Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. Mai 2012: Geld vom Gericht – Juristinnen wollen Quote – Das nullte Jahr

14.05.2012

Wo landen eigentlich Geldstrafen? Bei gemeinnützigen Organisationen - und die könnten versucht sein, etwas nachzuhelfen. Außerdem in der Presseschau: Die Justizministerin für Väterrechte, Strafrechtsexperten für Resozialisierung und der Juristinnenbund für eine Quote am BGH. Zuletzt verzählt sich ein Richter - allerdings nicht beim Geld, sondern bei den Lebensjahren.

Geld vom Gericht: Die Gerichte weisen gemeinnützigen Organisationen jährlich mehrstellige Millionenbeträge an Spenden zu. Dabei handelt es sich um Geldstrafen oder um Auflagen bei der Einstellung von Verfahren. Die Montags-SZ (Anja Perkuhn) schildert das Geschäft und die Versuche mancher Organisationen, die Richter entsprechend zu beeinflussen.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Atalanta-Mission: Der Bundestag hat Ende vergangener Woche der Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes zur Bekämpfung von Piraterie an der somalischen Küste zugestimmt. Der Rechtswissenschaftler Tim René Salomon erklärt auf lto.de, warum er auch den Einsatz an Land für völkerrechtsmäßig hält.

Organspende: Die Montags-FAZ (Andreas Mihm) stellt einen Änderungsantrag zum Transplantationsgesetz vor, mit dem die zuletzt in Kritik geratene "Deutsche Stiftung Organspende" stärker kontrolliert werden soll. Christina Berndt (Montags-SZ) kritisiert, dass die Gesetzesreform "im Eiltempo durchgewinkt" werden solle, obwohl weitere Diskussionen "dringend nötig" seien.

Justizministerin für Väterrechte: Der Erzeuger eines Kindes, der rechtlich gesehen nicht Vater ist, soll künftig leichter Umgangs- und Auskunftsrechte erhalten. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) erläutert den Referentenentwurf des Justizministeriums, der der Zeitung vorliegt.

Strafvollzugs-Reform: Der "Ziethener Kreis", ein Gremium von Strafrechtsexperten, hat den Vorschlag von zehn Bundesländern zur Reform des Strafvollzugs grundsätzlich begrüßt und zugleich gefordert, dass der Gedanke der Resozialisierung konkret umgesetzt wird. Die Montags-SZ (Heribert Prantl) schildert die Debatte.

Weitere Themen - Justiz

Juristinnen fordern BGH-Quote: Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Ramona Pisal, fordert eine Frauenquote bei den Senatsvorsitzenden am Bundesgerichtshof, nachdem von 17 BGH-Senaten nur noch einer von einer Frau geführt wird. Das berichtet die Montags-taz (Christian Rath).

Justizopfer: Der Spiegel (Beate Lakotta) schildert eindringlich den Fall des Justizopfers Harry Wörz. Der Mann wurde zu Unrecht wegen Totschlags verdächtigt und erst nach einem neun Jahre andauernden Verfahren freigesprochen. Nun sei er schwer traumatisiert, erhalte jedoch nur unzureichende Entschädigung: "Als Justizopfer ist er ein Kollateralschaden des Rechtsstaates bei der Wahrheitssuche – im Vorübergehen zertreten und sich selbst überlassen".

NSU-Terror und Justizversagen: Die Samstags-SZ (Joachim Käppner/Tanjev Schultz) berichtet über den Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terror des "Nationalsozialistischen Untergrundes". Hier werde deutlich, wie Kompetenzstreitigkeiten die Aufklärung der Mordserie verhinderten. Ebenfalls in der Samstags-SZ (Christiane Kohl) findet sich ein Bericht zur Schäfer-Kommission, die die Rolle des Thüringer Verfassungsschutzes bei den Ermittlungen gegen die NSU-Mitglieder aufklären soll.

BVerfG zu Doppelbesteuerung: Das Bundesverfassungsgericht soll eine Regelung des Einkommenssteuergesetzes überprüfen, die die Nachweispflichten von Steuerzahlern betrifft, die unter Doppelbesteuerungsabkommen fallen. Wie lto.de meldet, hat der Bundesfinanzhof die Frage des so genannten Treaty Overrides den Verfassungsrichtern zur Klärung vorgelegt.

Mord wegen Heirat: spiegel.de (Julia Jüttner) berichtet ausführlich von einem Mordprozess vor dem Landgericht Oldenburg gegen einen Mann, der seine Tochter und deren Ehemann tötete, nachdem das Paar ohne seine Erlaubnis geheiratet hatte. Der Vater sah in der heimlichen Heirat offenbar einen Verstoß gegen die Tradition der muslimischen Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya, der die Familie angehörte. Das Gericht verurteilte den Mann wegen zweifachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Gewaltsamer Polizeieinsatz: Das Verfahren gegen eine Familie aus dem bayerischen Rosenheim, die wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Körperverletzung angeklagt war, wurde auf Vorschlag des Amtsgerichts Rosenheim eingestellt. Die Samstags-taz (Lea Hampel) berichtet über den Fall, der wegen des gewaltsamen Polizeieinsatzes bei einer Befragung im Hausflur für viel Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Auch der Spiegel (Gisela Friedrichsen) bespricht den Fall und kritisiert die Verfahrenseinstellung scharf: "Wenn es um prügelnde Polizisten geht, scheint in Bayern die Justiz bisweilen verkehrte Welt zu spielen."

Becker Aussage: Ex-RAF-Mitglied Verena Becker hat für heute ihre Aussage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angekündigt. Der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) spekuliert über den Inhalt der Aussage, die Montags-taz (Wolfgang Gast) über die Rolle der Bundesanwaltschaft bei der gescheiterten Aufklärung des Buback-Mordes.

Kirch-Prozess: Im Schadensersatzprozess von Erben der Kirch-Mediengruppe gegen die Deutsche Bank hat die Verlegerin Friede Springer vor dem Oberlandesgericht München ausgesagt. Dazu die FR (Thomas Magenheim). Der Prozess nähert sich unterdessem seinem Ende. Wie die FTD (Angela Maier) berichtet, setzte das Gericht nur noch zwei Verhandlungstermine fest, danach sollen am 12. Oktober dieses Jahres die Schlussplädoyers stattfinden.

Hundesteuer: Ein Rechtsanwalt will vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, um sich gegen die Hundesteuer zu wehren. Die Rechtswissenschaftlerinnen Anja Balitzki und Christina Bick sind auf lto.de der Ansicht, dass er damit durchaus Erfolg haben könnte.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Frankreich – Sexuelle Belästigung: Der französische Verfassungsrat hat den Straftatbestand sexueller Belästigung aufgehoben, die 20 Jahre alte Norm sei zu unbestimmt. Die Samstags-taz (Rudolf Balmer) schildert die Hintergründe der Entscheidung. In einem gesonderten Kommentar kritisiert Balmer (Samstags-taz), dass die Richter das Gesetz ersatzlos strichen, anstatt eine Frist zur Nachbesserung zu setzen.

Ukraine – Anklage gegen Timoschenko: Die ukrainische Oppossitionspolitikerin Julija Timoschenko soll wegen Mordes angeklagt werdern. Das berichten unter anderem die Samstags-FAZ (Konrad Schuller) auf Seite 1 und zeit.de. Die Samstags-FAZ (Konrad Schuller) befasst sich außerdem im Auslands-Teil ausführlich mit den ungeklärten Hintergründen des Mordfalles von 1996.

Norwegen – Lex Breivik: Die norwegische Gesundheitsministerin will psychisch kranke Verbrecher schärfer überwachen lassen. Die Samstags-SZ berichtet in einer kurzen Meldung, der Gesetzesvorschlag werde als "Lex Breivik" kritisiert.

USA – Google: Google steht in der Kritik, Suchergebnisse zu manipulieren. Nun legte das Unternehmen ein Rechtsgutachten vor, wonach die Einflussnahme auf Suchergebnisse unter den Schutz der Meinungsfreiheit fällt. Thomas Stadler (internet-law.de) widerspricht dieser Rechtsauffassung.

Sonstiges

Politische Gewalttaten: Bundesinnenminister Friedrich hat die jährliche Kriminalitätsstatistik zu politischen Gewalttaten vorgestellt. Demnach stiegen die Fälle politisch motivierter Gewalt deutlich an. Es berichtet unter anderem die Samstags- taz (Wolf Schmidt). Georg Paul Hefty (Samstags-FAZ) fordert als Konsequenz eine Stärkung der Sicherheitsbehörden.

Das Letzte zum Schluss

Judex non calculat: Auch Juristen tun sich mit dem Zählen manchmal schwer. Der Blog De lege lata (Roman Kaiser) berichtet von einem Richter, der mit dem "nullten" Lebensjahr anfing.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. Mai 2012: Geld vom Gericht – Juristinnen wollen Quote – Das nullte Jahr . In: Legal Tribune Online, 14.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6192/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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