Die juristische Presseschau vom 4. Mai 2012: Becker will reden – Bundestag darf entscheiden – Beamter kriegt Abfindung

04.05.2012

Nun redet sie doch: Ex-RAF-Terroristin Verena Becker hat eine Aussage angekündigt und erntet dafür Respekt. Außerdem in der Presseschau: Was der Bundestag zur Euro-Rettung sagen darf, was die Justizministerin zum BGH-Streit sagen soll und was der EuGH zu kranken Beamten gesagt hat. Zum Schluss sammelt ein Schüler fleißig Punkte – in Flensburg.

Verena Becker: Im Prozess um den Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback hat die als Mittäterin angeklagte Verena Becker eine Aussage für den 14. Mai angekündigt. Das wird in den Medien begrüßt, auch wenn eher warme Worte als neue Erkenntnisse erwartet werden. Die taz (Christian Rath) gibt einen kurzen Überblick zum Stand des Verfahrens.

Gisela Friedrichsen (spiegel.de) sieht in der Ankündigung nicht bloße "Verteidigertaktik", Becker mache vielmehr den Eindruck, dass sie sich "mit ihrer Vergangenheit und ihren Taten auseinandergesetzt" habe. Christian Bommarius (FR) betont, Beckers bisheriges Schweigen sei ihr "gutes Recht", ihre Aussage könne aber eine  "Geste des Respekts" sein.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Bundestag und ESM: Die Beteiligung des Bundestages an Entscheidungen zum Eurorettungsschirm ESM soll gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geregelt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt der taz (Ulrich Schulte) vor. Demnach werde das gesamte Plenum an grundsätzlichen Entscheidungen beteiligt, nur in Ausnahmefällen könne eine Sondergremium tätig werden.

Kein Patent auf Sperma: Das Europäische Patentamt hat ein Patent auf tiefgefrorenes Sperma von Zuchttieren wiederrufen. Den umstrittenen Fall erläutert die FR (Thomas Magenheim).

Grenzkontrollen in der EU: Wie die SZ (Martin Winter) weiß, halten EU-Juristen in einem jetzt bekannt gewordenen Gutachten die zeitweise Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch eine Änderung des Schengen-Kodex für unzulässig. Dennoch könnten die Mitgliedsstaaten Grenzkontrollen vornehmen, wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.

Tarifstreit um Zeitarbeit: Im Streit um Widerspruchsrechte des Betriebsrates gegen den Einsatz von Zeitarbeitern beharken sich Arbeitgeber und IG Metall mit juristischen Gutachten. Die jeweiligen Rechtsauffassungen stellt das Handelsblatt (Dietrich Creutzburg) vor.

Weitere Themen - Justiz

Streit am BGH: Angesichts des andauernden Streits am Bundesgerichtshof um den Vorsitz am 2. Strafsenat, fordert Wolfgang Janisch (SZ) ein Eingreifen der Justizministerin. Wenn BGH-Präsident Tolksdorf seine "Macht nicht mit Fingerspitzengefühl zu gebrauchen weiß", müsse es "Reaktionen geben".

EuGH zum Beamtenrecht: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Beamten eine Ausgleichszahlung zusteht, wenn sie wegen einer langfristigen Erkrankung keinen Urlaub antreten können. Dazu spiegel.de.

Zahlen für Bankfehler: spiegel.de (Hendrik Ternieden) schildert einen folgenreichen Bankfehler, mit dem sich das Landgericht Itzehoe befasst hat. Demnach überwies die comdirect einem Kunden versehentlich 200 Millionen Euro – und verlangt anschließend Zinsen, weil der Mann angeblich 10 Millionen kurzfristig auf ein anderes Konto überwiesen haben soll. Das Gericht erließ nun ein Versäumnisurteil gegen die Bank, die damit die erhobenen Zinsen zurück zahlen muss.

Bewährung nach Misshandlung: Das Hamburger Amtsgericht hat einen Mann wegen der Misshandlung seiner Freundin zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Wie Die Welt berichtet, hat der Mann seine damalige Freundin gefangen gehalten und ausgepeitscht. Die Frau ist mittlerweile mit dem Täter verlobt und schwieg vor Gericht.

Anklage gegen Terroristen: Die Bundesanwaltschaft hat gegen vier mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Die Männer der sogenannten "Düsseldorfer Zelle" sollen einen Bombenanschlag geplant haben, ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, dem Anführer der Gruppe zudem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die SZ (Annette Ramelsberger) berichtet ausführlich über das bisherige Geschehen.

Lucky-Strike-Werbung: Die Aussichten von Dieter Bohlen und Prinz Ernst August von Hannover, gegen Werbeslogans der Zigarettenmarke Lucky Strike vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzugehen, beleuchtet der Rechtsanwalt Markus Ruttig für lto.de. Der Bundesgerichtshof hatte in der Werbung keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten der beiden Prominenten gesehen.

Deutscher Islamist: Ein deutscher Islamist soll möglicherweise in Pakistan von einer US-Drohne getötet worden sein. Wie die taz (Christian Rath/Wolf Schmidt) berichtet, prüft den Fall nun die Bundesanwaltschaft. Dabei sei noch unklar, ob diese überhaupt zuständig sei – das hänge davon ab, ob der Drohnenangriff im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt stehe.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Den Haag – Karadzic-Prozess: Eine kurze Zwischenbilanz des Verfahrens gegen den ehemaligen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, vor dem Jugoslawien-Tribunal der Vereinten Nationen in Den Haag, gibt die SZ (Ronen Steinke). Der Prozess dauert bereits zwei Jahre, heute endet die Beweisführung der Anklage. Heribert Prantl (SZ) wirbt angesichts der Verfahrensdauer für Geduld, es sei richtig, nicht zu "praktischen Abkürzungen" zu greifen, wie sie in Deutschland üblich seien.

Großbritannien – EGMR-Urteil: Die britische Polizei hat einen psychisch kranken Mann drei Tage in einer Zelle festgehalten – weil in der Psychatrie war kein Bett frei war. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht darin eine unmenschliche Behandlung. Dabei sei es nicht auf individuelles Fehlverhalten der Beamten angekommen, sondern auf die "Verantwortung des Staates, dafür zu sorgen, dass in seinen Gefängniszellen niemand in einen menschenunwürdigen Zustand gerät", erläutert Max Steinbeis (verfassungsblog.de).

Großbritannien – Agenten-Fall: Die schwierigen Ermittlungen nach dem mysteriösen Tod eines britischen Geheimdienst-Agenten, dessen Leiche 2010 nackt in einer verschlossenen Tasche gefunden wurde, schildert die SZ (Christian Zaschke).

Das Letzte zum Schluss

Grüße nach Flensburg: Gleich 26 Mal ist ein 17-jähriger Schüler auf seinem getunten Motorrad durch eine Radarfalle gerast – und hat der Kamera jedesmal den Mittelfinger gezeigt. Jetzt hat ihn eine Polizeistreife gestellt. Wie viele Punkte, wie viel Bußgeld und wie viele Monate Führerscheinentzug das gibt, hat Die Welt genau gezählt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. Mai 2012: Becker will reden – Bundestag darf entscheiden – Beamter kriegt Abfindung . In: Legal Tribune Online, 04.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6124/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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