Ist der Einsatz von elektronischen Fußfesseln gescheitert, nachdem ein entlassener Straftäter schnell rückfällig wurde? Das wird nun anhand eines Prozesses in München diskutiert. Außerdem in der heutigen Presseschau: Der Einsatz der FDP gegen Steuerklasse V, die Popularklage der Drogeriekette Rossmann gegen den Rundfunkbeitrag und warum Gott die Überwachung erfunden hat.
LG München - Rückfall mit Fußfessel: Am Landgericht München hat der Strafprozess gegen einen entlassenen Sicherungsverwahrten begonnen. Der Mann war im Rahmen der Führungsaufsicht mit einer elektronischen Fußfessel ausgestattet worden, missbrauchte aber schon nach vier Monaten erneut ein Kind. Über den Prozess berichten spiegel.de (Gisela Friedrichsen), die taz (Christian Rath) und die SZ (Christian Rost) in ihrem Bayern-Teil.
Christian Rath (taz) kommentiert: "Dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung Verbrechen sicher verhindert, hat nie jemand versprochen".
Weitere Themen – Rechtspolitik
FDP gegen Steuerklasse V: Die Zeit (Rüdiger Jungbluth) schildert einen Vorstoß aus der FDP, die Kombination der Steuerklassen III und V abzuschaffen. Sie erlaubt Ehepaaren, den Splittingvorteil (des Mannes) schon während des Steuerjahres zu nutzen und nicht erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung. Psychologisch würden dabei vor allem Frauen entmutigt, eine volle Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Der Autor glaubt jedoch, dass die vorgeschlagene Reform nicht verhindern werde, dass Ehefrauen sich oft nur für Minijobs interessieren, schließlich sei deren Abgabenlast sehr gering.
Richtergesetz Ba-Wü: lto.de (Claudia Kornmeier) stellt ausführlich die von der baden-württembergischen Landesregierung geplanten Änderungen des Landesrichtergesetzes vor. Die Mitbestimmung der Richter und auch der Staatsanwälte bei Personalentscheidungen des Landesjustizministeriums werde gestärkt. Der Richterbund sei mit der Reform zufrieden.
EU-Datenschutz-VO: Die EU will den Datenschutz für Privatunternehmen durch eine Verordnung harmonisieren. Der Grünen-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht bereitet als Berichterstatter die Position des Europäischen Parlaments zu diesem Verordnungsentwurf vor. Mit seinem Berichtsentwurf setzt sich nun Benjamin Bergemann (netzpolitik.org) ausführlich auseinander. Trotz einiger Kritik lobt Bergemann die Positionierung Albrechts, als die derzeit "wohl sinnvollste".
Weitere Themen – Justiz
BPatG zu Ortsnamen: Die Namen kleiner Ortschaften müssen markenrechtlich nicht freigehalten werden, sondern können auch als Marke für andere Zwecke genutzt werden. Dies entschied laut lto.de jetzt das Bundespatentgericht. Konkret ging es um den Ort Ney in Rheinland-Pfalz, der 400 Einwohner hat.
AG Halle zu Google: Wer sich im Dienst blogger.com anonym verleumdet sieht, muss die US-Firma Google Inc. verklagen und nicht die deutsche Tochter Google GmbH. Das entschied das Amtsgericht Halle laut lawblog.de (Udo Vetter).
LG Frankenthal – Brustimplantate: Am Landgericht Frankenthal hat ein Schmerzensgeldprozess gegen den TÜV Rheinland begonnen. Der TÜV soll den von ihm zertifizierten französischen Hersteller von minderwertigen Brustimplantaten nicht wirksam genug kontrolliert haben, wirft ihm eine betroffene Frau vor, die 100.000 Euro einklagen will. Nach einem ähnlichen Prozess in Karlsruhe ist dies das zweite derartige Verfahren in Deutschland, berichtet spiegel.de.
BayVerfGH – Rundfunkbeitrag: Nun hat auch die Drogeriekette Rossmann eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen den seit Jahresbeginn geltenden Rundfunkbeitrag erhoben. Sie kritisiert u.a., dass Unternehmen mit vielen Betriebsstätten gegenüber Unternehmen mit wenigen Betriebsstätten und gleich viel Personal benachteiligt werden, berichtet die FAZ (Michael Hanfeld) in ihrem Medien-Teil.
GenStA Ffm – Fitschen: Wegen Beteiligung am Umsatzsteuerbetrug mit Verschmutzungsrechten ermittelt die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft schon seit August 2011 gegen Jürgen Fitschen, der erst Mitte 2012 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank wurde. Die SZ (Klaus Ott/Andrea Rexer) fragt nun, ob Fitschen auch dann Bank-Chef geworden wäre, wenn die Ermittlungen damals schon bekannt gewesen wären. Andrea Rexer (SZ) kommentiert: "Vielleicht ist es jedoch ganz gut, dass die Behörden ihren Verdacht nicht sofort publik gemacht haben. Das wäre einer Vorverurteilung gleichgekommen."
OLG München – Zschäpe: Die Verteidiger des mutmaßlichen NSU-Mitglieds Beate Zschäpe sind der Mordanklage mit einem Schriftsatz an das OLG München entgegengetreten, den die taz (Wolf Schmidt) und der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) näher darstellen.
Arno Widmann (FR) begrüßt die Entscheidung des OLG München, dass Zschäpe künftig mit ihren Verteidigern ohne Trennscheibe sprechen kann: "Die Gesprächsauflagen waren, sobald es keinen Verdacht mehr gab auf die Fortsetzung von Straftaten, nichts als Schikanen."
Weitere Themen – Recht in der Welt
Polen – Kunstfreiheit und KZ-Asche: Die polnische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den schwedischen Künstler Carl Michael von Hausswolff, nachdem dieser behauptete, in einem seiner Gemälde Asche aus dem KZ Majdanek verarbeitet zu haben, so spiegel.de. Es wird geprüft, ob sich der Mann wegen Störung der Totenruhe strafbar gemacht hat.
Zypern – Korruption mit Anwälten: Die SZ (Klaus Ott/Tasos Telloglou) schildert, wie zypriotische Firmen in internationale Korruptions-Mechanismen einbezogen sind und welch große Rolle dabei zypriotische Anwälte spielen.
Syrien – ein Gericht in Aleppo: Die Zeit (Wolfgang Bauer) berichtet in ihrem Dossier ausführlich und reportagenhaft über den Alltag der Ersten Strafkammer am Vereinigten Gerichtshof von Aleppo – einem von zahlreichen konkurrierenden Gerichten im befreiten Teil der umkämpften Stadt.
USA – Manning: Wegen teilweise illegaler Haftbedingungen soll die zu erwartende Freiheitsstrafe für den mutmaßlichen Datendieb und Wilileaks-Kollaborateur Bradley Manning um 112 Tage reduziert werden, entschied nun eine US-Militärrichterin. Den Antrag der Verteidigung, die Vorwürfe gegen Manning ganz fallen zu lassen, lehnte sie aber ab, so spiegel.de.
Indien – Vergewaltigung und Anwälte: Heinrich Wefing (Die Zeit) kritisiert die Schwierigkeit, Anwälte für die mutmaßlichen Täter im Bus-Vergewaltigungsfall von Neu-Delhi zu finden: "In einem halbwegs funktionierenden Rechtsstaat
hat jeder Anspruch auf einen Anwalt seines Vertrauens".
Sonstiges
Katholische Kirche stoppt Forschung zu Missbrauch: Zahlreiche Medien griffen die kirchliche Kündigung des Vertrags mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen auf und schildern die Hintergründe, zum Beispiel die FR (Dirk Pilz).
Günther Nonnenmacher (FAZ) kommentiert, dass die Kirche den Konflikt mit dem mediengewandten KFN-Direktor Christian Pfeiffer nur verlieren könne. Sie hätte sich vor der Vertragsunterzeichnung überlegen müssen, dass sie Kontrolle abgibt, wenn sie einen Wissenschaftler mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche beauftragt.
Das Letzte zum Schluss
RFID und Gott: An einigen Schulen der USA kann die Anwesenheit der Schüler mit RFID-Chips überprüft werden. Eine Schülerin in Texas weigerte sich aus religiösen Gründen, eine Karte mit integriertem Chip bei sich zu führen. Vor Gericht scheiterte sie jetzt jedoch mit ihrer Weigerung. Die taz kommentiert: "Der HERR liebt die Überwachung, er hat sie erfunden." Als Beleg wird eine Bibelstelle im Buch Hiob zitiert: "Denn seine Augen wachen über die Wege des Menschen, er sieht alle seine Schritte. Es gibt keine Dunkelheit, und wäre sie auch noch so finster, in der sich der Übeltäter vor Gott verstecken könnte."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 10. Januar 2013: Rückfall mit Fußfessel – Rossmann gegen Rundfunkbeitrag - RFID-Chips mit Gottes Segen . In: Legal Tribune Online, 10.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7936/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
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