Die juristische Presseschau vom 9. Dezember 2011: Post unter Beschuss - Datenschutz: "Right to be Forgotten" – Schlechtes Deutsches Ausländerrecht

09.12.2011

Die Post muss einiges einstecken: Der lukrative Vertrieb ihres Blättchens „Einkaufaktuell“ wird torpediert und die EU-Kommission kann unerlaubte Beihilfen prüfen. Statt mit einer Richtline kommt der EU-Datenschutz bald im Gewande einer Verordnung daher. Außerdem befasst sich die heutige Presseschau mit Coke im Knast. Aber warum müssen Schüler in Bayern die Pressefreiheit verteidigen?

Post-Werbeblätter: Eine Klage vor dem Landgericht Lüneburg gegen die Post hatte Erfolg: Das posteigene Werbeblättchen "Einkaufaktuell" dürfe nicht mehr ungefragt an den Kläger Hennig Grewe zugestellt werden. Dieser hatte die Post per E-Mail erfolglos darum geben, das Heftchen samstags nicht mehr im eigenen Briefkasten finden zu müssen. Das Landgericht gab Grewe Recht und befand, so die FTD (Bernhard Hübner), die Zustellung verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht. Der Bericht erläutert weiter die Hintergründe und möglichen Folgen des Richterspruchs. Ob die Post vor dem Bundesgerichtshof in Revision gehe, werde kommende Woche entschieden.

Post-Beihilfen: Eine Klage der Post gegen eine Untersuchung der EU-Kommission hatte wiederum keinen Erfolg: Der Europäische Gerichtshof habe den Versuch, die Einleitung eines Beihilfeverfahrens zu unterbinden, abgewiesen, weiß die FTD (Mark Schrörs/ Bernd Hops). Überprüft würden etwa "staatliche Bürgschaften bei der Umwandlung der Postdienste in eine AG". Ob die Post gegen die Entscheidung des Gerichts in Revision gehe, werde noch geprüft.

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Datenschutz: Einen Entwurf für eine neue EU-Verordnung zum Datenschutzrecht - der offiziell erst im Januar 2012 vorgestellt werden sollte, nun aber bereits im Netz auftauchte - stellt Rechtsanwalt Axel Spies für blog.beck.de vor und verlinkt diesen. Im Entwurf, der das Datenschutzrecht gerade nicht wie bisher mit einer Richtlinie regeln wolle, finde sich beispielsweise das so genannte Right to be Forgotten sowie drastische Strafen für Datenschutzverstöße durch Unternehmen.

Gewinnspiele schriftlich: Heinrich Nemeczek erläutert und kommentiert für lto.de ein Eckpunkteprogramm des Bundesjustizministeriums zur "Eindämmung unerlaubter Werbeanrufe". Nemeczeck befindet, hier sei eine "passgenaue" Lösung gefunden worden: Etwa mit der zwingenden Textform für Gewinnspielverträge könne den "spezifischen Risiken von Gewinnspieldiensten", die sich gerade aus dem Vertragsinhalt ergäben, am besten begegnet werden.

Weitere Themen – Justiz

Deutsches Ausländerrecht: Über eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von gestern zum Schutz vor Ausweisungen von türkischen Staatsangehörigen aus Deutschland berichtet die taz (Christian Rath). Nach einer Vorlage des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim habe der EuGH nun befunden, dass Türken trotz eines Assoziationsabkommens mit der EU nicht der gleiche Schutz wie EU-Bürgern zustehe.

Gesondert kommentiert Christian Rath (taz), es handele sich indes nicht um ein "türkenfeindliches Urteil". Vielmehr werde der "Wert der Unionsbürgerschaft" betont. Der eigentliche "Skandal" im Fall sei das deutsche Ausländerrecht: Danach könnten auch hier geborene und aufgewachsene nicht-EU-Staatsangehörige bei Straffälligkeit in ihr "Heimatland" ausgewiesen werden.

Justiz-Aktivismus: Vor dem Hintergrund der Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs gegen eine Jenaer Jugendpfarrer prangert Heribert Prantl (SZ) den weiterhin "merkwürdigen kriminalisierenden Aktivismus" von Polizei und Justiz gegenüber anti-faschistischen Bürgern und Bewegungen an.

Innenminister und NPD-Verbot: Die FAZ (Peter Carstens) berichtet ausführlich über die Skepsis der Unions-Innenminister bezüglich eines Parteiverbotsverfahrens gegen die NPD. Der SPD-Innenminister aus Rheinland-Pfalz fordere dagegen von der kommenden Innenministerkonferenz ein "Signal" für ein Verbotsverfahren. Jasper von Altenbockum (FAZ) findet, das "Vorgeplänkel" hinterlasse einen "unguten Geschmack".

In ihrem Leitartikel überlegt die FTD, ob mit einem Parteiverbot "viel gewonnen" wäre. "Austrocknen" lasse sich der "Sumpf" so nicht, es könne eher zu Radikalisierungen kommen.

Can O2 do?: Wie Thomas Stadler auf internet-law.de meldet, hat O2 eine einstweilige Verfügung gegen die Telekom erwirkt. Diese hatte mit Slogans wie "O2 can`t do" auf deren angeblich schlechte Netzqualität aufmerksam und für sich Werbung machen wollen. Nach welchen rechtlichen Voraussetzungen sich "vergleichende Werbung" gemäß § 6 UWG zu richten habe, erläutert Stadler.

Verhaftung in Bochum: Über die Verhaftung eines mutmaßlichen Mitglieds der "Düsseldorfer Terrorzelle" durch die Bundesanwaltschaft berichtet unter anderem die FR (Steffen Hebestreit). Meldungen über einen angeblich geplanten Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt seien wohl "frei erfunden". Vorgeworfen werde dem 27-Jährigen konkret die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, sowie gewerbsmäßiger Betrug und Urkundenfälschung.

Der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) schreibt, dem Inhaftierten sei es auch bei seinen Machenschaften als "Cyberkrimineller" um den "Jihad" gegangen.

Promi-Haftung: Über ein am Donnerstag veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz zur Haftung bei Werbeaussagen für Finanzprodukte informiert die FAZ (Joachim Jahn). Einen Fall von "Prospekthaftung im engeren Sinne" habe das Gericht angenommen, so die FAZ, die nicht nur zum Beispiel Rechtsanwälte treffe.

Rudolf Mellinghoff: Mit dem neuen Präsidenten des Bundesgerichtshofs Rudolf Mellinghoff spricht die FAZ (Joachim Jahn) über seinen Weggang vom Bundesverfassungsgericht, die Qualität der Steuergesetzgebung und das Verhältnis von Gesetzgeber zu Rechtsprechung in Deutschland; auch geht es in dem ausführlichen Interview um den Ankauf von Steuer-CDs sowie die Steuergerechtigkeit.

Sonstiges

Geld reicht nicht: Im "Spezial: Jobchancen" des Handelsblatts geht der Beitrag "Das Top-Gehalt reicht nicht mehr" (David Meiländer) der Frage nach, wie Unternehmen die besten Juristen anlocken können: Meyer-Brown etwa, eine internationale Kanzlei, werbe mit "ungewöhnlich viel Urlaub". Mit Kinderbetreuung und Teilzeitarbeit könne auch eine Top-Juristin vom "Konkurrenten Staat" abgeworben werden, so das Handelsblatt. Bei Hengeler Mueller gebe es nun sogar eine "Teilzeit-Partnerschaft".

Skurril und Skandalös

BND ohne Pistole: Der bald aus dem Amt scheidende BND-Präsident Ernst Uhrlau spricht mit bild.de über seine Amtszeit und verrät, er habe nie eine Pistole gehabt. Dafür habe der BND-Präsident aber als einziger deutscher Beamter ein eigenes "Dienstflugzeug", weiß bild.de.

Coke im Knast: Udo Vetter (lawblog.de) musste feststellen, dass es in der Gießener Haftanstalt nicht mehr für jeden "Coke" im Automaten gebe. Nur JVA-Mitarbeiter könnten sich das süße Getränk weiter beschaffen. Vetter überlegt, warum das wohl so ist.

Pressefreiheit in Bayern: Wie auf spiegel.de (Heike Sonneberger) zu erfahren ist, hat sich ein Zwölfjähriger per einstweiliger Anordnung des Bayerischen Verwaltungsgerichts durchgesetzt und darf seine Schülerzeitung "Bazillus" verteilen, "Virus" hin oder her. Die Schulleiterin habe dies mit der Begründung untersagt, es dürfe pro Schule nur eine Zeitung geben.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. Dezember 2011: Post unter Beschuss - Datenschutz: "Right to be Forgotten" – Schlechtes Deutsches Ausländerrecht . In: Legal Tribune Online, 09.12.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5060/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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