Die juristische Presseschau vom 8. Juli 2011: Zuläs­sige PID-Gen­tests – Bestrafte Soft­wa­re­pi­ra­terie – Fieser Enkel­trick

08.07.2011

Das Gewissen hat gesprochen. Mit absoluter Mehrheit haben die Abgeordneten des Bundestags die Präimplantationsdiagnostik (PID) ausdrücklich zugelassen. Begleitende Medienberichte gehen aber nicht von einem moralischen Dammbruch aus. Außerdem in der heutigen Presseschau: ein Urteil gegen Software-Piraten, Hintergründe zum Enkeltrick und vieles andere.

PID: Der Bundestag hat beschlossen, Gentests an künstlich befruchteten Embryonen begrenzt zuzulassen. Damit wurde in der Tendenz ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Sommer 2010 kodifiziert, in dem das Embryonenschutzgesetz liberaler als zuvor ausgelegt  wurde – und das die aktuelle politische Diskussion ausgelöst hatte. spiegel.de (cib) stellt die parlamentarische Debatte dar. Die SZ (Charlotte Frank) erklärt, dass auch nach dem beschlossenen Gesetz die Präimplantationsdiagnostik (PID) nur in wenigen Fällen zulässig sein wird.

Am Beispiel Belgien, wo die PID schon länger zugelassen ist, prognostiziert die SZ (Christina Berndt), dass es auch in Deutschland zu keinem Dammbruch kommen wird. Die taz (Heike Haarhoff) schildert im Interview mit dem holländischen Humangenetiker Joep Geraedts die Rechtslage und Praxis in den Niederlanden.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Organtransplantation: In einem Interview mit der SZ (Guido Bohsem/Charlotte Frank) lehnt Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) jeden Zwang bei der Frage ab, ob jemand nach seinem Tod Organe spenden will. Schon die Frage beantworten zu müssen, lehnt er ab. Stattdessen will er Information und Aufklärung über Organspenderausweise erhöhen. Der Doktorand Carsten Dochow (lto.de) plädiert dagegen für ein Bonus-Anreiz-Modell. Menschen mit Organspender-Ausweis sollen bei der Verteilung von Organen bevorzugt werden.

Opferschutz im Strafprozess: Heute debattiert der Bundestag erstmals den Regierungsentwurf für ein Gesetz "zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs" (StORMG). Es sieht u.a. vor, dass erwachsene Opfer-Zeugen, die als Kinder missbraucht wurden, vor Gericht nicht aussagen müssen und stattdessen ihre Aussage aus dem Ermittlungsverfahren per Video eingespielt werden kann. Im Interview mit der taz (Christian Rath) spricht sich Anke Müller-Jacobsen, Vizepräsidentin der Berliner Rechtsanwaltskammer, gegen den Gesetzentwurf aus.

Auswertung von Handy-Daten: Die taz (Paul Wrusch) beschreibt, dass die sächsische Initiative zur Einschränkung der Funkzellen-Abfrage in der Politik überwiegend positiv aufgenommen wird. Nur die Union sei gegen eine Neuregelung.

Weitere Themen - Justiz

Nackt in der Zelle: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Deutschland zur Zahlung von 10.000 Euro Schadensersatz an einen deutschen Ex-Strafgefangenen verurteilt, der eine Woche lang ohne Kleidung in einer Sicherheitszelle untergebracht wurde. Dies berichtet die taz (Christian Rath). Der Bremer Strafrechtsprofessor Johannes Feest (lto.de) kritisiert, dass es elf Jahre dauerte, bis der EGMR die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellte.

Raubkopierte Software: Das Landgericht Mühlhausen (Thüringen) hat zwei Software-Piraten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das berichtet die FTD (Teresa Goebbels). Die Männer hatten Kopien von gängiger Büro-Software über das Internet verkauft. Die Freiheitsstrafen – drei Jahre, sechs Monate bzw. drei Jahre, zehn Monate – gehören laut FTD zu den höchsten, die bisher in derartigen Fällen verhängt wurden - und das, obwohl das Urteil auf einem Deal mit den Angeklagten beruhte.

N’drangheta-Morde von Duisburg: In wenigen Tagen will das Schwurgericht von Locri (Italien) sein Urteil über 14 Angeklagte sprechen. Sie werden für den Mord an sechs Italienern in einer Duisburger Pizzeria im August 2007 verantwortlich gemacht. Die SZ (Andrea Bachstein) beschreibt das Milieu, aus dem die mutmaßlichen Täter kommen.

Enkeltrick: Ausführlich beschreibt die FAZ (Katrin Truscheit), wie polnische Banden in Deutschland alte Menschen um ihr Vermögen bringen und welche Probleme die Polizei bei der Aufklärung hat. Die Autorin plädiert dabei für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung von Telekom-Verbindungsdaten.

Zustellung einer Kündigung: Der Handelsblatt-Blog (Klaus Heeke) schildert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von Anfang Juni. Danach ist die Kündigung einer Arbeitnehmerin fristgerecht erfolgt, wenn sie dem Ehemann der Frau an dessen Arbeitsplatz vor Fristablauf übergeben wird. Wenn der Mann das Schreiben zunächst dort liegen lasse und erst nach Fristablauf seiner Frau übergebe, sei dies nicht der kündigenden Firma zuzurechnen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Strauss-Kahn: In einem Dossier stellt Die Zeit (Kerstin Kohlenberg / Martin Klingst) noch einmal ausführlich das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen IWF-Chef dar, dem in New York die Vergewaltigung eines Zimmermädchens vorgeworfen wird. Das Dossier legt nahe, dass Strauss-Kahn zum Opfer eines ehrgeizigen Bezirksstaatsanwalts wurde.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Juli 2011: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3696 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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