Die juristische Presseschau vom 4. November 2011: Keine Zellspende in Österreich – Freispruch für Hells Angel – Nehm gegen Null Promille

04.11.2011

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt das Verbot von Zellspenden in Österreich. Außerdem in der Presseschau: Der Bundesgerichtshof spricht ein Mitglied der Hells Angels vom Vorwurf der Tötung eines Polizisten wegen Notwehr frei, Glaxo Smith Kline kauft sich von Ermittlungen frei, ein prügelnder Familienrichter in Texas und vieles andere.

Keine Zellspende in Österreich: Nach einer Entscheidung der Großen Kammer des EGMR verstößt das Verbot der Spende von Ei- oder Samenzellen im Rahmen der künstlichen Befruchtung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Wie unter anderem die FAZ meldet, wurde dadurch eine Entscheidung des EGMR vom April 2010 korrigiert.

Die taz (Christian Rath) erläutert, laut EGMR habe der österreichische Gesetzgeber seine Entscheidung sorgsam abgewogen und seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

Insbesondere problematisch, so auch die FTD, sei die biologische Aufspaltung der Mutterschaft. Der Gesetzgeber, so zeit.de habe verhindern wollen, "dass zwei Frauen behaupten könnten, biologische Mutter desselben Kindes zu sein".

Christian Rath (taz) fordert in seinem Kommentar nach dem "Rückzieher" des EGMR das Verbot für Eizellenspenden in Deutschland aufzuheben: "Es sollte zu denken geben, dass fast ganz Europa gut mit einer gespaltenen Mutterschaft zurechtkommt."

Georg Paul Hefty (FAZ) dagegen begrüßt das Urteil und fragt sich, wie sicher und geborgen sich ein Kind noch fühlen könne, "wenn es dauerhaft vom Anspruch einer Außenstehenden bedroht" werde.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Nehm gegen Null Promille: Kay Nehm (lto.de) steht den Vorschlägen des Verkehrssicherheitsrats und anderer Verbände nach einer allgemeinen Null-Promille-Grenze im Straßenverkehr ablehnend gegenüber. Nehm, ehemaliger Generalbundesanwalt und Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages setzt sich mit den Schwierigkeiten bei der Grenzwertbestimmung auseinander und hält ein generelles Alkoholverbot für eine verfassungswidrige Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Es bedürfe keines "wohlgemeinten Herumdokterns an der Gesetzes- und Rechtslage". Erforderlich seien gesteigerte Aufklärung und vermehrte Kontrollen.

Gesetz gegen Abmahnungsunwesen: Zu dem geplanten Gesetz gegen die Flut von Abmahnungen gegen Internethändler schreibt die FTD in ihrem Leitartikel, es sei gut, dass die Bundesjustizministerin gegen die "Abzockerei" vorgehe. "Sie setzt dort an, wo es die Rechtsanwälte trifft – am Gebührenrecht."

Weitere Themen – Justiz

Freispruch für Hells Angel: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Angehörigen der Rockergruppe Hells Angels wegen einer angenommenen Notwehrsituation vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Das berichtet unter anderem spiegel.de (Hendrik Ternieden). Der Mann, der einen Polizisten durch seine Haustür hindurch erschoss, habe einen Überfall der rivalisierenden Bandidos befürchtet, als sich das SEK nicht als Polizei zu erkennen gegeben habe.

Udo Vetter (lawblog.de) paraphrasiert die BGH-Entscheidung, nach der der Einsatz einer lebensgefährlichen Waffe zwar zunächst angedroht werden müsse. Auch ein Warnschuss sei erforderlich. Ein rechtswidrig Angegriffener müsse jedoch nicht das Risiko des Fehlschlags seiner Verteidigungshandlung eingehen. Der Schütze hatte im Vorfeld mehrfach ernst zu nehmende Todesdrohungen durch die rivalisierenden Bandidos erhalten.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Prügelnder Familienrichter: Eine 23-jährige Frau aus Texas hat ein heimlich erstelltes Video auf YouTube hochgeladen, das zeigt, wie ihr Vater, ein Familienrichter, die damals Sechzehnjährige Hillary Adams mit einem Gürtel prügelt. Auf welt.de gibt es einen Link zu dem Video, mit dessen Hilfe die junge Frau jetzt die Wiederwahl ihres Vaters verhindern wolle. Nach der Veröffentlichung des Videos sei der Richter vorläufig suspendiert und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Glaxo Smith Kline kauft sich frei: Laut FTD (Titus Kroder) haben US-Justizministerium sowie Behörden in mehreren Bundesstaaten ihre Ermittlungen gegen den britischen Pharmakonzern Glaxo Smith Kline (GSK) gegen eine Zahlung von drei Milliarden US-Dollar eingestellt. Die Ermittlungen hätten sich gegen illegale Vertriebspraktiken in den Jahren 1997 bis 2007 gerichtet.

Zu diesem bisher umfangreichsten Deal in der Pharmazeutikabranche zitiert die FAZ (Marcus Theuer) den GSK-Vorstandsvorsitzenden Andrew Witty, der die Zahlung als einen wichtigen Schritt "auf dem Weg zur Bereinigung schwieriger und langwieriger Angelegenheiten" bezeichnet habe.

Sonstiges

Ausstellung zu Katte und Friedrich: Im Schloss Köpenick in Berlin ist bis Februar 2012 eine Ausstellung zum Prozess gegen Hans Hermann von Katte und den Kronprinzen Friedrich, den späteren König Friedrich II. zu sehen. Jens Bisky (SZ) lobt die sorgfältig gearbeitete und intelligent inszenierte Ausstellung und konstatiert: "Die Latte für das kommende Friedrich-Jahr liegt nun sehr hoch."

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)

lto/ro

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. November 2011: Keine Zellspende in Österreich – Freispruch für Hells Angel – Nehm gegen Null Promille . In: Legal Tribune Online, 04.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4717/ (abgerufen am: 22.04.2024 )

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