Die juristische Presseschau vom 7. September 2012: Bundesverfassungsgericht und ESM – Piratenprozess in Hamburg – Bahnaufteilung abgewendet

07.09.2012

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rettungsschirm ESM rückt näher, die Meinungsdichte nimmt zu. Außerdem in der Presseschau: Mehr Streit um Beschneidungen, Meldegesetz im Vermittlungsausschuss, Bush und Blair sollen vor Gericht, kein Stromvorteil für Konzerne, und wieso ein Verkehrsdelikt fünfmal vor dem gleichen Amtsgericht verhandelt wurde.

Bundesverfassungsgericht und ESM: Auch wenn es einen Befangenheitsantrag gegen den Verfassungsrichter Peter M. Huber gibt, welt.de (Peter M. Lachmann) berichtet, will das Gericht wie geplant am 12. September über den ESM entscheiden. In einem Gastbeitrag meint Gunnar Beck (SZ), der ESM institutionalisiere den Verfassungsbruch. Er hofft, dass das Gericht sich und den Wähler ernst nehmen werde. Laut Josef Joffe (Die Zeit) dürfe das Parlament sein "heiligstes Vorrecht – die Oberaufsicht über die Staatsfinanzen" nicht preisgeben.

Professor Hans Vorländer (FTD) vertritt in einem Gastbeitrag die Auffassung, das Gericht profitiere vom Ressentiment gegenüber dem Politischen und solle sich zurückhalten. Jan Fleischhauer (spiegel.de) setzt noch einen drauf: "Rechtsprechung aus Karlsruhe ist Politikverachtung für die gehobenen Stände." Thomas Fricke (FTD) nennt das Beharren auf dem Etatrecht des Parlaments "arg romantisch" und fragt, ob das tiefere Problem nicht in der tatsächlichen Macht der Leute an den Finanzmärkten liege.

Mark Schieritz und Heinrich Wefing (Die Zeit) meinen, die Entscheidung für den ESM sei längst gefallen. Niemand könne sich dem "eisigen, unbarmherzigen Konsequentialismus" entziehen, "der alles einebnet, die Differenzen zwischen Regierung und Opposition, die Teilung der Gewalten, die hergebrachten Institutionen."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Streit um Beschneidungen: Einen Tag, nachdem das Land Berlin versucht hat, mit einer Regelung die Balance zwischen körperlicher Unversehrtheit des Kindes und Religionsfreiheit zu wahren, tobt der Streit über religiös motivierte Beschneidungen unvermindert weiter. Wie die SZ (Constanze von Bullion) berichtet, bezeichnete Gideon Joffe, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die Bestimmungen in ihrer Wirkung als antisemitisch.

Die taz (Heide Oestreich / Daniel Bax) moderiert ein Streitgespräch zwischen den beiden Juristen Sergey Lagodinsky (Grüne) und Raju Sharma (Linkspartei).

Jasper von Altenbockum (FAZ) kommentiert, wenn es nicht gelinge, sich auf eine klare Regelung zu einigen, gebe es keinen Schutz vor Ermittlungsverfahren und Strafe.

Meldegesetz: Das umstrittene Meldegesetz soll im Vermittlungsausschuss überarbeitet werden, berichtet spiegel.de (Friederike Freiburg). Vor allem bei der Regelung, die es Ämtern gestatte, Daten ohne ausdrückliche Genehmigung von Bürgern an die Werbeindustrie weiterzugeben, gebe es Nachbesserungsbedarf.

netzpolitik.org (Andre Meister) berichtet, dass das Bündnis "Meine Daten sind keine Ware" 190.000 Unterschriften gegen das Gesetz an die Innenminister der Länder überreicht habe.

Reform des Urheberrechts: In einem Gastbeitrag plädieren der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der Musiker Paul van Dyk (Die Zeit) für ein zeitgemäßes Urheberrecht mit intelligenten Bezahlmodellen statt 4.3 Millionen Abmahnungen im Jahr. Außerdem fordern sie eine bessere soziale Absicherung für Künstler.

Steuer-CDs: In einem Beitrag für lto.de erläutert Rechtsprofessor Arndt Schmehl, warum im Streit um den Ankauf von CDs mit Steuerdaten die Position von Steuerstaat (Norbert-Walter Borjans) und Rechtsstaat (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger) einander ergänzen und sich nicht zwangsläufig auszuschließen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. September 2012: Bundesverfassungsgericht und ESM – Piratenprozess in Hamburg – Bahnaufteilung abgewendet . In: Legal Tribune Online, 07.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7019/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen