Die juristische Presseschau vom 13. September 2012: Eilentscheidung zum ESM – EU-Pläne zur Bankenaufsicht – Überlange Verfahrensdauer

13.09.2012

Es wurde das erwartete "Ja, aber"-Urteil. Das BVerfG hat seine Eilentscheidung zum ESM verkündet. Außerdem in der Presseschau: Die Pläne der EU-Kommission zur Verschärfung der Bankenaufsicht, Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer, Ermittlungen gegen den VfL Wolfsburg und ein Anwalt erhält komische badische Akten.

BVerfG zu Eurorettung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Eilentscheidung die deutsche Beteiligung am Eurorettungsschirm ESM grundsätzlich gebilligt und die Anträge der Kläger weitgehend zurück gewiesen.

Allerdings müsse die Bundesregierung bei der Ratifizierung des ESM-Vertrages durch völkerrechtliche Vorbehalte sicher stellen, dass die Rechte des Parlaments gewahrt bleiben. So dürfe die bisher vereinbarte Haftungsgrenze von 190 Milliarden Euro nicht ohne die Zustimmung des Bundestages erhöht werden. Zudem müssen die Informationsrechte des Bundestages und des Bundesrates trotz der für alle ESM-Mitarbeiter geltenden Schweigepflicht beachtet werden.

Einen Überblick über die Geschehnisse in Karlsruhe und die Reaktionen in der Politik geben die SZ (Claus Hulverschmidt) und die FAZ (Friedrich Schmidt). Die FR (Ursula Knapp) und die taz (Christian Rath) fassen das Urteil übersichtlich zusammen. Die wichtigsten Punkte der Entscheidung erläutert die SZ (Wolfgang Janisch/Heribert Prantl/Ronen Steinke) in Fragen und Antworten. Wie der völkerrechtliche Vorbehalt im Ratifikationsverfahren umgesetzt werden kann, erklärt die FAZ (Reinhard Müller). Die Frage, inwiefern das Verfassungsgericht in der noch ausstehenden Hauptverhandlung auf etwaige Kompetenzüberschreitungen der Europäischen Zentralbank eingehen könnte, behandeln die FAZ (Joachim Jahn/Werner Mussler) und die taz (Christian Rath).

Die überwiegend positiven Reaktionen im Bundestag schildern die SZ (Nico Fried) und die FAZ (Günter Bannas), aus dem Europäischen Parlament berichtet die FAZ (Nikolas Busse). Die FTD geht auf die erfreuten Reaktionen an der Börse ein. Die Zeit (Mark Schieritz/Marc Brost/Heinrich Wefing/Matthias Geis/Uwe Jean Heuser) befasst sich in Fragen und Antworten mit den Folgen des Urteils für Deutschland und Europa. Der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio erklärt in einem Gastbeitrag für die Zeit, warum er die Souveränität der Nationalstaaten in Europa grundsätzlich nicht gefährdet sieht.

Bei den Kommentatoren stößt die Entscheidung weniger auf Zustimmung. Für "kraftlos" hält Heribert Prantl (SZ) das Urteil: "Das bisher eher unbescheidene Verfassungsgericht bescheidet sich nun". Er vermutet, dass die Verfassungsrichter erstmals eine Frage dem Europäischen Gerichtshof vorlegen werden, wenn es in der Hauptverhandlung auch um die Europäische Zentralbank geht. Damit sei der "Martinszug um", Karlsruhe werde "sein Licht ausblasen". Auch Wolfgang Janisch (SZ) beschreibt herbstlichen Nieselregen und den "melancholischen Aspekt des Urteils". Das Bundesverfassungsgericht müsse seine "Wächterrolle" mit den europäischen Gerichten teilen, die hohen Erwartungen der mehr als 37.000 Kläger habe es nicht erfüllen können. In forscheren Tönen konstatiert Thomas Darnstädt (spiegel.de), dass "das Staatstheater von Karlsruhe seine besten Zeiten hinter sich hat", für die großen Entscheidungen in Europa sei der Europäische Gerichtshof zuständig, außerdem übernehme das Europäische Parlament zunehmend mehr Verantwortung. Christian Rath (taz) kritisiert, dass das Verfassungsgericht in der Hauptverhandlung die Politik der Europäischen Zentralbank thematisieren will und damit weiterhin für Unruhe sorge. Reinhard Müller (FAZ) sieht das Verfassungsgericht hingegen auf seiner bisherigen Linie, eine enge verfassungsrechtliche Kontrolle der europäischen Integration sei auch künftig sichergestellt. Der Staatsrechtslehrer Joachim Wieland zeigt sich in einem Beitrag für lto.de ebenfalls zufrieden mit der Entscheidung. Das Gericht habe einen "goldenen Mittelweg" gefunden.

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Bankenaufsicht: Die Europäische Kommission will die Bankenaufsicht ausweiten. EU-Kommissionspräsident Barroso sprach sich am Mittwoch für eine stärkere Kontrolle der Europäischen Zentralbank über die Banken in den Mitgliedsstaaten aus. Die SZ (Andrea Rexer/Markus Zydra) berichtet über den Vorschlag, der auf deutscher Seite auf Kritik stößt. Fragen und Antworten zu den Plänen der Kommission stellt die FTD (Mark Schrörs/André Kühnlenz) zusammen.

PID-Verordnung: Wie spiegel.de berichtet, haben sieben Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen in einem Brief an Gesundheitsminister Bahr den Entwurf für eine Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik kritisiert. Sie werde dem Ziel des zugrundeliegenden Gesetzes, die PID auf Ausnahmefälle zu begrenzen, nicht gerecht.

Urheberrecht: Thomas Stadler (internet-law.de) kritisiert den kürzlich vorgelegten Gesetzentwurf der Berliner Piratenfraktion zum Urheberrecht. Darin fehle insbesondere ein Vorschlag zur Neuregelung des Urhebervertragsrechts, auch zum Thema Open Access herrsche "komplette Fehlanzeige".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. September 2012: Eilentscheidung zum ESM – EU-Pläne zur Bankenaufsicht – Überlange Verfahrensdauer . In: Legal Tribune Online, 13.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7068/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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