Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2012: Mubarak droht Todesstrafe – Anwaltverein gegen Quick-Freeze – Di Fabio zu NPD-Verbot

06.01.2012

Dem ehemaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak droht die Todesstrafe. Die Staatsanwaltschaft macht ihn für den Tod von Demonstranten verantwortlich. Ein Großverfahren wegen Kursmanipulationen beginnt in München, Juristen sind als Banker gefragt, eine EU-Datenschutzrichtlinie ist in Planung und warum es bei Pepsi keine tote Maus im Softdrink geben kann.

Todesstrafe für Mubarak: Die taz (Beate Seel) und zahlreiche andere Medien berichten, dass die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für Hosni Mubarak beantragt habe. Chefankläger Mustafa Suleiman halte Mubarak für den "eigentlichen Anstifter" beim Tod von 800 Demonstranten während der Proteste auf dem Tahrir-Platz im Frühjahr 2011. Mubarak habe zusammen mit anderen den Einsatz scharfer Munition autorisiert.

Juliane Schumacher (taz) hält die neue harte Linie für ein Zeichen der Angst bei den Militärs, die verhindern wollten, mit Mubarak in Verbindung gebracht zu werden. Wolfgang Günter Lerch (FAZ) fordert, die Ankläger sollten die neu aufgetauchten "unwiderleglichen Beweise" auch öffentlich präsentieren, ein im "Hauruck-Verfahren durchgezogener Schauprozess" helfe Ägypten nicht.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Anwaltverein lehnt Quick Freeze ab: Wie Thomas Stadler (internet-law.de) schreibt, lehnt der Deutsche Anwaltverein beim Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet, unter anderem das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren ab. Diese technisches Maßnahme ermöglicht es, Telekommunikationsverkehrsdaten anlassbezogen für einen beschränkten Zeitraum "einzufrieren".  Ihre Voraussetzungen seien jedoch konturlos, die Zuständigkeit der Polizei ohne Richtervorbehalt unterlaufe die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung.

Entwurf für EU-Datenschutz-Verordnung: Der Hamburger Rechtsanwalt Stefan Alich (lto.de) stellt den Entwurf für eine Allgemeine Datenschutzverordnung (ADSVO) vor, die unter Federführung der luxemburgischen EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, Viviane Reding, konzipiert wurde. Anders als die bereits bestehende Datenschutzrichtlinie, die lediglich Mindeststandards vorgebe, soll die ADSVO unmittelbar gelten und nationale Verschärfungen verhindern. Unter anderem werde klargestellt, dass eine IP-Adresse immer personenbezogen sei. Außerdem soll europaweit eine einzige, zentral zuständige Aufsichtsbehörde geschaffen werden.

Internetzugang kein Menschenrecht: Kilian Froitzhuber (netzpolitik.org) setzt sich mit dem Beitrag von Vinton G. Cerf in der New York Times auseinander, wonach ein Internetzugang kein Menschenrecht sei. Neue Technologien, so der Informatiker und einer der "Väter des Internets", begründeten nie ein unmittelbares Teilhaberecht, weshalb Internetsperren für Straftäter nicht prinzipiell abzulehnen seien.

Weitere Themen – Justiz

Kursmanipulationen en gros: Vor dem Landgericht München soll am Donnerstag kommender Woche (12.01.) einer der größten Prozesse zu Kursmanipulationen beginnen. In einem Vorabbericht in der FAZ (Joachim Jahn). Zunächst stehe der Herausgeber zweier Anlegerbriefe im Mittelpunkt, die Ermittlungen gegen drei weitere Angeklagte, darunter der ehemalige Vizevorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Markus Straub. Durch Beeinflussung der Börsenkurse hätten die vier mehr als zehn Millionen Euro verdient und dabei in strafbarer Weise nicht offengelegt, in welchem Umfang sie selbst von den Veröffentlichungen profitiert hätten.

Di Fabio zurückhaltend gegenüber NPD-Verbot: In einem Interview mit dem Tagesspiegel (Frank Jansen, Jost Müller-Neuhof) zeigt sich der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio zurückhaltend gegenüber einem neuerlichen Verbotsverfahren gegen die NPD. Auf die Frage, warum man den rechten Terror nicht früher entdeckt habe, antwortet er: "Vielleicht ist die Beantwortung dieser Frage dringlicher, als eine neue Diskussion über das Für und Wider eines Parteiverbots."

Weitere Themen – Recht in der Welt

Geheimnisverrat für Bin Laden: Oscarpreisträgerin Kathryn Bigelow ("The Hurt Locker") soll bei ihrem neuen Dokumentarfilm auf klassifizierte Dokumente aus dem Pentagon zurückgegriffen haben. Es laufe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat. Das berichtet focus.de (mk).

Filesharing ist Religion: Kult weltweit, Religion in Schweden. In dem skandinavischen Land sind Filesharer offiziell als Religionsgemeinschaft anerkannt worden. zeit.de (Patrick Beuth) stellt die "Kirche der Koptimisten" und ihren religionspolitischen Coup vor, deren Mitglieder Kopieren als Sakrament und Kopierschutz als Sünde ansehen.

Sonstiges

Juristen als Banker gebraucht: Das Handelsblatt (Christian Panster) beschreibt, wie sich das Anforderungsprofil für Banker in den letzten Jahren verändert hat. Gesucht seien nicht mehr Investmentbanker, sondern Controller und Juristen. Das liege zum einen an den immer neuen und zunehmend unübersichtlichen Regularien, zum Teil auch daran, dass aufgrund der hohen Eigenkapitalquote von neun Prozent kein Geld mehr da sei, um die Investmentbanker zu bezahlen. Juristen seien billiger und solide, die entsprechenden Abteilungen würden im Moment personell aufgestockt.

Kunstfreiheit und Persönlichkeitsschutz: Der Streit um Maxim Billers Buch "Esra" aus dem Jahr 2003 ging bis zum Bundesgerichtshof. Jetzt hat Uwe Wittstock, Literaturchef bei Focus,  einen Essay über die Grenzen der Literaturfreiheit verfasst. Rezensent Oliver Jungen (FAZ) hält ihn für lesenswert, weil mit dem Verbot von "Esra" durch den Bundesgerichtshofs die Grenzen für künstlerische Freiheit neu gezogen worden seien.

Das Letzte zum Schluss

Keine Maus in der Dose: Die Saga von dem US-Amerikaner, der 2009 eine tote Maus in einer Dose "Mountain Dew", einem Softdrink aus dem Hause Pepsi, gefunden haben will, ist um ein unappetitliches Detail reicher. Wie web.de (Will Cade) berichtet, habe Pepsi erklärt, ein derartiger Kadaverfund sei schon deshalb unmöglich, weil die Säuren in den Softdrinks die Maus zu einem "gallertartigen Klumpen" zersetzt hätten. Der Kläger aus Illinois wirft dem Getränkehersteller vor, es habe den Kadaver verschwinden lassen und verlangt 50.000 Dollar Schadenersatz. Pepsi hat Fristverlängerung beantragt, um die Abweisung der Klage begründen zu können.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.

lto/ro

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2012: Mubarak droht Todesstrafe – Anwaltverein gegen Quick-Freeze – Di Fabio zu NPD-Verbot . In: Legal Tribune Online, 06.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5240/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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