Die juristische Presseschau vom 28. September 2011: Zahlen müssen die Anleger - Zwischen Mensch und Tier – Zum Geburtstag viel Glück

28.09.2011

Nach der Lehman-Pleite stehen die Anleger mit leeren Händen da. Die gestrige Entscheidung des Bundesgerichtshofes ruft in den Medien Mitleid für die Kunden, aber auch Verständnis für die Banken hervor. Außerdem in der Presseschau: Mensch-Tier-Wesen und das Embryonenschutzgesetz, Glückwünsche und Abgesänge auf das Bundesverfassungsgericht und vieles andere.

Lehman-Urteil: Der Bundesgerichtshof hat gestern zwei Klagen von Lehman-Geschädigten abgewiesen. Die Anleger, die von der Hamburger Sparkasse (Haspa) Zertifikate der insolventen US-Investmentbank Lehman Brothers gekauft haben, bekommen keinen Schadensersatz. Das Gericht sah keine Beratungsfehler seitens der Haspa. Hintergründe und Folgen des Urteils erläutert unter anderem die SZ (Wolfgang Janisch und Kristina Läsker).

Die taz (Christian Rath) betont, dass es in ähnlichen Verfahren zwar auf den jeweiligen Einzelfall ankomme, dennoch könnten "nun wohl auch die meisten anderen Lehman-Anleger ihre Hoffnungen auf Schadensersatz endgültig abschreiben."

Im Leitartikel der FTD heißt es, die Anleger könnten nicht die gesamte Verantwortung für das Verlustrisiko "an der Banktür abgeben". Es liege bei den Kunden "sich genau zu informieren, das Kleingedruckte zu lesen und Angebote zu vergleichen."

Die FAZ (Joachim Jahn) porträtiert den Vorsitzenden Richter Ulrich Wiechers. Er habe anfangs als "Bankenschreck" gegolten, mittlerweile aber "an Ausgeglichenheit gewonnen".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Europäischer Stabilitätspakt: Das Europaparlament stimmt heute über die Verschärfung des europäischen Stabilitätspaktes ab. Die FAZ (Werner Mussler) stellt die wichtigsten Neuerungen in einem Überblick dar. Es gehe einerseits darum, künftig zu hohe Schulden zu vermeiden, andererseits sollen bestehende Schulden zügig abgebaut werden. In einem gesonderten Kommentar schreibt Werner Mussler (FAZ): "Die Veränderungen durch das Parlament mögen im Einzelfall zu einer Schärfung des Pakts beigetragen haben. Sie haben das Gesetzespaket insgesamt aber noch komplizierter gemacht."

Starkes Europa: Auf lto.de reagiert der Verfassungsrechtler Joachim Wieland auf das Interview von Andreas Voßkuhle in der FAS. Anders als der Präsident des Bundesverfassungsgerichts sieht Wieland grundgesetzlichen Spielraum für die Übertragung staatlicher Kompetenzen auf die Europäische Union. Das "europafreundliche Grundgesetz" ermögliche auch eine weitere Integration und den Verzicht auf Souveränität. Auch Reinhard Müller geht im Leitartikel der FAZ auf das Interview Voßkuhles und das vorangegangene Urteil des Verfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ein. Er sieht vor allem das Parlament gestärkt: "Das Verfassungsgericht ließ, seine Rolle hier in der Regel gerade nicht überschätzend, den demokratisch gefassten Entscheidungen Raum."

Internetsperren: Heribert Prantl (SZ) kommentiert den Vorschlag des CDU-Politikers Siegfried Kauder, bei Urheberrechtsverletzungen den Internetzugang zu sperren. Dies sei "abseitig" und "verfassungswidrig", so würden etwa neben dem Täter auch alle Mitnutzer eines Internetzugangs bestraft.

Mensch-Tier-Mischwesen: Der Deutsche Ethikrat fordert eine Ausweitung des Embryonenschutzgesetzes, um Forschung mit sogenannten Mensch-Tier-Mischwesen zu verbieten. Dabei geht es insbesondere um das Einpflanzen menschlicher Zellkerne in entkernte tierische Eizellen. Die FR (Anne Brüning) führt anlässlich dessen ein Gespräch mit dem Juristen und Mitglied des Ethikrates Jochen Taupitz.

Weitere Themen - Justiz

60 Jahre Verfassungsgericht: Das heutige Jubiläum des Bundesverfassungsgerichts beschäftigt weiterhin die Medien. Die FR (Sigrid Averesch) wirft einen Blick auf den Werdegang des höchsten deutschen Gerichts. Christian Bommarius (FR) kommentiert: "Jahrzehntelang hatte Karlsruhe in Deutschland das letzte Wort. Das ist vorbei. Denn längst sind der Europäische Gerichtshof in Luxemburg und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in Konkurrenz zum Bundesverfassungsgericht getreten."

In der taz (Christian Rath) findet sich eine weitere positive Rezension des Buches "Ich gehe bis nach Karlsruhe – Eine Geschichte des Bundesverfassungsgerichts" von Rolf Lamprecht.

Überlasteter EuGH: Der Präsident des Europäischen Gerichthofes (EuGH) Vassilios Skouris fordert den Einsatz von zwölf neuen Richtern. Die FAZ (Joachim Jahn) erklärt die Überlastung des Gerichts. Die lange Verfahrensdauer könne dabei zu Konflikten mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) führen.

Kunstfälscherprozess: Die SZ (Renate Meinhof) widmet sich auf der Seite 3 dem Prozess um die "Sammlung Jägers" vor dem Kölner Landgericht. In dem Kunstfälscherskandal legte der Angeklagte Wolfgang Beltracchi gestern ein ausführliches Geständnis ab.

Handydaten: Peter Schilder (FAZ) zeichnet die Handydaten-Affäre in Sachsen nach und beschreibt den Konflikt zwischen dem sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig und dem Sächsischen Richterverein.

Vergabeverfahren: Auf der Seite "Recht und Steuern" der FAZ befasst sich der Rechtsanwalt Thomas Mösinger mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Vergaberecht vom Juni dieses Jahres. Das Gericht sprach darin einem Unternehmen Anspruch auf Erstattung der anwaltlichen Beratungskosten zu, die durch die Prüfung der fehlerhaften Vergabeunterlagen entstanden waren. "Das Urteil führt dazu, dass öffentliche Auftraggeber in Zukunft noch stärker auf die Einhaltung vergaberechtlicher Vorgaben achten müssen. Für Unternehmen hingegen dürfte die Hinzuziehung eines Anwalts während der Erstellung des Angebots noch näher liegen als bisher", folgert der Anwalt.

Streikrecht und Kirche: Mit Streikverboten im Rahmen des kirchlichen Arbeitsrechts beschäftigt sich die SZ (Detlef Esslinger). Bei den Arbeitsgerichten zeichne sich eine Tendenz ab, das Streikrecht der Arbeitnehmer zu stärken.

Altersgrenze: "Sind feste Altersgrenzen für alle Berufsgruppen pauschal noch haltbar?" fragt die Rechtsanwältin Daniela Gunreben auf blog.handelsblatt. Eine Reihe von Grundsatzurteilen des Europäischen Gerichtshofes spreche dagegen: "Zukünftig werden die Normgeber genau bewerten müssen, ob eine Altersgrenze wirklich sachlich gerechtfertigt ist und dies auch niederlegen."

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. September 2011: Zahlen müssen die Anleger - Zwischen Mensch und Tier – Zum Geburtstag viel Glück . In: Legal Tribune Online, 28.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4410/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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