rechtswissenschaftler Sebastian Roßner für lto.de.
Steuerabkommen mit Liechtenstein: Rechtsanwalt Karsten Randt erklärt in der FAZ das seit dem 1. Januar geltende Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein. Zusammen mit einem Informationsaustauschabkommen von 2010 sei das Bankgeheimnis im Ergebnis "ausgehebelt". Deutsche Ermittlungsbehörden können damit Anfragen an Liechtenstein richten, um Steuerhinterziehung aufzuklären.
Weitere Themen - Justiz
BVerfG zu Wahrheitsfindung: Die SZ (Wolfgang Janisch) geht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ein, wonach ein Richter für befangen erklärt werden kann, der im Hinblick auf einen Beweisantrag behauptet, "die Wahrheit interessiert mich nicht". Die Verfassungsrichter lägen damit auf einer Linie mit der bisherigen Rechtssprechung anderer Gerichte: Zwar seien spontane Unmutsbekundungen erlaubt, doch nur, solange nicht der "böse Schein" mangelnder Objektivität entsteht. Udo Vetter (lawblog.de) begrüßt die Entscheidung, kritisiert jedoch, dass die Vorinstanzen zunächst keine Befangenheit erkennen wollten.
BGH zu Umsatzsteuerkarussell: Wie die SZ meldet, hat der Bundesgerichtshof die Revisionsanträge von vier Angeklagten abgelehnt, die über den Handel mit CO2-Zertifikaten 260 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen hatten. Sie waren vor einem Jahr vom Landgericht Frankfurt zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden, dies ist nun rechtskräftig.
LG Mannheim – FlowTex-Prozess: Die SZ (Malte Conradi) und die FR berichten über den Prozess gegen Manfred Schmider, der vor dem Landgericht Mannheim wegen Bankrotts angeklagt ist. Er war bereits 2003 wegen Betrugs verurteilt worden, weil er durch Scheingeschäfte unter der Firma FlowTex Milliardenschäden verursacht hatte. Nun gestand Schmider, dass er aus dem Gefängnis heraus versuchte, vier Chagall-Gemälde in die Schweiz zu bringen – die damit dem Zugriff der Gläubiger entzogen wurden. Die Kammer habe Schmider im Gegenzug für das Geständnis eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt, die Entscheidung soll am 23. Januar verkündet werden.
LG Münster – Ex-NPD-Schatzmeister: Der ehemalige Bundesschatzmeister der NPD, Erwin Kemna, muss sich vor dem Landgericht Münster wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz verantworten. Ihm wird vorgeworfen, Rechenschaftsberichte gefälscht und so rechtswidrige Zuschüsse erschlichen zu haben, berichtet die taz (Andreas Speit). Kemna war bereits 2008 vom LG Münster wegen Veruntreuung von Parteigeldern zu einer Haftsstrafe verurteilt worden.
OLG Stuttgart – Russische Spione: Auch Die Welt (Uwe Müller/Lars-Marten Nagel) und spiegel.de (Jörg Diehl) bringen Vorberichte zu dem Prozess gegen die beiden mutmaßlichen russischen Geheimagenten, der heute vor dem Oberlandesgericht Stuttgart beginnt. Die Eheleute sollen seit 1988 in Deutschland leben, ihnen wird schwere Spionage vorgeworfen.
Ermittlungen gegen Wulff: Laut einer Agenturmeldung in der taz-nord erklärt die Staatsanwaltschaft Hannover, sie setze die Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zurzeit fort. Die Bild am Sonntag hatte zuvor berichtet, es gebe keine Beweise für die Korruptionsvorwürfe, so dass nicht mit einer Anklage zu rechnen sei. Hans Leyendecker (SZ) geht davon aus, dass das Verfahren vor der Einstellung steht. Das liege nicht daran, dass die Staatsanwaltschaft "kuscht", vielmehr sei das Verfahren "mit Akribie und Wucht geführt worden, die keinem anderen Beschuldigten bei einem ähnlichen Sachverhalt widerfahren würden".
Justizbehörden im Fall Gustl Mollath: Die Justizbehörden in sechs bayerischen Städten sind mittlerweile mit dem Fall von Gustl Mollath befasst, der seit sieben Jahren in der geschlossenen Psychiatrie in Bayreuth untergebracht ist. Einen Überblick über die Zuständigkeiten gibt die SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzer) im Bayern-Teil.
Langzeit-Gefangener: Die SZ (Roman Deiniger) widmet die Reportageseite "Die Seite Drei" dem Fall von Hans-Georg Neumann, der seit 51 Jahren im Gefängnis sitzt. Er war 1961 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem er ein Liebespaar erschossen hatte. Wegen ungünstiger psychiatrischer Gutachten wurden seine Anträge auf Bewährung mehrfach abgelehnt.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Österreich – Strasser wegen Bestechlichkeit verurteilt: Der ehemalige österreichische Innenminister und spätere EU-Abgeordnete Ernst Strasser ist in Wien wegen Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Als Mitglied des EU-Parlaments soll er gegenüber zwei als Lobbyisten getarnten Journalisten erklärt haben, für 100.000 Euro könne er Einfluss auf die Änderung von EU-Gesetzen nehmen. Dazu spiegel.de.
Mali – Interview mit Völkerrechtler: Anlässlich der französischen Intervention in Mali führt die taz (Christian Rath) ein Interview mit dem Völkerrechtler Georg Nolte. Er hält den Einsatz für zulässig, weil er von der malischen Regierung erbeten wurde – auch der von Aufständischen besetze Norden Malis gehöre dabei weiterhin zum malischen Staatsgebiet.
Sonstiges
SMS und Informationsfreiheit: Müssen die SMS der Bundeskanzlerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz archiviert werden? Als Reaktion auf einen Bericht des Spiegel erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert nun, SMS würden in den Akten festgehalten, sofern sie für Verwaltungsvorgänge von Bedeutung seien. focus.de schildert die Rechtslage.
Das Letzte zum Schluss
Wie im wilden Westen: Diebe haben einen 30 Meter langen Tunnel in den Tresorraum einer Bank gegraben, alle Schließfächer geleert und sind nun spurlos verschwunden. Was nach den Dalton-Brüdern aus "Lucky Luke" klingt, ist tatsächlich ein Fall aus Berlin-Steglitz, so spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. Januar 2013: Überwachung im Unternehmen – Geheimagenten vor Gericht – Wild West in Berlin . In: Legal Tribune Online, 15.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7960/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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