Die juristische Presseschau vom 3. Januar 2012: Kein Datenschutz für Neonazis – Keine Pressefreiheit mit Wulff – Kein Strand für Piraten

03.01.2012

Aktivisten der Hackergruppe Anonymous stellen systematisch private Daten von Neonazis ins Netz. Eins in die Presse persönlich vom Bundespräsidenten gibt es für Bild. Neuer Spielraum für die Sanierung von Unternehmen, Anwälte verhalten optimistisch, Justizsoftware mit Vorbehalten, Garzón vor Gericht, und ob 17 Tage Ehe wohl einen Anspruch auf Witwenrente begründen.

Kein Datenschutz für Neonazis: Chefredakteur Markus Beckedahl (netzpolitk.org) berichtet über die von der Hacker-Gruppe Anonymous im Rahmen der gegen Rechte im Netz gerichtete "Operation Blitzkrieg" gestartete Plattform nazi-leaks.net. Auf der in Szenekreisen nicht nur positiv aufgenommenen Website werden private Daten von Neonazis und Rechtsradikalen wie Bestelldaten auf rechten Shopping-Portalen veröffentlicht.

Die FTD (Friederike von Tiesenhausen) berichtet, auch eine Liste mit 400 angeblichen Spendern für die NPD sei am Silvestertag veröffentlicht worden.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Eins in die Presse vom Präsidenten persönlich: Neben den zahllosen Beiträgen zur ethischen, politischen und menschlichen Problematik in den Drohanrufen von Bundespräsident Wulff  bei Vertretern des Springer-Konzerns gibt es auch Stimmen, die deren Bedeutung für die Pressefreiheit untersuchen. Die taz (Steffen Grimberg) berichtet, Vorstandschef Mathias Döpfner habe Wulff an das "Chefredakteursprinzip" erinnert und eine direkte Intervention abgelehnt. bild.de gibt eine kurze Erklärung in eigener Sache ab.

Wolfgang Krach (SZ) kommentiert, es sei auch bekannt, dass Abgeordnete oder Bürgermeister gerne anrufen, um unliebsame Berichterstattung zu verhindern. Wulff habe sich benommen wie ein Landrat von Osnabrück, weshalb das Amt des Bundespräsidenten zu groß für ihn sei. Ulrich Schulte (taz) findet, Wulff habe sich bei seinem "Zensurversuch" aufgeführt wie ein Provinzbürgermeister und konstatiert, Wulffs Verdikt laute: "Pressefreiheit ist gut und schön – aber nur, wenn sie ihm selbst nicht schadet."

Gesellschaftsrecht 2012: Der Düsseldorfer Rechtsprofessor Ulrich Noack (blog.handelsblatt.com) gibt beginnen mit dem vor Weihnachten vorgestellten Regierungsentwurf zum Aktiengesetz einen Überblick zu wichtigen Vorhaben im Gesellschaftsrecht. Dazu gehörten auch: die gesetzliche Begrenzung der Haftung bei der Partnerschaftsgesellschaft, eine Modifizierung der EU-Kapitalisierungsrichtlinie zur Rekapitalisierung von Bank-Aktiengesellschaften, ein weiteres Grünbuch der EU-Kommission zum Gesellschaftsrecht im Frühjahr 2012.

Kein Strand für Piraten: Mit den kriegsvölkerrechtlichen Grundlagen zur Verfolgung von Piraten an den Stränden Somalias befasst sich die FAZ (Stephan Löwenstein). "Strand" sei weder räumlich genau bestimmt, noch komme der Begriff in den völkerrechtlichen Dokumenten zu Somalia überhaupt vor. Angesichts der unklaren juristischen Rahmenbedingungen befürchtet zeit.de (Hauke Friederichs), die Bundeswehr könnte in innersomalische Konflikte hineingezogen werden.

Weitere Themen – Justiz

Skepsis gegen Justizsoftware: Die FTD (Mareeke Buttjer) berichtet über die mühsame Etablierung von Justizsoftware in deutschen Gerichtssälen. Die Relevanz der Verfahrensgarantien sorge für Skepsis, insbesondere bei Anwendungen, die die eigenständige Entscheidung des Richters einschränke. Der Deutsche Richterbund (DRB) habe sich gegen Programme verwahrt, die Urteile selbst erstellten, nachdem ein Richter lediglich ein paar Kästchen angekreuzt habe.

Vergleich bei Differenzhaftungsansprüchen möglich: Der Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit eines Vergleichs zwischen Aktionären und Gesellschaftern zur Regulierung von Differenzhaftungsansprüchen bei Sacheinlagen grundsätzlich anerkannt, wie die Rechtsanwälte Oliver Hubertus und Sven Vollstädt (FTD) analysieren. Die Entscheidung im Zusammenhang mit der Insolvenz der Babcock Borsig AG im Jahr 2000 lockert die im Aktiengesetz geregelte Pflicht des Aktionärs zur vollständigen Einbringung der Sacheinlage. Ob der im Vergleich mit der Preussag (heute TUI) verrechnete Kaufpreisanspruch überhaupt verrechenbar sei, müsse jetzt das OLG Frankfurt/Main klären. Durch die BGH-Entscheidung sei die Sanierung von Firmen erleichtert worden, da sich das Risiko einer Nachzahlung auf Sacheinlagen für Aktionäre im Einzelfall reduzieren lasse. Dies erhöhe deren Bereitschaft, frisches Kapital zur Verfügung zu stellen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten: Der Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo, Andreas Jacobs, soll in den nächsten Tagen von der ägyptischen Staatsanwaltschaft vorgeladen werden. Das berichtet spiegel.de (Anna Reimann). Die Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Faisa Abul Naga habe auf einer Pressekonferenz in Kairo die Maßnahmen gegen die KAS mit einem Gesetz begründet. das die Finanzierung politisch aktiver Nichtregierungsorganisationen aus dem Ausland verbiete.

Garzón vor Gericht: Wie in der FR (Martin Dahms) zu lesen ist, muss sich der durch seine Verfahren gegen die ETA und Augusto Pinochet berühmt gewordene spanische Richter Baltasar Garzón wegen Vorwürfen der Rechtsbeugung gleich in zwei Verfahren verantworten. Der 56-jährige habe sich im Herbst 2008 dafür zuständig erklärt, Verbrechen aus der Franco-Zeit aufzuklären und damit gegen ein Amnestiegesetz von 1977 verstoßen.

Sonstiges

Freiberufler vorsichtig optimistisch: Rechtsanwälte und andere Freiberufler blicken vorsichtig optimistisch ins Jahr 2012. Das Handelsblatt (Thomas Sigmund) fasst die wesentlichen Ergebnisse einer Umfrage des Umfrage des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB) zusammen, der über eine Million Freiberufler vertritt, darunter auch 310.000 aus Recht, Wirtschaft- und Steuerberatung. Nach wie vor erwarte eine Mehrheit Konstanz oder leichte Steigerungen bei den drei Millionen Beschäftigten in diesem Bereich. Der Verband lehne eine obligatorische Altersvorsorge ab und fordere, bereits Schüler vorurteilsfrei mit der Erwerbsbiografie von Selbstständigen vertraut zu machen.

Das Letzte zum Schluss

Schnell mal Witwe: Eine 56 Jahre alte Frau hatte im November 2007 einen unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankten Mann geheiratet. Als der 58-Jährige 17 Tage später starb, verweigerte die Rentenversicherung die Witwenrente mit der Begründung, eine Versorgungsehe sei nicht widerlegt worden. Wie handelsblatt.com mitteilt, hat das Landessozialgericht Darmstadt dies jetzt bestätigt und die Regeldauer einer einen Anspruch begründenden Ehe auf ein Jahr festgelegt.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.

lto/ro

Hinweis für Journalisten

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Januar 2012: Kein Datenschutz für Neonazis – Keine Pressefreiheit mit Wulff – Kein Strand für Piraten . In: Legal Tribune Online, 03.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5217/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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