Die juristische Presseschau vom 13. Juni 2013: Finanzexperten vor Gericht - NSU-Erkenntnisse - 25 Jahre GurkenkrümmungsVO

13.06.2013

Am zweiten Tag des EZB-Verfahrens haben die Experten das Wort und die Berichterstattung ergeht sich in Prognosen. Außerdem in der Presse: Wahrheitssuche im NSU-Prozess, Diskriminierungsklage gegen BMW, Jubiläum der wohl bekanntesten europäischen Verordnung und wann der Besuch einer Gerichtsvollzieherin richtig unangenehm werden kann.

BVerfG – EZB: Hat die Europäische Zentralbank mit der Ankündigung ihres OMT-Programms zum Kauf von Staatsanleihen mehr als Geldpolitik betrieben und damit ihre Kompetenzen überschritten? Die Mehrheit der am Mittwoch vom Bundesverfassungsgericht gehörten Experten vermittelte diesen Eindruck. Zum Ende des europäischen Währungsverbundes durch das für den Herbst erwartete Urteil des Gerichts dürfte dies gleichwohl nach dem Eindruck der meisten Beobachter nicht führen.

Für Christian Rath (taz) stehen Machtfragen im Mittelpunkt des Prozesses. Es würde entschieden, wer die Leitlinien deutscher Europa-Politik definiere – das Verfassungsgericht oder die Politik. Torsten Riecke (Handelsblatt) konstatiert, dass Politik und Recht "längst in getrennten Welten" lebten. Die Währungsunion erfordere ein Maß an politischer Integration, die bislang weder durch einen Gemeinschaftsvertrag noch durch die nationalen Verfassungen gedeckt seien. Diese "seit langem offenkundige Erkenntnis" offen auszusprechen, trauten sich die Verfassungsrichter jedoch nicht, wie die bisherigen "Ja-aber-Urteile" zum Euro belegten. Nach dem Bericht der FAZ (Helene Bubrowski) sei ein solches "Ja, aber" zu erwarten. Bei den Befragungen am Mittwoch hätten Bemühungen um eine Begrenzung des OMT-Programms im Mittelpunkt gestanden, etwa durch eine konsequente Durchsetzung einer Bindung an den Europäischen Stabilitätsmechanismus. Hierdurch könnte die Beteiligung des Bundestags sichergestellt werden. Nach Darstellung der SZ (Wolfgang Janisch) ist auch ein Feststellungsurteil denkbar: "ein Weg für das Gericht, die Zähne zu zeigen, ohne wirklich zuzubeißen." Max Steinbeis (verfassungsblog.de) hält es derweil "nicht für völlig ausgeschlossen", dass das Gericht die Beschwerden für unzulässig erklärt.

Im Interview mit dem Handelsblatt (Axel Schrinner) erklärt der emeretierte Rechtsprofessor Josef Isensee den Bezug der Materie zum deutschen Verfassungsrecht. Dem Gericht traut der Staatsrechtler jedoch nicht den "Mumm" zu, im Sinne einer Überschreitung der EZB-Kompetenzen zu entscheiden. Er erwarte einen demonstrativen Einsatz des BVerfG für parlamentarische Mitbestimmungsrechte, ansonsten quelle die Karlsruher Rechtsprechung über "von großen Worten", von denen "kleine Urteile" zurückblieben.

Den ersten Verhandlungstag schildert die Zeit (Heinrich Wefing). Der Autor fasst die verfahrensentscheidenden Fragen zusammen, prognostiziert ebenfalls ein Ergebnis und beschreibt, wie die bedeutungsschwere Atmosphäre sich zuweilen entspannt – in der Kantine, zur Mittagspause.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Europäisches Asylrecht: Das Europäische Parlament hat ein umfassendes Gesetzeswerk zur Reform des europäischen Asylrechts verabschiedet, berichtet die taz (Jannis Papadimitrou). Geregelt seien einheitliche Verfahrensstandards und eine verbindliche Höchstdauer des Asylverfahrens von sechs Monaten. Kritiker bemängelten den Weiterbestand des sogenannten Erststaatsprinzips und der Datenbank Eurodac. Auf die unter dieser Bezeichnung gespeicherten Fingerabdrücke von Asylbewerbern dürfen unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch nationale Strafverfolgungsbehörden zugreifen.

Homo-Adoptionen: Wie die taz (Astrid Geisler) schreibt, wird sich die Justizministerkonferenz heute mit einem Antrag zum Adoptionsrecht für Homosexuelle beschäftigen. Der am Mittwoch vom Kabinett gebilligte Gesetzesentwurf zur Umsetzung des jüngsten BVerfG-Urteils zur steuerrechtlichen Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften habe diese Frage ausgespart. Nach Darstellung der SZ (Guido Bohsem) erfüllt der Regierungsentwurf nur die "Karlsruher Minimalforderungen". Wichtige Details, etwa Bestimmungen in der Abgabenordnung oder zur Altersvorsorge, blieben unberührt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Juni 2013: Finanzexperten vor Gericht - NSU-Erkenntnisse - 25 Jahre GurkenkrümmungsVO . In: Legal Tribune Online, 13.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8917/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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