Die juristische Presseschau vom 26. Januar 2012: Kameras auf der Reeperbahn – Piraten vor Gericht – Methadon in Kinderhand

26.01.2012

Gegen die Kameras auf Hamburgs Amüsiermeile hat nicht etwa ein lustsuchender Mann geklagt, sondern eine Anwohnerin, die nicht täglich überwacht werden will. Doch beim Bundesverwaltungsgericht hatte sie keinen Erfolg. Außerdem in der Presseschau: Das Plädoyer im Piratenprozess, ein dramatischer Kindstod und ein Halbgott im Maserati, der plötzlich kleiner Mann sein will.

Videokameras auf der Reeperbahn: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Überwachung des öffentlichen Straßenraums auf der Hamburger Reeperbahn zulässig ist. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei durch das Ziel der Straftatenverhütung gerechtfertigt. Die Maßnahme durfte auch auf ein Landesgesetz gestützt werden, berichtet u.a. spiegel.de.

Die Vorgeschichte des Verfahrens beschreibt ebenfalls spiegel.de (Simone Utler). Die juristischen Hintergründe des Verfahrens beleuchtet der Datenschützer Christoph Schnabel auf lto.de.

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Datenschutz: EU-Kommissarin Viviane Reding hat gestern den Entwurf für eine EU-Datenschutz-Verordnung vorgestellt. zeit.de (Patrick Beuth) präsentiert die wesentlichen Inhalte und Reaktionen. In einem Gastbeitrag für die taz begrüßt der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht den Entwurf: "Die neuen Vorschläge der EU-Kommission bringen für BürgerInnen vor allem mehr Transparenz und Kontrolle über ihre Daten."

Mediation: In einem FAZ-Gastbeitrag kritisiert der Rechtsprofessor Horst Eidenmüller das frisch beschlossene Mediationsgesetz. Es werde kaum mehr bewirken als eine neue Mediationsbürokratie.

Risikokapital: Im Handelsblatt-Rechtsblog stellt die Anwältin Patricia Volhardt die Pläne der EU-Kommission für die Regulierung von Risikokapitalfonds vor. Sie begrüßt das Vorhaben, da sie das grenzüberschreitende Marketing solcher Fonds erleichtern würden.

Weitere Themen – Justiz

EGMR: Die FAZ (Reinhard Müller) gibt einen Überblick über englische und deutsche Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Arbeitszimmer: Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Richter und Professoren ihr häusliches Arbeitszimmer nicht steuerlich geltend machen können, weil es nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet. Das meldet spiegel.de (Berrit Gräber) und gibt auch rechtliche Hinweise zu anderen Konstellationen.

Telekom-Aktien: .Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main will am 25. April sein Urteil im Prozess um angebliche Falschangaben bei der Privatisierung der Telekom  verkünden. Die FAZ (Joachim Jahn) und die FTD (Renate Daum) schildern den bisherigen Prozessverlauf.

Mein Kampf: Das Landgericht München I untersagte einem britischen Verleger vorläufig die Veröffentlichung von Auszügen des Hitler-Buches. Auf lto.de erläutert Rechtsprofessor Jörg Fritzsche, warum Bayern das Urheberrecht an "Mein Kampf" innehat und in welchem Maße aus dem Buch zitiert werden darf.

Piraten: Vor dem Landgericht Hamburg hat die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen zehn mutmaßliche somalische Piraten ihr Plädoyer gehalten und Haftstrafen bis zu elf Jahren gefordert, berichtet spiegel.de (Simone Utler). Sie alle seien Mittäter des Angriffs auf ein deutsches Schiff gewesen. Dass sie zur Piraterie gezwungen wurden, sei unwahrscheinlich.

Funkzellenabfrage: Im Interview mit der taz (Christian Rath) vergleicht der Berliner Richter Ulf Buermeyer die umstrittenen Funkzellenabfragen in Berlin und Dresden. Das Vorgehen der Polizei in Dresden sei exzessiver gewesen.

Methadon-Tod eines Kindes: Die SZ (Jens Schneider) berichtet über den Fall eines elfjährigen Mädchens aus Hamburg, das in einer Pflegefamilie lebte, Methadon zu sich nahm und starb. "Der tragische Fall berührt die heikle Frage, bis zu welchem Zeitpunkt es besser für ein Kind sein kann, es in seiner angestammten Umgebung zu lassen - und wann eingegriffen werden muss." Bild.de (M. Arndt u.a.) gibt weitere Einblicke in die Lebensumstände des Mädchens.

Kündigungsschutz: In einem Interview mit Impulse (Andreas Kurz – Zusammenfassung auf impulse.de) kritisiert der Arbeitsrechtler Volker Rieble die Praxis von Kündigungsschutz-Prozessen. Die Gerichte übten zu viel Druck aus, um Vergleiche zu erreichen.

Werkverträge: Mit Blick auf die Razzien bei netto und Kaufland erläutert spiegel.de (Nicolai Kwasniewski) die rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile von Werkverträgen beim Lohndumping.

Sponsoring: Die FAZ (Jasper von Altenbockum) beschreibt die Erlasslage zum Sponsoring in der öffentlichen Verwaltung. Verboten sei Sponsoring, wo "der Anschein entstehen könnte, Verwaltungshandeln würde durch die Sponsoringleistung beeinflusst".

Anwaltshaftung: Das Handelsblatt (Marcus Creutz) erklärt, warum Anwälte zur Vermeidung von Haftungsrisiken in die Rechtsform der englischen oder amerikanischen Limited Liability Partnership (LLP) flüchten und zeigt die Alternativen im deutschen Gesellschaftsrecht auf.

Syndikusanwälte: Der Berufsrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer berät derzeit, ob angestellte Unternehmensanwälte künftig als vollwertige Anwälte zugelassen werden können. Das berichtet das Handelsblatt (Marcus Creutz). Syndicusanwälte wären dann zum Beispiel besser vor der Beschlagnahme ihrer Unterlagen geschützt.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Leugnung von Völkermorden: In einem FAZ-Gastbeitrag kritisiert der Rechtsprofessor Reinhard Merkel das neue französische Gesetz, das die Leugnung von bestimmten Völkermorden unter Strafe stellt. Angesicht der schwierigen Definitionsfragen sei es "abwegig, dem einzelnen Bürger zwangsrechtlich vorzuschreiben, welche Meinung zu dieser Wirrnis aus Jurisprudenz, Geschichte und Politik ihm erlaubt und welche bei Strafe verboten sei."

Das Letzte zum Schluss

Arbeitnehmer mit Maserati: Der ehemalige Geschäftsführer der Berliner Treberhilfe, der bundesweit durch seinen edlen Lebensstil bekannt wurde, beschäftigt wieder einmal die Gerichte, wie Anwalt Wolf Reuter in seinem Blog reuter-arbeitsrecht.de erzählt. Der einst selbständige Geschäftsführer versuche neuerdings, sich als weisungsgebundenen Arbeitnehmer darzustellen, für den auch die Regelungen des Betriebsübergangs gelten müssten. Reuter kommentiert. "Gott sein macht nur Spass, wenn alles gut läuft. In der Krise ist man lieber kleiner Mann."

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO- Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Januar 2012: Kameras auf der Reeperbahn – Piraten vor Gericht – Methadon in Kinderhand . In: Legal Tribune Online, 26.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5403/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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