Die juristische Presseschau vom 6. Mai 2015: Mindestbesoldung für Richter – Pause für Fitschen & Co – Sieg für Helmut Kohl

06.05.2015

Justiz

LG München I – Deutsche Bank: Vor dem Landgericht München I wurde am Dienstag der Prozess gegen Jürgen Fitschen und weitere, frühere Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank wegen versuchtem Prozessbetrug bzw. falscher uneidlicher Aussage im Zivilverfahren um die Pleite der Mediengruppe des Leo Kirch fortgesetzt. Nach Bericht der FAZ (Joachim Jahn) hat das Gericht die Staatsanwaltschaft dabei "heftig gerüffelt", weil diese zum Auftakt des Verhandlungstags einen weiteren Aktenordner mit Beweismaterial zusammen mit zehn DVDs mit eingescannten Mails und Protokollen vorgelegt hat. Wie auch die SZ (Klaus Otto) schildert, habe es kurz geschienen, als würde der Prozess platzen. Weil dies keiner der Beteiligten gewollt habe, habe man sich schließlich geeinigt, den für nächste Woche geplanten Verhandlungstag ausfallen zu lassen.

Nach Schilderungen der Welt (Gerhard Hegmann) und des Handelsblatts (Kerstin Leitel/Michael Brächer) wurde von Verteidigerseite zudem beantragt, Oberstaatsanwältin Christiane Serini abzulösen. Da diese in den weiteren Verhandlungstagen mehrfach als Zeugin geladen sei, sei sie "nicht objektiv unbefangen".

OLG Köln zu Helmut Kohl: In Verfahren des Altkanzlers Helmut Kohl gegen seinen früheren Ghostwriter Heribert Schwan über die Verwendung von Kohl-Zitaten in Schwans Buch "Vermächtnis – die Kohl-Protokolle" hat das Oberlandesgericht Köln nach Berichten von lto.de (Tanja Podolski), dem Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof) und der SZ (Bernd Dörries) das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Köln bestätigt und darüber hinaus noch den Abdruck weiterer Zitate verboten. Wie auch die Vorinstanz habe das Gericht eine konkludente vertragliche Geheimhaltungspflicht Schwans angenommen. Der Streit zwischen Kohl und Schwan um die Herausgabe der Tonbänder mit den Interviewaufzeichnungen, ist aktuell beim Bundesgerichtshof anhängig. Auch zeit.de (Ludwig Greven) und Die Welt (Kristian Frigelj) berichten.

OLG München – NSU: Die taz (Andreas Speit/Konrad Litschko) rekapituliert die zwei Jahre der Hauptverhandlung im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München, die am 6. Mai 2013 begonnen hat. Die Verteidiger von Beate Zschäpe sähen nach über 500 befragten Zeugen keine Grundlage für die Anklage mehr; etwa sei Zschäpes Funktion als "Finanzverwalterin" der Gruppe nicht belegt. Die Opferanwälte hielten in ihrem Zwischenfazit demgegenüber alle Anklagepunkte für erwiesen.

Desweiteren führt die taz (Konrad Litschko) ein Interview mit Ombudsfrau der Opferangehörigen, Barbara John, über die Hoffnung der Familien auf eine Aussage Zschäpes und die Forderung eines neuen Untersuchungsausschusses im Bundestag.

BGH zu Verbraucher- bzw. Bankenrecht: lto.de informiert über zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs über die Rechte von Bankkunden. Zu einem mit einer Lebensversicherung besicherten Darlehen urteilte das Gericht, es liege kein verbundenes Rechtsgeschäft nach § 358 Abs. 3 BGB vor. Den wesentlichen Entscheidungsinhalt referiert auch das Handelsblatt (Ozan Demircan).

Im zweiten Urteil hielten die Richter die Kündigungsklausel einer bayerischen Sparkasse für zu unbestimmt, weil nicht hinreichend deutlich werde, dass das Institut Girokonten von Privatkunden nur im Ausnahmefall und aus wichtigem Grund kündigen darf. Auch über diese Entscheidung berichtet das Handelsblatt (F. Drost/A. Rezmer/S. Schier) in einem separaten Beitrag.

EuGH zu EU-Patentamt: Nach Bericht der FAZ (Hendrik Kafsack) ist Spanien mit zwei Klagen zum EU-Patentamt vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert. Die angefochtene Begrenzung der Verfahrenssprachen auf Englisch, Französisch und Deutsch sei zulässig, weil dadurch Kosten für Übersetzungen gesenkt und auf diese Weise kleinen Unternehmen ein besserer Zugang zum Patentschutz gewährt werde. Zudem wurde die Klage, in der Spanien die Rechtsgrundlage für die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in Frage stellte, zurückgewiesen.

EuG zu Sky und Skype: Das Gericht der Europäischen Union hat eine Klage des Telefonie-Software- Betreibers Skype gegen einen Beschluss des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) aus den Jahren 2004 und 2005 zurückgewiesen. Das HABM hatte die Anmeldung der Wort- und Bildzeichen SKYPE als Gemeinschaftsmarke auf Widerspruch des Bezahlsenders Sky verweigert, weil Verwechslungsgefahr mit dessen zuvor registrierter Marke bestehe. Die "allemal lesenswerten" sprachwissenschaftlichen Ausführungen des Gerichts fasst lto.de (Tanja Podolski) zusammen.

ArbG Berlin zu Kündigung nach Mindestlohnforderung: Einem Arbeitnehmer in Berlin wurde gekündigt, nachdem er seinen Arbeitgeber aufgefordert hatte, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Die im Gegenzug vorgeschlagene Arbeitszeitreduzierung hatte der Arbeitnehmer abgelehnt. Nach Urteil des Arbeitsgerichts Berlin verstößt die Kündigung gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot, so dass sie unwirksam ist. Rechtsanwalt Marc Rosenau skizziert die Entscheidung auf dem Handelsblatt-Rechtsboard.

Befangenheit von Richtern: Bundesrichter Thomas Fischer widmet sich in seiner aktuellen zeit.de-Kolumne dem Thema der Befangenheit von Richtern. Er erläutert den Grund für den Richterausschluss wegen der Besorgnis von Befangenheit, die näheren Voraussetzungen sowie die Zuständigkeiten bei der Entscheidung. Kritisch äußert er sich zudem zu der Regelung der StPO, nach der das Gericht nach Zulassung der Anklage im Zwischenverfahren auch im Hauptverfahren zuständig bleibt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. Mai 2015: Mindestbesoldung für Richter – Pause für Fitschen & Co – Sieg für Helmut Kohl . In: Legal Tribune Online, 06.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15455/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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