Die juristische Presseschau vom 4. Juni 2013: Johnny K.-Prozess geplatzt – Kompromiss im Kartellrecht – Bitcoins mit Risiko

04.06.2013

Alles von vorn: Der Johnny K.-Prozess muss neu aufgerollt werden, nachdem ein Schöffe seine Ansichten in einem Boulevardblatt zum Besten gegeben hat. Außerdem in der Presseschau: Bundestag und Europäische Bankenaufsicht, Neues im Kartellrecht, Emrah E. vor Gericht, keine Todesstrafe für Manning, eine Warnung vor Bitcoins und das historische Vermächtnis des RkReÜAÜG.

Johnny K.-Prozess geplatzt: Der Prozess um den Tod von Johnny K. vor dem Landgericht Berlin muss neu aufgerollt werden. Der Schöffe Siegfried K. hatte sich in einem Interview mit der B.Z. zu dem Prozess geäußert und wurde unter anderem mit den Worten zitiert, die Verteidiger wollten mit ihren Anträgen "halt den Prozess kaputt machen". Der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck bedauerte den Vorfall. Die Kammer brach den Prozess wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Richters ab, ohne entsprechende Anträge der Verteidigung abzuwarten. Der Schöffe K. war bereits zuvor in der Verhandlung aufgefallen, als er einen Zeugen unbeherrscht anfuhr. Drei der Angeklagten wurden nun aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess soll am 6. Juni erneut beginnen. Es berichten unter anderem spiegel.de (Julia Jüttner) und die SZ (Constanze von Bullion).

Sebastian Heiser (taz.berlin) hält das Schöffenwesen generell für ein überflüssiges Relikt des vorletzten Jahrhunderts. Es sei "absurd", dass Laien mit der gleichen Stimme wie Berufsrichter urteilten. Zumeist übernähmen Berufsrichter "die Hauptarbeit", während die Schöffen "vor sich hin dösen". Für die Kontrolle der Gerichte gebe es heute "Medien, Blogs und im Zweifel die nächste Instanz".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Europäische Bankenaufsicht: Darf der Bundestag ein Zustimmungsgesetz zur Europäischen Bankenaufsicht verabschieden? Nein, meint der Rechtsprofessor Franz Meyer. Seine Argumente erläutert verfassungsblog.de (Max Steinbeis): Die Europäische Union habe bereits mit dem Maastricht-Vertrag 1992 die Zuständigkeit erhalten, eine entsprechende Verordnung zu erlassen – die, anders als eine Richtlinie, unmittelbar gilt. Dem Bundestag fehle es an einer Kompetenzgrundlage für ein Zustimmungsgesetz. Meyer war am Montag als Sachverständiger im Finanzausschuss des Bundestages geladen, der den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen berät.

Kronzeugen in Kartellfällen: Die Europäische Union plant eine Richtlinie, mit der Kronzeugen in Kartellverfahren umfassender geschützt werden. Das stoße insbesondere bei der Deutschen Bahn auf Kritik, weil damit Schadensersatzansprüche wegen Kartell-Betrugs erschwert würden, berichtet die SZ (Klaus Ott).

GWB-Neuregelung: Wie die FAZ (Andreas Mihm) berichtet, haben sich Bund und Länder auf einen Kompromiss im Kartellrecht geeinigt. Demnach soll das Bundeskartellamt künftig Zusammenschlüsse gesetzlicher Krankenkassen überprüfen. Dagegen werde die Überwachung bei der Preispolitik kommunaler Unternehmen erschwert. Die achte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erleichtere zudem Zusammenschlüsse von Presseverlagen.

Steuerschlupflöcher: Bund und Länder wollen noch diese Woche wichtige Steuerschlupflöcher schließen, so die FAZ (Manfred Schäfers/Andreas Mihm). Die Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses habe sich auf entsprechende Gesetzesänderungen bei der Erbschaftssteuer, der Grunderwerbssteuer und der Einkommenssteuer verständigt.

Sicherungsverwahrung: Der ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm kritisiert auf lto.de das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung, das zum 1. Juni in Kraft getreten ist. Das Bundesverfassungsgericht habe mehr gefordert als die Umsetzung des Abstandsgebotes – neben der Ausgestaltung hätte auch die Anordnung der Sicherungsverwahrung neu geregelt werden sollen.

Missbrauch von Werkverträgen: Der Rechtsanwalt Jost-Hubertus Bauer wendet sich in einem Gastkommentar für die FAZ gegen die Pläne von SPD und Grünen, Missbrauch von Werkverträgen anhand eines Kriterienkataloges zu bekämpfen. Dabei geht es um die Frage, ob ein echter Werkvertrag oder eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt – etwa wenn Unternehmen Reinigungsarbeiten outsourcen. Bauer ist der Ansicht, die derzeitige Rechtslage reiche aus, um Missbrauch wirksam zu bekämpfen.

Netzpolitik als Ländersache: Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz hat in einer Rede zum Hamburger Mediendialog gefordert, Netzpolitik im Rahmen von Medienstaatsverträgen auf Länderebene zu regeln. Der Grünen-Politiker Malte Spitz widerspricht in einem Gastbeitrag auf spiegel.de: Netzpolitik brauche multinationale statt regionale Strukturen. internet-law.de (Thomas Stadler) merkt an, den Ländern fehle die Kompetenz für eine umfassende Medienordnung, sie könnten zwar das Presse- und Rundfunkrecht regeln, jedoch nicht das Telekommunikations- und Urheberrecht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. Juni 2013: Johnny K.-Prozess geplatzt – Kompromiss im Kartellrecht – Bitcoins mit Risiko . In: Legal Tribune Online, 04.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8841/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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