Die juristische Presseschau vom 9. Juni 2011: Streit um Atomausstieg – Vertragsrecht für EU – Schlag gegen Internetstreams

09.06.2011

Sind die Gesetze zum Atomausstieg wasserdicht? Die Mediendebatte um die rechtlichen Konsequenzen der Energiewende hält an. Außerdem in der Presseschau: Vorstöße zum EU-Vertragsrecht, Ermittlungen gegen kino.to, ein zwitschernder Wettermoderator und vieles andere.

Atomausstieg: Während der Bundestag heute die Gesetzentwürfe zum Atomausstieg berät, fragen die Medien nach den rechtlichen Folgen. Werner Sturbeck (FAZ) prophezeit im Leitartikel Wirtschaft ein juristisches Nachspiel:"Mit Sicherheit wird sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Streitpunkt befassen, ob die Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima hierzulande die Verringerung der im Atomgesetz vorgesehenen Produktion rechtfertigt."

Rupert Scholz (FTD.de) sieht den Staat zu Entschädigungszahlungen verpflichtet. Den Kraftwerkbetreibern würden "Vermögensverluste von enteignungsrechtlicher Qualität" entstehen. Die SZ (Michael Bauchmüller und Wolfgang Janisch) hält die unterschiedlichen Abschalttermine der baugleichen Reaktoren Grundremmingen B und C für den"Schwachpunkt des Gesetzes". Unter Berufung auf Joachim Wieland, Rechtsprofessor in Speyer, nimmt sie aber an, dass sich aus der Abstufung keine Entschädigungsansprüche ableiten lassen.

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Vertragsrecht: Das EU-Parlament hat sich für ein europäisches Vertragsrecht ausgesprochen, das berichtet die FAZ (Hendrik Kafsack). Die SZ (Oliver Bilger) zitiert die Justizkommissarin Viviane Reding dazu mit den Worten: "Die Verbraucher in Europa könnten problemloser in anderen EU-Staaten einkaufen, während die kleinen Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, geringere Transaktionskosten hätten."

Recht auf Anwalt: Nach dem Willen der EU-Kommission sollen alle EU-Bürger bei Festnahmen ein einheitliches Recht auf einen Anwalt erhalten. Die SZ (Marlene Weiss) stellt das Vorhaben und die vorangegangene EGMR-Rechtsprechung dar.

Facebook: Das Onlinenetzwerk Facebook führt eine automatische Gesichtserkennung bei Fotos ein. Von datenschutzrechtlichen Bedenken berichtet unter anderem die FTD (Nora Schlüter, Friederike von Tiesenhausen, und Helene Laube). Im Leitartikel heißt es dazu: "Das deutsche Recht ist auf diese neue Technik nicht vorbereitet."

Weitere Themen - Justiz

Kino.to: Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen die Betreiber der Internetseite Kino.to, die Streams von Filmen und Serien verlinkt hatte. Nach Angaben von Spiegel.de (Ole Reißmann) wird ihnen die Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen. Udo Vetter (lawblog) meint, Nutzer der Seite sollten sich nicht verängstigen lassen: "Es ist keineswegs ausgemacht, dass das bloße Betrachten von Streams, wie sie kino.to angeboten hat, eine Urheberrechtsverletzung darstellt."

Linde AG: Wie das manager magazin (Thomas Katzensteiner) berichtet, hat die Staatsanwaltschaft München das Ermittlungsverfahren gegen den Gas-Konzern Linde eingestellt. Linde habe sich dabei zu einer Ausgleichszahlung von 35 Millionen Euro verpflichtet, heißt es.

Telekom/Telegate: Die Deutsche Telekom hat in einem Jahre währenden Rechtsstreit mit dem Auskunftsdienst Telegate eine weitere Niederlage erlitten. Nach einem Bericht der FAZ (Helmut Bünder) verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf die Telekom zu einer Schadensersatzzahlung von 41 Millionen Euro.

Versicherungs-Vergleich: Die SZ (Ralf Wiegand) schildert den Rechtsstreit eines Unfallopfers mit dem Versicherer Generali. Nun könne der Prozess in einem "spektakulären Vergleich" mit einer Einmalzahlung von 4,3 Millionen Euro enden.

Kachelmann: Wie Welt.de (Hannelore Crolly) berichtet, legte nach der Staatsanwaltschaft auch die Nebenklägerin im Verfahren gegen Jörg Kachelmann Revision ein.

Waffenspiele: Die Kriegsspiele mit Kindern in der Bundeswehrkaserne Bad Reichenhall sollen nach Berichten von Spiegel.de keine strafrechtlichen Folgen haben. Die Staatsanwaltschaft Traunstein wolle kein Ermittlungsverfahren einleiten. Die taz (Martin Rank) hält es jedoch für möglich, dass ein neues Video die Sachlage ändere. Sie bezieht sich auf den Vizepräsidenten des Deutschen Schützenbundes, Jürgen Kohlheim, der nach der Sichtung des Videos von einem "klaren Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz" ausgehe.

Hartz IV: Nach einem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main haben jugendliche Hartz-IV-Empfänger keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten für Nachhilfeunterricht, wenn sich ihre Noten nicht verbessern. Welt.de schildert das Urteil und stellt eine umfangreiche Übersicht zur Hartz-IV-Rechtsprechung zusammen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Verfassungsdebatte in Großbritannien: Unter dem Titel "Caroline gegen Magna Carta" erläutert die FAZ ( Johannes Leithäuser) den Einfluss der Europäischen Menschenrechtkonvention auf die Debatte um eine britische Verfassung.

 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. Juni 2011: Streit um Atomausstieg – Vertragsrecht für EU – Schlag gegen Internetstreams . In: Legal Tribune Online, 09.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3473/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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