Die juristische Presseschau vom 14. Juni 2016: Urteil zu CO2-Zer­ti­fi­katen / Gina-Lisas Nein / Schi­cke­danz ohne Mil­li­arden

14.06.2016

Das LG Frankfurt urteilt im Strafverfahren zum Umsatzsteuerbetrug durch CO2-Zertifikate. Außerdem in der Presseschau: Gina-Lisa Lohfink und die Reform des Sexualstrafrechts, schwacher Trost für Schickedanz und Anschaulichkeit beim Bund.

Thema des Tages

LG Frankfurt zu Umsatzsteuerbetrug: Im Verfahren gegen sieben frühere Mitarbeiter der Deutschen Bank wegen Steuerhinterziehung beim Handel von CO2-Zertifikaten hat das Landgericht Frankfurt/M. sein Urteil verkündet. Neben einer Verwarnung und fünf Bewährungsstrafen wurde ein früherer Abteilungsleiter zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt, schreibt die FAZ (Markus Frühauf). Dieser hatte als einziger der Angeklagten kein Geständnis abgelegt. Strafmildernd für alle Angeklagten sei bewertet worden, dass die fraglichen Erstattungen nie gezahlter Umsatzsteuern in den Jahren 2009 und 2010 durch organisatorische Mängel des Geldhauses begünstigt worden seien. Über die Entscheidung berichten auch SZ (Meike Schreiber) und Hbl (Yasmin Osman).

Nach dem Kommentar von Michael Maisch (Hbl) ließe "sich an genau solchen Deals" wie dem nun verhandelten Umsatzsteuerkarussell "die Kultur eines Geldhauses ablesen". Auch wenn die Deutsche Bank nicht auf der Anklagebank gesessen habe, füge sich der Fall in "die schier endlose Liste der Skandale" ein, die Ruf und damit auch Kapital der Bank nachhaltig beschädigt hätten.

Rechtspolitik

Sexualstrafrecht: Die FAZ (Mona Jaeger) zeichnet die jüngsten Entwicklungen bei der in der Regierungskoalition umstrittenen Frage der Reichweite einer Reform des Sexualstrafrechts nach. Die von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nun an den Koalitionspartner gerichtete Aufforderung, nicht länger eine Verschärfung zu blockieren, solle dabei auch auf den öffentlichkeitswirksamen Fall des Models Gina-Lisa Lohfink zurückzuführen sein. Den Zusammenhang zwischen der Debatte und dem mittlerweile beim Berliner Amtsgericht Tiergarten anhängigen Verfahren - dort setzt sich Lohfink gegen einen Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung zur Wehr - untersucht auch die Welt (Sabine Menkens/Antje Hildebrandt) in einer Reportage. zeit.de (Parvin Sadigh) befragt Dagmar Freudenberg, Vorsitzende der Kommission Strafrecht des Deutschen Juristinnenbundes, zum Themenkomplex.

Sichere Herkunftsstaaten: Zu den Unsicherheiten bei der am kommenden Freitag anstehenden Bundesratsabstimmung über die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien berichtet nun auch die SZ (Bernd Dörries u.a.). Unter besonderem Druck seiner Partei, aber auch seines Koalitionspartners CDU stehe der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der eine Entscheidung am heutigen Dienstag verkünden wolle. Nach der Einschätzung von Heribert Prantl (SZ) habe der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU), sein Ziel, Kretschmann als "unsicheren Kantonisten" erscheinen zu lassen, erreicht. Denn in der Vergangenheit habe Kretschmann den "Etikettenschwindel" der sicheren Herkunftsstaaten unter Verweis auf eine angeblich funktionierende Einzelfallprüfung verteidigt. Dirk Schümer (Welt) dagegen verteidigt im Leitartikel "die saubere Scheidung der Herkunftsländer" als einen "rein pragmatischen Akt", der sich an den Zahlen nicht anerkannter Asylantragsteller orientiere. Was einzelne Menschen in ihren Heimatländern erwarte, "lässt sich auf der Ebene der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit sowieso nicht entscheiden".

Kontrollgremium: Auch die SZ (Ronen Steinke) berichtet nun zu der in der Regierungskoalition erzielten Einigung über ein neues Gesetz zum Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste. Nach dem separaten Kommentar von Ronen Steinke (SZ) bleibt der Entwurf beim Niveau tatsächlicher Kontrolle "meilenweit" von jenem etwa "in den viel gescholtenen USA" erreichten zurück. Dort übten Parlamentarier ein Budgetrecht über Geheimdienste aus, hierzulande müsse man weiterhin hoffen, "dass die Kontrolleure hin und wieder das Glück haben, die richtigen Fragen zu stellen.

Bargeldbeschränkung: Auf einer Tagung hat Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, seine Bedenken gegen eine Obergrenze für Bargeldzahlungen bekräftigt. Die hierdurch bewirkten "nicht unwesentlichen Beschränkungen mehrerer Grundrechte" bedürfe legitimer Gründe des Gemeinwohls und nicht nur "vorschneller und vager Annahmen", so Papier laut SZ (Markus Zydra, erweiterte Online-Version).

Staatsziel Nachhaltigkeit: Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Joachim Wieland vorgelegt, in dem die grundgesetzliche Verankerung von Nachhaltigkeit als Staatsziel befürwortet wird. Hierdurch würde sichergestellt, dass jede einschlägige staatliche Maßnahme daraufhin geprüft werde, "ob dadurch die Möglichkeiten künftiger Generationen unzulässig eingeschränkt würden", so das Hbl (Heike Anger). Auch der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier habe sich in einer Anhörung vor dem Rat für eine derartige "Klarstellung" ausgesprochen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. Juni 2016: Urteil zu CO2-Zertifikaten / Gina-Lisas Nein / Schickedanz ohne Milliarden . In: Legal Tribune Online, 14.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19603/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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