Die juristische Presseschau vom 28. – 30. September 2013: Missbrauch von Werkverträgen – Altersschwacher UN-Richter – Spanner im weißen Kittel

30.09.2013

Wie kann der Missbrauch von Werkverträgen im Arbeitsrecht verhindert werden? Das dürfte Thema der Koalitionsverhandlungen werden. Außerdem in der Presseschau: Professoren diskutieren über die Fünf-Prozent-Hürde, der Migrantenanteil in Schulklassen muss nicht gleichmäßig sein, ein altersschwacher UN-Richter wird zum Problem und ein schamloser Zahnarzt landet in Haft.

Thema des Tages

Missbrauch von Werkverträgen: beck.blog.de (Markus Stoffels) stellt einen Gesetzentwurf des Bundesrates vor, der den Missbrauch von Werkverträgen zur Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen verhindern soll. Der Gesetzentwurf wurde bei der letzten Sitzung des Bundesrats am 20. September beschlossen.

Der Anwalt Norbert Pflüger stellt auf der FAS-Seite "Beruf und Chance" ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Stuttgart aus August vor. Danach muss Daimler zwei IT-Experten fest anstellen, die bisher über Werkverträge beim Sub-Auftragsnehmer eines Daimler-Vertragspartners arbeiteten. Entscheidendes Kriterium: Sie wurden bei Daimler wie normale Arbeitnehmer behandelt. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, habe aber jetzt schon abschreckende Wirkung.

beck.blog.de (Markus Stoffels) verweist außerdem auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von Mittwoch. Dort wurde im Fall eines bayerischen Denkmalpflegers die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstverträgen bekräftigt. Wer, wie der Denkmalpfleger, nur die Tätigkeit und nicht einen bestimmten Erfolg schulde, sei Arbeitnehmer.

Rechtspolitik

Papier zu Staatsrecht: Ex-BVerfG-Präsident Hans-Jürgen Papier schlägt im Interview mit dem Focus (Stefanie E. Stallmann, Kurzfassung) vor, über eine Absenkung der Fünf-Prozenthürde auf drei Prozent nachzudenken. Außerdem entspreche eine große Koalition mit zahlenmäßig schwacher Opposition nicht dem Idealbild einer parlamentarischen Demokratie, so Papier. Dagegen hat er keine Bedenken, wenn Parteien ihre Wahlversprechen nach Koalitionsverhandlungen aufgeben.

Fünf-Prozent-Hürde: In einem Beitrag für verfassungsblog.de hält die Professorin Sophie-Charlotte Lenski das Bundestagswahlrecht für verfassungswidrig, weil es davon ausgehe, dass Bürger nur in begrenztem Maße Kleinparteien wählen. Wenn sich aber "der Wählerwille dem Wahlsystem anpassen soll, nicht umgekehrt, sind die Voraussetzungen einer freien Wahl nicht mehr erfüllt." Sie schlägt vor, die Fünf-Prozent-Hürde automatisch auf drei Prozent abzusenken, wenn sonst eine bestimmte Stimmenzahl unberücksichtigt bleibe.

Rechtsprofessor Christoph Schönberger verteidigte, ebenfalls auf verfassungsblog.de, die Fünf-Prozent-Hürde: "Das Parlament hat nicht allein die Aufgabe, die Pluralität der Gesellschaft auszudrücken; es ist mindestens ebenso sehr der Ort, wo die Bürger durch ihre Repräsentanten zu gemeinsamen Regeln und Orientierungen kommen." Statt im Parlament sollten kleine Parteien häufiger in den Medien zu Wort kommen. Die Fünf-Prozent-Hürde sei "keine Ideenpolizei des öffentlichen Raums."

Oppositionsrechte: Im Fall einer großen Koalition könnte die Opposition aus Linken und Grünen weder Untersuchungsausschüsse beantragen noch eine abstrakte Normenkontrolle. Spiegel stellt Stimmen zusammen, die eine Stärkung der Oppositionsrechte für rechtlich geboten halten oder ablehnen.

Minderheitsregierung: Heribert Prantl (Samstags-SZ) kritisiert im Feuilleton die ungerechtfertigte deutsche Angst vor Minderheitsregierung. Er räumt aber ein: "Das Grundgesetz macht es einer echten Minderheitsregierung auch nicht ganz leicht, sich zu etablieren."

Totalüberwachung: Anwalt Jürgen Melchior weist auf ra-melchior-blog.de auf die Initiative "Anwälte gegen Totalüberwachung" hin, die sich gegen die NSA-Überwachung wendet.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. – 30. September 2013: Missbrauch von Werkverträgen – Altersschwacher UN-Richter – Spanner im weißen Kittel . In: Legal Tribune Online, 30.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9701/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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