Die juristische Presseschau vom 7. Juni 2013: Ehegattensplitting für Lebenspartner – Oberstaatsanwalt vor Untersuchungsausschuss – Perspektiven der Anwaltschaft

07.06.2013

Das BVerfG hat die Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt. Der Beschluss wird überwiegend zustimmend kommentiert. Außerdem in der Presseschau: die Aussage eines Oberstaatsanwalts vor dem Mollath-Untersuchungsausschuss, die Perspektiven kleinerer Anwaltskanzleien und warum der "hengstische" Ausbruch eines Wallachs nicht zur Haftung seiner Halterin führt.

Ehegattensplitting für Lebenspartner: Das Bundesverfassungsgericht hat auf Verfassungsbeschwerde dreier homosexueller Paare entschieden, dass eingetragene Lebenspartner einen Anspruch auf das Ehegattensplitting bei der Einkommensteuer haben. Nach Berichten der SZ (Wolfgang Janisch), der FAZ (Joachim Jahn, Manfred Schäfers, Peter Carstens) und der taz (Christian Rath) erkannte der Zweite Senat des Gerichts in der bisherigen Regelung eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung. Diese könne nicht durch den besonderen Schutz von Ehe und Familie allein gerechtfertigt werden, da auch die eingetragene Partnerschaft als "Verantwortungsgemeinschaft" konzipiert sei. Auch dass der Kinderanteil bei Lebenspartnern weit unter dem von Ehepaaren liegt, könne die "typisierende Beschränkung" auf Ehepaare nicht rechtfertigen. Eine ausführliche Besprechung des Beschlusses findet sich auch auf dem Juwiss-Blog (Maria Wersig).

Zu dem Beschluss und den Möglichkeiten seiner Umsetzung durch den Gesetzgeber führt lto.de (Claudia Kornmeier) ein Interview mit dem Rechtsprofessor Herbert Grziwotz. Die FAZ (Reinhard Müller) zeichnet die verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften vom Urteil über deren Verfassungskonformität im Jahr 2002 bis zur jüngsten Entscheidung zur Sukzessivadoption nach.

Jan Feddersen (taz) begrüßt den Beschluss: Es gebe einfach keinen wesentlichen Unterschied zwischen heterosexuellen und homosexuellen Konstruktionen einer verbindlichen Beziehung. "Gleiche Pflichten verlangen nach gleichen Rechten", findet auch Dorothea Siems (Die Welt). Mit seiner Entscheidung gehe das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber als "Pfadfinder für die Politik" voraus, schreibt Heribert Prantl (SZ). Dagegen meint Joachim Jahn (FAZ), der Splittingvorteil habe stets mit dem Grundgedanken zu tun gehabt, dass Ehen auch Kinder hervorbringen. Dieser kleine biologische Unterschied ließe sich auch durch "ideologische Verrenkungen von Rechtsgelehrten" nicht hinwegdiskutieren. Auch Reinhard Müller (FAZ) kritisiert die Entscheidung als "fürwahr revolutionären Akt".

Verfassungsrichter Herbert Landau: Die FAZ (Reinhard Müller) porträtiert den Verfassungsrichter Herbert Landau, der gemeinsam mit der Verfassungsrichterin Sibylle Kessal-Wulf ein Sondervotum zu der Entscheidung zum Ehegattensplitting verfasst hat.

Ehegattensplitting und Verfassung: Aus Anlass der Verfassungsgerichtsentscheidung geht Maximilian Steinbeis auf verfassungsblog.de der Frage nach, inwieweit das politisch umstrittene Ehegattensplitting in der Verfassung verankert ist.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Transparenzgesetz: Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche hat am Donnerstag einen eigenen Entwurf für ein Transparenzgesetz in Baden-Württemberg vorgelegt. Die grün-rote Landesregierung hatte ein solches Gesetz bei Regierungsantritt angekündigt, bisher jedoch keine Taten folgen lassen. Entsprechende Informationsfreiheitsgesetze, mit deren Hilfe Bürger Informationen bei der Verwaltung anfordern oder in Akten einsehen können, existieren bisher auf Bundesebene und in elf Bundesländern. spiegel.de und die taz (Nadine Michel) berichten.

Drei-Prozent-Sperrklausel bei den Europawahlen: Auch eine Drei-Prozent-Sperrklausel bei Europawahlen, über deren Einführung der Bundestag am Donnerstag beraten hat, ist nach Ansicht des Rechtswissenschaftler Enrico Peuker auf lto.de verfassungswidrig. So habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Fünf-Prozent-Hürde im Jahr 2011 geurteilt, dass eine Funktionsbeeinträchtigung des Europäischen Parlaments, die eine solche Sperrklausel rechtfertigen würde, nicht erkennbar sei. Der Gesetzgeber müsse deshalb darlegen, warum sich Funktionen des Europäischen Parlaments seither derart geändert haben, dass sie eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung stützen. Dieser Begründungslast werde der vorliegende Gesetzentwurf aber nicht gerecht.

Menschenhandel: Die taz (Heide Oestreich) bespricht einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Menschenhandel und Prostitution, der am Donnerstagabend im Bundestag behandelt werden sollte. Der Enwurf sieht vor, dass der Straftatbestand zum Menschenhandel künftig auch auf Personen unter 18 Jahren angewandt werden kann und die Ausbeutung der Bettelei und den Organhandel einschließt. Zudem wird der Betrieb einer Prostitutionsstätte als "überwachungsbedürftiges Gewerbe" festgelegt, sodass die Gewerbeaufsicht Bordelle künftig kontrollieren kann.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. Juni 2013: Ehegattensplitting für Lebenspartner – Oberstaatsanwalt vor Untersuchungsausschuss – Perspektiven der Anwaltschaft . In: Legal Tribune Online, 07.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8870/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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