Die juristische Presseschau vom 7. bis 9. Januar 2012: Keine Pause für den Präsidenten – Kein Posten für Fischer – Keine Fotos von Beuys-Kunst

09.01.2012

Noch mehr Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten – und Juristen, die dazu etwas zu sagen haben: Die Mediendebatte um die Wulff-Affäre hält an. In der Presseschau geht es außerdem um die Kritik an Datenschutzvorhaben der EU, den Machtkampf am BGH, den Streit um Beuys Aktionskunst und die Klage gegen Günther Wallraff. Zuletzt: Was tun, wenn Mutti "die Allerkriminellste" ist?

Wulff-Affäre: Die Debatte um Bundespräsident Christian Wulff hält am Wochenende an. In einem Interview im Verfassungsblog (Max Steinbeis) meldet sich der ehemaligen Verfassungsrichter Dieter Grimm zu Wort. Grimm sieht in dem Anruf Wulffs bei Bild-Chefredakteur Diekmann keine Verletzung der Pressefreiheit, ist allerdings der Ansicht, dass der Inhalt des Gespräches offengelegt werden müsse. Der Rechtswissenschaftler Thomas Hoeren befasst sich währenddessen auf blog.beck.de mit den Äußerungen Wulffs zur "Handschlagqualität" bei der Einigung mit der BW-Bank über seinen Hauskredit und weist darauf hin, dass Verbraucherdarlehensverträge der Schriftform bedürfen.

Über neue Vorwürfe berichtet die Samstags-FAZ (Joachim Jahn). Demnach fordern fast 70 Banken, Versicherungen und Fonds von Wulff insgesamt 1,8 Milliarden Euro Schadensersatz, weil er während seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied von Volkswagen Pflichtverletzungen begangen habe. Unter welchen Voraussetzungen ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Bundespräsidenten möglich ist, erläutert die FAS (Thomas Gutschker).

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Datenschutz: Johannes Masing, Richter am Bundesverfassungsgericht, kritisiert im Feuilleton der Montags-SZ die Pläne der Europäischen Kommission für eine neue Datenschutzverordnung. Problematisch sei, dass die Verordnung, anders als eine Richtlinie, keine Umsetzungsspielräume vorsehe. Dadurch seinen die Grundrechte des Grundgesetzes nicht mehr anwendbar und "die Kontrollfunktion des Bundesverfassungsgerichts in wesentlichen Bereichen ausgeschaltet".

Abfallgesetz: Die FTD (Michael Gassmann) schildert die Pläne für ein neues Abfallsgesetz, das bei privaten Entsorgungsbetrieben für Unmut sorgt. Sie drohen mit einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission. In einem gesonderten FTD-Leitartikel wird die geplante Neuregelung kritisiert: "Die Kommunen wollen die Privatwirtschaft am liebsten per Gesetz weitgehend raushalten."

Weitere Themen - Justiz

Machtkämpfe am BGH: Mit dem anhaltenden Machtkampf um den Postens des Vorsitzenden Richters am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs befasst sich der Spiegel (Dietmar Hipp). Der BGH-Richter Thomas Fischer hatte gegen die Ernennung seines Kollegen Rolf Raum geklagt und vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Recht bekommen. Nun hat Andreas Ernemann, der dem 4. Strafsenat vorsteht, auch den Vorsitz des 2. Strafsenats übernommen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Doppelfunktion ist laut Spiegel jedoch umstritten und könne die Rechtssprechung der beiden Senate blockieren: "Wäre die Doppelbesetzung rechtswidrig, begingen sowohl der 2. als auch der 4. Strafsenat mit jedem Urteil und jedem Beschluss, an dem Ernemann mitwirkt, einen Verfassungsverstoß".

Streit um Aktionskunst: Fotografien, die eine Kunst-Performance von Joseph Beuys darstellen, dürfen nicht ausgestellt werden. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf Ende des vergangenen Jahres bestätigt und damit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und der Witwe und Erbin Beuys Recht gegeben. Für lto.de erläutert der Rechtsanwalt Georg Lecheler das Urteil und wirft die Frage auf, inwieweit der "Wille es Künstlers nach Vergänglichkeit" rechtlich geschützt ist.

Bäcker vs. Wallraff: Ein Großbäcker hat den Enthüllungsjournalisten Günther Wallraff wegen verdeckter Recherche in einer Brötchenfabrik verklagt. Von dem Prozess vor dem Kölner Landgericht berichtet die taz (Felix Dachsel). Eine Zusammenfassung der Verhandlung gibt auch der Rechtsanwalt Markus Kompa im blog zum medienrecht.

Klage gegen Uni Köln: Die Bürgerinitiative Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) hat beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen die Universität Köln eingereicht. Wie die taz (Bernd Kramer) berichtet, fordert die CBG die Offenlegung eines Kooperationsvertrages zwischen der Universität und dem Pharmakonzern Bayer und beruft sich dabei auf das nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz.

Patentstreitigkeiten: Die Samstags-FAZ (Caroline Freisfeld) gibt einen Überblick über die Patentstreitigkeiten in der IT-Branche. 2012 stehen diverse Gerichtsverfahren an, möglich sei allerdings auch eine Lösung "am Verhandlungstisch".

Ehegatten-Splitting: Nun auch online nachzulesen ist der Kommentar von Anna Kemper (Die Zeit) zu einem Urteil des Finanzgerichts Köln, wonach das Ehegatten-Splitting auch für Lebenspartnerschaften gilt.

Ermittlungen wegen SS-Massaker: Karen Krüger widmet sich im Feuilleton der Samstags-FAZ in einem ganzseitigen Beitrag der späten juristischen Aufarbeitung eines Massakers der SS im französischen Oradour-sur-Glane.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Türkischer Militär in Haft: Die Samstags-taz (Jürgen Gottschlich) berichtet über die Verhaftung des ehemaligen Generalstabschefs Ilker Basburg in der Türkei. Ihm werde vorgeworfen als Leiter einer "terroristischen Organisation" an der "Ergenekon-Verschwörung" gegen die Regierungspartei teilgenommen zu haben.

Klage gegen Facebook: In den USA wehren sich Facebook-Nutzer mit einer Sammelklage gegen so genannte gesponserte Meldungen. Dabei lassen Unternehmen positive Äußerungen von Nutzern wiederholen, um damit für sich zu werben. Die Kläger sähen sich in ihrem Persönlichkeitsrecht geschädigt, weil Facebook sie nicht an den Werbeeinnahmen beteiligt, erklärt die Montags-SZ (Niklas Hofmann).

Das Letzte von Heute

Kriminelle Mutter: Der Deutsche Harry B. steht in Los Angeles wegen Brandstiftung vor Gericht, er soll 52-mal Feuer gelegt haben. spiegel.de (Julia Jüttner) weiß warum: Schon seine Mutter sei "die Allerkriminellste" gewesen, sie habe sich unter anderem eine Brust-OP erschlichen und sei aus der Untersuchungshaft durch ein Toilettenfenster geflüchtet.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. bis 9. Januar 2012: Keine Pause für den Präsidenten – Kein Posten für Fischer – Keine Fotos von Beuys-Kunst . In: Legal Tribune Online, 09.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5250/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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