Die juristische Presseschau vom 11. Januar 2013: Rundfunkbeitrag vor Gericht – Europäisches Asylrecht – Straflosigkeit im Organspendeskandal?

11.01.2013

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BGH zu besonderer Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung: Nach einem Urteil des BGH kann bei einem Verurteilten nicht gleichzeitig die besondere Schwere der Schuld festgestellt und zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Wie lawblog.de (Udo Vetter) erläutert, müsse nach Feststellung der besonderen Schwere der Schuld bei einer Entlassung besonders sorgfältig geprüft werden, dass der Betreffende keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt. In diesem Fall komme aber eine weitere Sicherungsverwahrung nicht mehr in Betracht.

LAG Berlin-Brandenburg zur Übernahme von Leiharbeitern: Die FAZ (Corinna Budras) bespricht eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg, wonach Unternehmen, die dauerhaft Leiharbeitnehmer beschäftigen, diese gegebenenfalls nach einem längeren Einsatz übernehmen müssen. Grund für die Auseinandersetzung seien Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), wonach laut Paragraph 1 die "Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt". Welcher Zeitraum als vorübergehend anzusehen ist, sei höchstrichterlich noch nicht entschieden. Auch eine andere Kammer des LAG Berlin-Brandenburg habe im Oktober noch eine gegenteilige Auffassung vertreten.

LAG Düsseldorf – Schmerzensgeld wegen Mobbing: spiegel.de befasst sich mit einem Fall vor dem LAG Nordrhein-Westfalen, in der eine Rechnungsprüferin, die bei der Stadt Solingen beschäftigt war, wegen Mobbing knapp 900.000 Euro Schmerzensgeld fordert. Die Beträge von 2.000 bis 5.000 Euro, die Mobbing-Opfern in Deutschland bisher zugesprochen wurden, seien laut Anwalt der Klägerin willkürliche Beträge und stellten keine abschreckende Wirkung für Unternehmen dar.

OLG Stuttgart zu Yosif-Gruppe: Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die Übernahme des Verfahrens gegen die sogenannte Yosif-Gruppe abgelehnt, weil es nicht zuständig sei. Nach Einschätzung des SWR-Terrorismus-Blogs (Holger Schmidt) sei die Entscheidung des OLG ein "schaurig-schönes Beispiel" für sehr heftige juristische Kritik.

SG Berlin: Auch sieben Jahre nach der Einführung von Hartz IV ist die Klageflut an Deutschlands größtem Sozialgericht (SG) in Berlin nach Berichten der taz (Martin Rank) ungebrochen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 44.301 neue Klagen eingegangen – also etwa eine alle zwölf Minuten.

Nach einem Bericht der SZ (Thomas Öchsner) seien unter den Fällen bei SG Berlin auch mehr und mehr Klagen gegen Arbeitgeber, die versuchten, mit bemerkenswerter Kreativität an der sozialen Absicherung ihrer Arbeitnehmer zu sparen. "Erhebliche Teil des Arbeitsmarkts werden bewusst an der Sozialversicherung vorbei organisiert", kritisiere Sabine Schudoma, Präsidentin des SG Berlin.

LG München – Rückfall mit Fußfessel: Anlässlich des seit Mittwoch vor dem Landgericht (LG) München verhandelten Fall, in dem ein Mann trotz elektronischer Fußfessel ein Kind sexuell missbrauchte, wird nach Bericht der FAZ (Karin Truscheit) Kritik an der Wirksamkeit der elektronischen Fußfessel laut. So halte etwa der bayerische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft die Fußfessel für ein "besseres Babyphone".

LG Heilbronn – Klage des Vaters des Amokläufers von Winnenden gegen Klinik: lto.de (Claudia Kornmeier) führt ein Interview mit Erik Silcher, dem Rechtsanwalt des Vaters des Amokläufers von Winnenden, Tim K., der das Klinikum Weinsberg, das Tim K. behandelt hatte, auf Schadensersatz verklagt hat. Die Anspruchsgrundlage ergebe sich aus dem Behandlungsvertrag mit der Klinik, die ihre vertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt habe.

Staatsanwaltschaften – Einschätzungen zum Organspendeskandal: Nach Bericht der taz (Heike Haarhoff) ist in dem Skandal um Datenmanipulationen bei Organspende in mehreren Kliniken nicht mit Anklagen gegen die Verantwortlichen zu rechnen. So schätzten die Staatsanwaltschaften München und Regensburg derzeit die Datenveränderungen nicht als strafbar ein. Es liege eine Strafbarkeitslücke vor, da weder die Tatbestände der Urkundenfälschung, der Veränderung im Datenverarbeitungsprozess und des Organhandels vorlägen, und eine Körperverletzung wegen Kausalitätsproblemen kaum nachweisbar sei.

"Verachtenswerte Taten zu ersinnen, für die man nicht belangt werden kann - ein perfektes Verbrechen", meint Heike Haarhoff (taz), und fordert den Gesetzgeber zum Handeln auf.

Urheberrechtsverletzung beim Teilen eines Links auf Facebook: Rechtsanwalt Thomas Schwenke erörtert auf lto.de, ob es eine Urheberrechtsverletzung darstellt, wenn beim Teilen eines Links auf Facebook automatisch ein Bild als Vorschau generiert wird. Ein solcher Fall, bei dem die Rechtsinhaberin in einer Abmahnung neben Unterlassung auch Schadensersatz in Höhe von 1.200 Euro forderte, war letzte Woche bekannt geworden.

Gema vs. Google/YouTube: Nach Berichten von spiegel.de hat die Gema Verhandlungen mit Google über die Vergütung von Urhebern bei der Videoplattform YouTube für gescheitert erklärt und ruft nunmehr die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Laut Welt (Benedikt Fuest) ist nach Ansicht von Youtubes Juristen indes die Schiedsstelle gar nicht zuständig, da der Mutterkonzern Google nicht Provider, sondern "Hoster" sei.

Die SZ (Bernd Graff, Jens-Christian Rabe, Andreas Zielcke) führt aus Anlass des Rechtsstreits im Feuilleton ein Interview mit Rechtsanwalt und Gema-Chef Harald Heker.

Verfolgung von NS-Tätern: Die SZ (Katrin Steinberger) schildert auf Seite drei die Arbeit des ehemaligen Richters Thomas Walther bei der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Ohne Walther wäre es nicht zum Prozess gegen den ehemaligen KZ-Wachmann John Demjanjuk gekommen. In seinem neuen Fall gegen den SS-Wachmann Johann Breyer beklage Walther, dass die Justiz angesichts des hohen Alters Breyers zu langsam arbeite.

Greifswald - Zweifach-Präsidentin: Die FAZ (Frank Pergande) bringt auf der "Staat und Recht"-Seite ein Porträt der Präsidentin des OVG Greifswald, Hannelore Kohl, die seit 2008 zudem auch Präsidentin des Verfassungsgerichts von Mecklenburg-Vorpommern ist. Anfang des Jahres feierte sie ihr vierzigjähriges Dienstjubiläum.

BGH - Tolksdorf und Fischer: Der Streit um die Vorsitz-Positionen am 2. und 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird auf absehbare Zeit nicht gelöst. Das Karlsruher Verwaltungsgericht hat noch nicht einmal einen Verhandlungstermin für die Klage des Bewerbers Thomas Fischer gegen seine vermeintlich zu schlechte Beurteilung angesetzt, berichtete die FR (Ursula Knapp). Um allzuviel Rückstände zu vermeiden, habe BGH-Präsident Klaus Tolksdorf nun selbst wieder den Vorsitz in einem Strafsenat übernommen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Januar 2013: Rundfunkbeitrag vor Gericht – Europäisches Asylrecht – Straflosigkeit im Organspendeskandal? . In: Legal Tribune Online, 11.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7945/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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